Direkt zum Hauptbereich

Jahrhundertwechsel: Burndown-Chart statt Gantt-Diagramm

Gantt-Diagramme sind schlecht für die Projektplanung (/1/). Was soll denn der brave Projektmanager tun? Er braucht doch ein Werkzeug zur Planung und Kontrolle der Ergebnisse (/2/). Nicht die Hoffnung verlieren, lieber Projektmanager! Es gibt moderne Instrumente, die gut für Projekte geeignet sind: Burndown-Charts und Produkt-Checklisten.  Heute nehmen wir Burndown-Charts unter die Lupe (in einigen Wochen Produkt-Checklisten).


Für die Planung, Steuerung und Berichterstattung benötigt der Projektmanager vor allem belastbare Information darüber, ob wir die geplanten Ergebnisse innerhalb des Budgets und der Zeit schaffen. Es geht deshalb um den Fertigstellungsgrad, die Arbeitsgeschwindigkeit und den Ressourcenverbrauch. Hier zeigen Burndown-Charts ihre Kraft. Typische Gantt-Charts zeigen dagegen Aktivitätendauer, Abhängigkeiten, Ressourcenabdeckung/-konflikte und Ressourcenkonsum.

Für ein gutes Burndown-Chart brauchen wir drei Kernelemente:
  • ein Kanban-Board, 
  • geschätzte Story Points und 
  • das Burndown-Chart (/3/) selbst.
Zunächst besteht ein Kanban-Board (/4/) in seiner einfachsten Form aus drei Spalten:
  • Backlog, 
  • Work in Progress, 
  • Done
Idealerweise werden unsere Aufgaben als Produkte oder Teilergebnisse auf Karten geschrieben. Wenn Kapazität vorhanden ist, eine Aufgabe zu erledigen, wird eine Karte aus der Spalte "Backlog" in die Spalte "Work in Progress" verschoben. Das ist das Pull-Prinzip von Kanban. Wenn die Karte abgearbeitet wurde, wandert sie weiter in die Spalte "Done". Eine neue Karte kann vom Backlog genommen werden. Wichtig: als erledigt ("Done") gelten nur die Teilergebnisse, die Qualitätsprüfungen bestanden haben.

Das zweite Element des Burndown-Charts ist die Zuweisung von Story Points (/5/) zu jeder Karte (=Teilprodukt). Sie normalisieren die Arbeitslast der Produkte (kleiner, mittlerer, großer Aufwand). Diese Menge kann man nun als Geschwindigkeitsmesser für das Team nutzen. Auf Basis der Erfahrung, wie viele Punkte das Team in der geplanten Zeit schafft, schätzt das Team die Gesamtdauer für den Plan ab.

Das letzte Element des Burndown-Charts ist das zweidimensionale Diagramm selbst (/6/). Die x-Achse bildet die Zeit und die y-Achse die Anzahl von Story-Punkten ab. Die geschätzte Bearbeitungszeit wird von oben links (Start) nach unten rechts (geplantes Ende) als eine Linie gezeichnet. Damit zeigt der Burndown-Chart zunächst die geplante bzw. erwartete Linie der Geschwindigkeit und Fertigstellung.
Abb. 1: Burndown Chart (Beispiel)

Wenn die Teilprodukte fertig werden, hält der Projektmanager bzw. das Team den Bestand der tatsächlich geschafften Story Points auf dem Chart fest. So sieht man, wie schnell das Team wirklich arbeitet. Diese Linie (Ist-Linie) wird ebenfalls neben die Plan-Linie gemalt. Liegt die Ist-Linie über der Plan-Linie, bewegt sich das Team langsamer als geplant. Liegt sie unter der Plan-Linie, arbeitet das Team schneller.  Der Projektmanager kann entsprechende Korrekturmaßnahmen einleiten bzw. seinem Lenkungsausschuss ehrlich Bericht erstatten.

Interessanterweise passen Burndown-Charts sehr wohl zu Gantts ursprünglichen Absichten: Er wollte die echte Produktivität eines Teams messen, damit Manager rechtzeitig reagieren können. Gantt erkannte, dass die Leistungsniveaus von einzelnen Personen oder Teams variieren. Diese Tatsache sollte entsprechend akzeptiert und realistisch bei der Planung berücksichtigt werden (und nicht durch unrealistisches Wunschdenken, Schuldzuweisungen oder Druck bekämpft werden). Wenn der Plan unrealistisch erscheint, ist laut Gantt eindeutig der Manager schuld.

Warum eignen sich Burndown-Charts dann besser für Projekte als Gantt-Charts, wie wir sie von typischen Planungstools wie MS Project kennen?
  1. Sie halten den Fokus auf den Ergebnissen. Story Points normieren den Aufwand.
  2. Es wird nur das kontrolliert, was wichtig ist: Ergebnisse (Qualität), Geschwindigkeit und Ressourcenverbrauch. Das ist alles, was den Lenkungsausschuss interessiert.
  3. Aktivitätenkontrolle mit einem Gantt-Chart liefert i. d. R. ein falsches Bild. Wie Pareto gezeigt hat, gibt es keine für die Projektsteuerung brauchbare Korrelation zwischen verbrauchter Zeit und Ergebnis (außer bei einfachen Tätigkeiten).
  4. Die Kontrolle von Aktivitäten bedeutet die Kontrolle von Menschen. Diese Kontrolle ist im besten Fall unnötig und im schlimmsten Fall schädlich für die Arbeitskultur. Wir sollten von einem Menschenbild des verantwortungsvollen Erwachsenen ausgehen, der zum Selbstmanagement fähig ist. Damit steigt sowohl die Leistungsqualität als auch die Zufriedenheit mit der Arbeit.
  5. Burndown Charts motivieren. Die Verschiebung eines Teilprodukts in "Done" ist ein Erfolgserlebnis, das motiviert, selbst wenn die Ist-Linie noch über der Planlinie liegt.
Wer hat sowohl mit aktivitätenbasierten Gantt-Diagrammen als auch mit Burndown-Charts gearbeitet?  Ich würde mich freuen, über Ihre Erfahrungen mit beiden tools zu hören.

Anmerkungen

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Beispiel für eine Partyplanung mit Scrum

Wer sich neu mit Scrum beschäftigt, ist vielleicht überwältigt von den ganzen Fachbegriffen. Dann sieht man vielleicht gar nicht, wie einfach die einzelnen Elemente von Scrum sind. Deshalb hier ein einfaches Beispiel für die Vorbereitung einer Party mit Hilfe von Scrum.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Protokolle in OneNote - neue Ideen für's neue Jahr

Protokolliert Ihr Team seine Besprechungen in OneNote? Das geht einfach, schnell ist teamfähig und hat eine exzellente Suchfunktion. Die beliebte Fragen "Wann haben wir eigentlich beschlossen, dass..." ist so schnell beantwortet. Darum wird OneNote an dieser Stelle immer beliebter. In meinen Seminaren dazu sind gute Ideen entstanden, die ich hier weitergeben will.

Führung weiterentwickeln mit Surflehrer Pepe (Pedro)

Führung weiterentwickeln mit Surflehrer Pepe  "Du bist für dein Board verantwortlich, ich bin für dich verantwortlich. Wenn du genau das tust, was ich dir sage, werden wir und alle anderen Leute hier sicher sein und wir werden eine wunderbare Zeit haben." - Pepe (Pedro) Surflehrer in Ericeira Gute Führung hängt stark vom Kontext und der aktuellen Kultur des Unternehmens ab. Der Stil von Pepe unterschied sich von den anderen Surflehrern, die ich zuvor hatte. In diesem Beitrag erzähle ich euch mehr von meinem Surfkurs, wobei ich mir nicht sicher bin, ob es eine Geschichte über meinen Surflehrer oder über Führung an sich ist.  Let’s grow, Michael

Was macht einen guten Abstract für eine Konferenz aus?

Ein guter Abstract spricht zwei Gruppen an: die Konferenzorganisatoren und die Besucher:innen. Einige Abstracts sind gut, andere verbesserungsfähig. Hier sind meine Erfahrungen als Organisator von mind. 15 Konferenzen.