Natürlich ist jetzt auch wieder die Zeit, in der ich mir Jahresziele setze. Wenn ich mir aber meine Bilanz der letzten zwei, drei Jahre ansehe, dann haben die Ergebnisse oft mit den formulierten Zielen wenig zu tun. Und allein sie zu lesen, setzt mich heute unter Druck: Warum habe ich das wieder nicht geschafft?
Frank Krause und Maja Storch haben in ihrem Zürcher Ressourcen Modell (ZRM, /1/) Bedingungen formuliert, damit Ziele eine Chance der Umsetzung erhalten. Eine dieser Bedingungen lautet: „100 Prozent unter eigener Kontrolle“. Ich muss meine Ziele so formulieren, dass sie nicht von fremden Umständen abhängig sind. Nur wenn ich die Gewissheit habe, dass ich aufgrund eigener Anstrengung das von mir gesetzte Ziel auch erreichen kann, wird der Ansporn groß genug sein, um mich zum Erfolg zu führen.
Ein Beispiel von Krause und Storch kommt aus dem Sport. Es handelt von einer Gruppe von Spitzenseglerinnen, die sich auf eine Regatta vorbereiten. Ihre erste spontane Zielformulierung: „Wir wollen gewinnen!“ Aber dieses Ziel ist ja nicht zu 100 Prozent unter der Kontrolle derer, die es sich wünschen. Zum einen gibt es einen Anteil Zufall im Sport, zum anderen kann ein anderes Segelteam auch einfach besser sein. Das Ziel „Wir wollen gewinnen“ klingt zwar ungeheuer motiviert, aber es hat auch einen klitzekleinen Pferdefuß: Es sät unmerklich den Zweifel. „Was ist, wenn die anderen mehr trainieren …?“ Am Ende einigen Nachdenkens wählte das Team sich zum Ziel: „Wir geben unser Bestes!“ Nur diese Formulierung führt zu einem „Höchstmaß an positiver Kontrollüberzeugung“, wie die Autoren schreiben (/2/).
Auf meinen Fall angewendet heißt das: Wie oft habe ich mir Ziele gesetzt, die sehr stark von Umständen außerhalb meiner Kontrolle abhingen. „Ich steigere dieses Jahr meinen Umsatz um 25%“ – als ob es die Konjunktur, die Mitbewerber und all diese Dinge nicht gäbe. Solche „Zielvorgaben“ sind aber auch in Teams gang und gäbe, wenn der Chef dem Vertriebsmitarbeiter die Verpflichtung abringt: „Ich gewinne dieses Jahr fünf neue Kunden!“ Und wenn der Mitarbeiter das Ziel nicht erreicht, obwohl er sich beide Beine ausgerissen hat? Dann hat er offenbar versagt …
Zielvereinbarungen im Team, die den Betroffenen die Sicherheit geben: „Das Ziel ist möglich, ich kann es aus eigener Kraft erreichen“, haben deshalb auch etwas mit Umgang auf Augenhöhe und mit Respekt zu tun. Sie schützen vor mutwilliger Abwertung. Und ich habe mir als ein Ziel für 2012 gesetzt: Ich will eine bestimmte Wochenarbeitszeit nicht überschreiten! Und ich spüre in mir schon die Kraft, die dieses Ziel mir gibt: Wenn ich es wirklich will, kann ich es schaffen…
Und wie sieht es mit Ihren Zielen aus? Stehen diese zu ‚100 Prozent unter eigener Kontrolle‘? Prüfen Sie das doch einfach mal gemeinsam in Ihrer nächsten Teamsitzung und spüren Sie, was das mit Ihnen macht. Das wäre doch ein guter Start ins nächste Team-Jahr, oder?
Anmerkungen
- /1/ Storch, Maja ; Krause, Frank: Selbstmanagement - ressourcenorientiert. 3. korr. A.. Bern: Huber, 2005, http://www.amazon.de/Selbstmanagement-ressourcenorientiert-Grundlagen-Trainingsmanual-Ressourcen/dp/3456844441/
- /2/ Ibid., p. 101
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