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Gemeinsam Werte Schöpfen - das ist ja wohl... das LETZTE!

...zumindest für dieses Jahr, liebe Leserinnen und Leser! Auch zum diesjährigen Jahreswechsel sagen wir Euch herzlichen Dank für Euer wieder großes Interesse an unserem Blog! Von Herzen wünschen wir alles Gute für 2019! Und wie gut das wird, entscheidet Ihr selbst. Allerdings - das ist das Gute - nicht allein. Ein paar hoffentlich wertschöpfende Gedanken zum neuen Jahr.

Teams und Organisationen dabei zu helfen, das zu erreichen, was sie gerne erreichen wollen oder sollen ist eine schöne Aufgabe. Heute bedeutet das vor allem, dabei zu helfen, sich organisatorisch-strukturell möglichst gut auf die sich schneller als früher verändernden Marktbedingungen einzustellen. In unseren oft zitierten disruptiven Zeiten steht deshalb vielerorten VERÄNDERUNG! ganz oben auf der Agenda. Denn sonst - so die Befürchtung - könnten wir den Anschluss verlieren. So gut wie immer drängt sich dann als erstes die Frage in den Vordergrund: WIE?! Wie passen wir unsere bestehenden Strukturen an? Welche neuen Kompetenzen und natürlich TOOLS!!! braucht's, um kurz- bis mittelfristig wettbewerbsfähig und also: erfolgreich zu bleiben.

Ich freue mich über jedes veränderungsbereite Team. Noch mehr würde ich mich allerdings freuen, wenn vor den zweifellos wichtigen Fragen nach dem Wie, also danach, was genau anders zu tun ist, andere, aus meiner Sicht noch wichtigere Fragen diskutiert würden, nämlich: Was heißt eigentlich "wettbewerbsfähig", "erfolgreich" oder "gut"? Ganz allgemein? Für uns? Unsere Kunden? Und auch spezifisch für unsere Produkte oder Dienstleistungen? Was ist uns wichtig? Und vor allem (!) natürlich: Unseren Kunden? Wie bringen wir all das gut unter einen Hut? Ganz konkret? Unternehmen und Teams, die sich diese Fragen nach der Wertschöpfung zuerst stellen, könnten ihr Veränderungsvorhaben wahrscheinlich deutlich zielgerichteter und energieeffizienter voranbringen. Denn so sparen sie eine Menge nerv- und zeitraubende Umwege.

Doch obwohl die maximale Wertschöpfung das Mantra unserer Leistungsgesellschaft ist, fragen wir erstaunlicherweise selten (bis nie) danach, was sie für uns und andere, z.B. unsere Kunden, bedeutet. Warum eigentlich? Könnte es daran liegen, dass wir keine Übung darin haben? Schließlich gehört zu unserer bisherigen und unbestritten erfolgreichen Art der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens, dass wir Wertschöpfungsfragen delegieren. Die Antwort darauf, was sein soll, was gut, wichtig und richtig ist, was also Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit ist, haben wir als Einzelne, als Organisation und Gesellschaft bislang Instanzen überlassen, die das mutmaßlich gut oder zumindest besser wissen als wir: Eltern, ErzieherInnen, LehrerInnen oder ProfessorInnen, Vorgesetzten, Lehrplänen, Curricula oder Anforderungsprofilen, Abteilungsleiterrunden, Lenkungsausschüssen oder sonstigen Expertenrunden, der "Politik", den "Märkten", dem "Management".

Doch dieser Mechanismus ändert sich gerade. Unsere gewohnten Entscheidungsstrukturen lösen sich heute zusehens auf. Das hat natürlich mehrere Gründe. Einer der wichtigsten ist sicherlich, dass Menschen heute viel leichteren und vernetzteren Zugang zu Informationen haben. Sie haben dadurch vor allem bei ihrem Konsum, aber auch in den meisten anderen Lebenslagen viel mehr Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten (und auch Macht). Und - jeder befrage sich bitte selbst - sie nutzen sie auch. Und zwar gerne. Denn es eröffnet ihnen so viele neue Möglichkeiten und Freiheiten, die ihnen bis vor kurzem verwehrt waren. Die Folge: Heute laufen die Dinge ganz anders anders als früher (nämlich diesmal wirklich serviceorientierter).

Der größte Unterschied dürfte eben sein, dass darüber, was die Wertschöpfung ausmacht, also konkret wichtig ist, sein soll oder sein kann immer weniger die Vorstellungen oder (vermeintlichen) Zwänge von Produzenten, Dienstleistern oder andere echt oder mutmaßlich übergeordneten Entscheidungsinstanzen befinden (s.o.). Wer zukünftig auf welchem Markt auch immer relevant sein möchte, wird zusätzlich zur eigenen die Perspektiven mindestens der Kunden und wahrscheinlich auch der anderen wichtigen Stakeholder sehr viel stärker als bisher berücksichten müssen. Denn übervorteilende, tendenziell zwanghafte Push- oder Friss-oder-stirb-Ansätze werden heute immer häufiger als solche erkannt und - weil das heute im Gegensatz zu früher sehr leicht geht - abgelehnt oder abgestraft. KundInnen und auch MitarbeiterInnen wechseln dann kurzerhand zum Wettbewerber. Oder sie werden - eine der stärksten disruptiven Kräfte überhaupt - oft genug selbst zum Produzenten bzw. Anbieter des Produkts oder Services, die sie sich eigentlich gewünscht hatten.

In Zukunft wird es also viel mehr als bislang darum gehen, die möglichst größte Schnittmenge aus all dem zu realisieren, was allen Beteiligten wichtig ist. (Das heißt auch, dass gemachte Zusagen und Versprechungen auch tatsächlich einzuhalten sind.) Als Einzelne und als Organisation haben wir uns dazu ehrlich zu befragen und zu beantworten: Was ist mir, was ist uns, was ist generell wichtig? Was können wir wirklich, was nicht? Was brauche ich, was brauchen wir, was fehlt? Und dann haben wir möglichst offen und mit echter Neugier herauszufinden, was die anderen Beteiligten, also vor allem die Kunden tatsächlich brauchen und was ihnen wirklich wichtig ist (und weniger, was wir meinen).

All das erfordert unternehmerische Kompetenzen, die im Land der deutschen Tugenden vielleicht allgemein noch ausbaufähig sind: Lust am vertrauensvollen, also zwanglosen offenen Dialog auf Augenhöhe, am gemeinsamen Experimentieren und Scheitern, am Fehler machen und Lernen, an konstruktiver (!), statusfreier Kritik und am fairen Wettstreit (nicht: totale Konkurrenz) um die besten Ideen. Es braucht Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit. Und die Erkenntnis, dass wir alle im selben Boot sitzen - und uns deshalb unsere streng-hierarchischen und extrem abgrenzendenden organisatorischen Strukturen gerade einen Bärendienst erweisen./1/

Meine hoffnungsfrohe Prognose ist, dass sich auch im kommenden Jahr wieder viele Menschen, Teams und Firmen aufmachen, sich genau das draufzuschaffen, daran zu arbeiten und so dafür zu sorgen, dass auch das kommende Jahr für sie und alle anderen so gut wie nur irgendmöglich wird. Seid Ihr auch dabei?


Hier finden Sie alle Artikel von Edgar Rodehack.


Hinweise

  • /1/ Zudem wäre die Erkenntnis und Selbst-Erlaubnis hilfreich, dass wir heute für fundierte Entscheidungen so viel Empirie wie möglich brauchen - inklusive dem Auswerten von möglichst vielen belastbaren Daten.


Literatur & Links

  • Appelo, Jurgen: How to Change the World. Change Management 3.0. Rotterdam, 2012.
  • Harari, Yuval Noah: 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert. München, 2018.
  • Hustvedt, Siri: Die Illusion der Gewissheit. Reinbek bei Hamburg, 2018.
  • Huxley, Aldous: Schöne neue Welt. Ein Roman der Zukunft. Frankfurt, 2012. 
  • Keese, Christoph: Disrupt Yourself. Vom Abenteuer, sich in der digitalen Welt neu erfinden zu müssen. München, 2018. 
  • Mezick, Daniel J.; Pontes, Deborah; Shinsato, Harold: The Open Space Agility Handbook, o.O., 2015.
  • Pink, Daniel: To Sell Is Human: The Surprising Truth About Moving Others, o.O, 2012.
  • Rodehack, Edgar: Mehr Wert schaffen! Blogpost auf Teamworkblog vom 27. Oktober 2018 
  • Rodehack, Edgar: Zur Erinnerung: Gemeinsame Unternehmungen werden nur gemeinsam gut. Blogpost auf Teamworkblog vom 10. Juli 2018
  • Verhaeghe, Paul: Und ich? Identität in einer durchökonomisierten Gesellschaft. München, 2013.

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