Direkt zum Hauptbereich

Ein klares Verständnis von Projektarbeit macht Projekte einfacher

In vielen Fachgebieten gibt es eine Vielzahl von Büchern. Wie findet man das richtige Buch, um sich mit einem Thema vertraut zu machen? Ich denke gern über Projektmanagement in technischen Bereichen nach. Wie findet man also gute Bücher, um den Einstieg in Projektmanagement zu finden?

Was ist Projektarbeit?

Erinnern wir uns, was Projektarbeit ist. Sie bedeutet, Ergebnisse unter Unsicherheit zu liefern. Projekte werden nicht genehmigt, sondern finanziert. Wer diese beiden Punkte beachtet und selbst mitdenkt, macht schon einiges richtig. Ich kann das gar nicht oft genug betonen. Viele denken bei Projektmanagement gleich an das Abarbeiten einer Aufgabenliste oder an ganz viele Einzeltechniken, die auf -management enden. Es geht um Ergebnisse, Unsicherheit und Finanzierung.

Projekte liefern einen geschäftlichen Wert (Business Value). Projektmanagement soll dabei helfen, die geschäftlichen Ziele zu erreichen. Es ist kein Selbstzweck. Für das Projektmanagement selbst gilt ebenfalls das Prinzip der Wirtschaftlichkeit. Das Projekt muss also mit Projektmanagement besser verlaufen als ohne.

Ein gutes Buch hilft bei konkreten der Zielklärung. Die wichtigste Rolle in Projekten liegt nicht beim Projektmanager sondern beim Auftraggeber.

Projekte sind unterschiedlich

Je nach Art der Ergebnissen und Art und Größe der Unsicherheit gibt es sehr unterschiedliche Projektprofile. Bei einigen verstehen Kunde und Projektteam die Anforderungen sehr gut, bei anderen nicht. Es gibt Projekte, in denen sich das Projektteam sehr gut mit der Technologie auskennt. In anderen wird technisches Neuland betreten. Es spielt auch eine Rolle, wie viele unterschiedliche Lieferanten im Projekt zusammenarbeiten müssen, um ein gemeinsames Ergebnis zu liefern.

Viele Titel über Projektmanagement stellen oft nur eine Arbeitsweise oder eine bestimmte Menge von Techniken vor. Sie weisen dann darauf hin, dass man sein Management an die Projektumgebung anpassen müsse. Das ist zwar richtig. Es fehlt aber der Hinweis, woran man denn dies erkennt. Wie erkenne ich, ob ich alle zwei Wochen oder alle zwei Monate einem Lenkungsausschuss Bericht erstatte? Wie lang sollte ein Sprint sein? Wie viel Puffer sollte ich einplanen, 15 oder 50%?

Ein gutes Buch gibt nachvollziehbare Hinweise, wie man sein Projekt und seine Umgebung strukturiert, um Ergebnisse liefern zu können.

Projekte existieren in einem System

Jedes Projekt braucht Leute, die an Ergebnissen arbeiten und es unterstützen. In gewinnorientierten Unternehmen gibt oft zu viele Projekte. Das System, wie die Arbeit organisiert ist, lässt eine zügige Projektarbeit oft gar nicht zu. Von Deming stammt der Hinweis, dass 94% der Ergebnisse vom System bestimmt werden (und nicht vom Projektleiter oder dem Team).

Dass das Liefern von Ergebnissen schwierig ist, erkennt man am Verhalten der Beteiligten. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Wir manipulieren die Beteiligten, die zu 6% das Ergebnis beeinflussen können, oder wir manipulieren das System (94%).

Es gibt einige Bücher, die über die Beurteilung und die Einteilung von Menschen sowie über Konfliktmanagement schreiben. Das Grundverständnis mag vielleicht hilfreich sein, aber die daraus abgeleiteten Aktionen sind es nicht. Ein Vergleich wäre, jemandem, der sich den Unterschenkel gebrochen hat, nur Schmerzmittel zu geben, damit es nicht mehr so weh tut. Viele Titel managen die Konflikte gar nicht, sondern betäuben nur und berufen sich auf Erkenntnisse, die wissenschaftlich gar nicht bestätigt wurden. Dazu gehören zum Beispiel die Bewertungssysteme /1/, die Menschen in bestimmte Typen einteilen. Bei der Beschreibung fehlt oft der Hinweis, dass sich solche Handlungsmuster oft die Primärreaktionen beziehen. Es gibt aber auch Sekundärreaktionen, d. h. wir können einen Impuls unterdrücken und bewusst handeln /2/.

Zudem gibt es keinen wissenschaftlich belegten Hinweis zur herausragenden Bedeutung des Projektleiters /3/.

Ein gutes Buch verzichtet auf Klassifikationsschemata für Menschen.

Populäre Bücher lassen sich gut verkaufen, aber schaffen kein Verständnis

Wer seine Suchmaschine der Wahl nach den besten Büchern über Projektmanagement fragt, bekommt oft Listen mit Büchern, die sich gut verkaufen lassen. Ziemlich weit oben steht oft ein Titel von Scott Berkun. Ein gutes Buch, flüssig beschrieben und hat ein paar gute Inhalte. Aber Berkuns Buch beschreibt nur Softwareentwicklung in Großunternehmen mit sehr vielen Anwendern und macht vielleicht noch ein paar Ausflüge ins Engineering. Der Titel gibt nur anekdotenhafte Empfehlungen für eine bestimmte Art von Projekten.

Seine Art der Projektarbeit ist stark spezifikationsgetrieben. Das größte Risiko wäre also die Abweichung von der Spezifikation. Das größere Risiko ist für viele Firmen aber das Marktrisiko: können wir das Projektergebnis überhaupt verkaufen? An wen, zu welchem Preis? Obwohl Berkun vereinzelt dazu etwas schreibt, wird dies dem Leser gar nicht klar. Deswegen ist mir ein Grundverständnis (Ergebnisse, Unsicherheit, Finanzierung) so wichtig.

Ein gutes Buch muss sich daran messen lassen, wie schnell es ein intuitives Verständnis für Projektarbeit schafft. Ansonsten ist es nur eine Ansammlung von Techniken, die dem Leser nicht wirklich hilft.

Wie findet man ein gutes Buch, um das Thema zu verstehen?

Wenn ich zu einem neuen Thema etwas suche, starte ich im Moment bei Google Scholar. Ich gebe das Thema und "Literature Review" ein, z. B. "project management literature review". Dann sehe ich mir die Ergebnisse an. Da gibt es z. B. einen Artikel von Shenhar und Dvir über Projekteinteilungen ("Toward a typological theory of project management"). Der Artikel hört sich schon einmal interessant an. Sind denn die Autoren überhaupt relevant. Ich gebe mal die Namen der beiden bei Google Scholar ein und bekomme eine Vielzahl von Artikeln. Die beiden Herren haben viel zum Thema geschrieben und ihre Werke werden oft zitiert. Scheint relevant zu sein.

Ein anderer Weg ist das regelmäßige Lesen von Blogs zu dem Thema. Sehr gut finde ich zum Beispiel das Blog von Glen Alleman. Wenn man 20-30 seiner Artikel gelesen hat, bekommt man mit, was ihm wichtig ist. Er listet regelmäßig Artikel und Bücher auf. Dort habe ich schon viel gelernt. Wichtig sind für mich auch Peter Morris und Bent Flyvbjerg als Autoren.

Dann sehe ich mir an, welche Standards es gibt. Nicht nur einen Standard, sondern mehrere und ich versuche ihre Geschichte zu verstehen.

Meine Buchempfehlungen für Projektmanagement

Die folgenden Titel helfen, die Natur von Projekten besser zu verstehen.
  1. Shenhar, Aaron J. ; Dvir, Dov: Reinventing Project Management : The Diamond Approach To Successful Growth And Innovation. 1. Aufl.. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press, 2007.
  2. Reinertsen, Donald: Managing the Design Factory. New York: Simon and Schuster, 1997.
  3. Alleman, Glen B.: Performance-Based Project Management : Increasing the Probability of Project Success. New York: AMACOM Div American Mgmt Assn, 2014.
  4. Morris, Peter W. G.: The Management of Projects. New edition. London: Thomas Telford, 1997.
  5. Morris, Peter W. G.: Reconstructing Project Management. New York: John Wiley & Sons, 2013.
  6. Flyvbjerg, Bent: Megaprojects and Risk : An Anatomy of Ambition. First Edition, Sixth Impression. Cambridge: Cambridge University Press, 2003.
Wer bei Projektmanagement mitreden will, sollte mindestens die folgenden "Standards" kennen.

Ein gutes Buch müsste mindestens einen dieser Autoren, eines dieser Bücher oder zwei dieser Standards zitieren und auf die wesentliche Literatur verweisen.

Anmerkungen

  • /1/ z. B. Pittenger, David J. "Measuring the MBTI… and coming up short." Journal of Career Planning and Employment 54.1 (1993): 48-52. oder J. Hunsley, C. M. Lee, J. M. Wood: Controversial and questionable assessment techniques. In: S. O. Lilienfeld, S. J. Lynn, J. M. Lohr (Hrsg.): Science and Pseudoscience in Clinical Psychology. Kapitel. Guilford Press. New York 2003, S. 39–76
  • /2/ siehe z. B. Kuhl, Julius ; Martens, Jens-Uwe: Die Kunst der Selbstmotivierung. Stuttgart: Kohlhammer Verlag, 2013. 
  • /3/ Turner, John Rodney, and Ralf Müller. "The project manager's leadership style as a success factor on projects: A literature review." Project Management Institute, 2005.
     

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.