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Leseempfehlungen für Lean Thinking

In den 1990er Jahren gab es wohl eine Lean-Management-Welle, in der offensichtlich einiges schief gelaufen ist. Wenn man heute Mitarbeiter auf das Thema "Lean" anspricht, hört man oft nichts gutes. Es gibt Unternehmen, in denen der Chef unter Gemba-Walk versteht, einmal am Tag durch die Fabrik zu rauschen und alle Mitarbeiter zu beschimpfen, die sich nicht an die Regeln halten. Das ist nicht Lean Thinking. Aber was ist es denn nun? Die folgenden Bücher haben mir geholfen, Lean Thinking besser zu verstehen.

Die Klassiker von Deming

W. E. Deming und Joseph Juran gelten als die Wegbereiter des Qualitätsmanagements nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Begriff "Qualitätsmanagement" gibt aus meiner Sicht die tatsächlichen Leistungen der beiden gar nicht richtig wieder. Zu leicht könnte man es als nebensächliche Disziplin der Betriebswirtschaftslehre verstehen.

Deming war es ein Anliegen, das Arbeitssystem insgesamt zu verstehen und Daten zu sammeln, um Prozesse zu verbessern. Qualität soll nicht ins Ergebnis reingeprüft werden. Zudem sind aus Demings Sicht die Führungskräfte für gute Qualität für antwortlich (und nicht die Mitarbeiter am Fließband).

Seine Thesen hat Deming in zwei Büchern dargelegt:
  • Deming, W. Edwards: Out of the Crisis. Cambridge: MIT Press, 2000.
  • Deming, W. Edwards: The New Economics : For Industry, Government, Education. 2. Aufl.. Cambridge: MIT Press, 2000.
Das Blog von John Hunter und das Blog vom Deming-Institut greifen immer wieder Themen von Deming auf. Es lohnt sich, dort vorbei zu schauen.

Byrne, Fiume und Imai

Über das Buch von Art Byrne "Lean Turnaround" bin ich auf eine Reihe von Büchern gestoßen. Art Byrne beschäftigt sich seit den 1980er-Jahren mit dem Toyota Production System. Er hat viel bei den Kollegen von Shingijutsu über Lean gelernt. In seinem Buch geht es darum, den Blickwinkel vom Management der finanziellen Zahlen hin zur Reduzierung von Verschwendung zu verändern. Er schreibt, wie z. B. lange Rüstzeiten zur Produktion auf Vorrat führen. Das bindet Kapital. Ein schlanker Ansatz ist, die Rüstzeiten so stark zu verkürzen, dass man bei Bestellung sofort liefern kann. Damit braucht man auch kein großes Lager mehr, weniger gebundenes Kapital und man braucht keine komplizierten Vorhersagemechanismen mehr.

Orest Fiume war unter Art Byrne Finanzchef bei Wiremold. Sein Buch über "echte Zahlen" (Real Numbers) zeigt, wie das Controlling in einer Lean Company funktioniert.

Byrne und sein Team hatten die Gelegenheit, Masaaki Imai in einem seiner Kaizen-Seminare zu besuchen und zu verstehen, was Kaizen bedeutet.

Im Juni 2017 haben sich ein paar dieser Autoren zusammengetan und ein neues Buch über Lean Strategy geschrieben. Es fasst aus meiner Sicht gut zusammen, warum die Einführung von Lean Thinking oft falsch verstanden wird und wie man es besser machen kann.
  • Byrne, Art ; Womack, James P.: The Lean Turnaround: How Business Leaders Use Lean Principles to Create Value and Transform Their Company. 1. Aufl.. Madison: McGraw Hill Professional, 2012.
  • Cunningham, Jean E. ; Fiume, Orest J. ; Adams, Emily: Real Numbers : Management Accounting in a Lean Organization. : Managing Times Press, 2003.
  • Imai, Masaaki: Gemba Kaizen: A Commonsense Approach to a Continuous Improvement Strategy, Second Edition. 2. Aufl.. Madison: McGraw Hill Professional, 2012. 
  • Balle, Michael ; Jones, Daniel ; Chaize, Jacques ; Fiume, Orest: The Lean Strategy: Using Lean to Create Competitive Advantage, Unleash Innovation, and Deliver Sustainable Growth. 1. Aufl.. Madison: McGraw Hill Professional, 2017.

Toyota

Allen Ward hat die Entwicklungsprozesse bei Toyota lange beobachtet. Wie Mike Rother später auch schreibt, gibt es bei Toyota eigentlich keine formale Philosophie, wie zu arbeiten ist. Das ganze Unternehmen hat kontinuierliches Lernen in seiner DNA. Für Außenstehende ist es sehr schwierig zu erkennen, was die Mitarbeiter da eigentlich genau tun. Europäer und Nordamerikaner neigen dazu, nur auf die Tools zu blicken, die bei Toyota benutzt werden. Aber interessanter ist die Geschichte, wie die Mitarbeiter diese Tools entwickelt haben. Dazu gibt es zwei Bücher von Allen Ward und Mike Rother.

Das Buch von Rother beschreibt, wie man den Lernprozess durch Zielzustände und den Demingkreis (PDSA oder PDCA) konkret gestaltet. Das Lernen ist wie eine Bewegung im Kampfsport, die immer wieder trainiert wird (eine Kata).
  • Ward, Allen ; Sobek, Durward ; Shook, John: Lean Product and Process Development, 2nd Edition. 2. Aufl.. NC: Lean Enterprise Institute, 2014.
  • Rother, Mike: Toyota Kata: Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results. Madison: McGraw Hill Professional, 2009.
    • Deutsche Ausgabe: Rother, Mike ; Kinkel, Silvia: Die Kata des Weltmarktführers : Toyotas Erfolgsmethoden. 2. Aufl.. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2013.

Weitere Bücher

Ein paar Bücher stehen noch auf meiner Leseliste. Da ich sie noch nicht gelesen habe, kann ich nichts konkretes zum Inhalt sagen.
  • Womack, James P. ; Jones, Daniel T. ; Roos, Daniel: The Machine That Changed the World. New York: Simon and Schuster, 2008.
  • Womack, James P. ; Jones, Daniel T.: Lean Thinking : Banish Waste And Create Wealth In Your Corporation. New York: Simon and Schuster, 2013.
  • Shook, John: Managing to Learn : Using the A3 Management Process to Solve Problems, Gain Agreement, Mentor and Lead. Version.. NC: Lean Enterprise Institute, 2008.
  • II., Durward K. Sobek ; Smalley, Art: Understanding A3 Thinking : A Critical Component of Toyota's PDCA Management System. 1. Aufl.. Boca Raton, Fla: CRC Press, 2011.

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