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Eine schöne Bescherung, diese Selbstorganisation

Für den Teamworkblog geht ein besonderes Jahr zu Ende. Nämlich das, in dem wir uns im Januar mit dem zehnjährigen Bestehen ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk machten. Liebe Leserinnen und Leser, Ihr habt daran natürlich den größten Anteil. Ein herzliches Dankeschön für Euer großes Interesse und eure Treue! Ein besonderer Dank geht zusätzlich an: Die Selbstorganisation. Und die, die sie zulassen. 


Schneeverhangener Weihnachtsbaum
Foto vom Autor

Wer versucht, mehr Selbstorganisation in Unternehmen zu bringen, bekommt oft und schnell zu hören: „Das soll funktionieren? Ihr glaubt wohl auch noch ans Christkind.“

Für agile Überzeugungstäter, die zwar nicht ans Christkind glauben, wohl aber über die Wirksamkeit der Selbstorganisation Bescheid WISSEN, können Widerstände dieser Art enorm nervig sein. 

Und das deshalb, weil hinter diesen Gegenreden meist durchschaubare, aber schwer zu knackende Machtspiele stecken: Unliebsame Anträge und Diskussionen, die den Status Quo bedrohen, sollen damit im Keim erstickt werden.

Zudem nutzen versierte Machtprofis die Situation oft, um die eigene Machtbasis auszubauen. Dann werden noch gleich die Change-Agents persönlich und bestenfalls sogar die gesamte Veränderungsidee von Grund auf diskreditiert. 

Und zwar, indem man die Mutter aller rhetorischen Killerphrasen auspackt: „Wo kämen wir denn hin, wenn jede und jeder tut, was sie oder er will?“

Die implizierte Antwort dieser Nebelkerze: An entscheidenden Stellen müssen ja wohl auch weiterhin einzelne machtvolle Entscheider sitzen. Wer wäre dafür besser geeignet als das bisherige vermeintlich sachkundige Personal, also: ICH?

MachtspielerInnen, die auf diese Art ihre eigene (Macht-) Position zu sichern und auszubauen versuchen, kümmern die fachlichen Antworten auf die Wo-kämen-wir-denn-hin-Frage ja eigentlich nie. 

Und auch mit der Gegenfrage beschäftigen sie sich ungern. Obwohl die – inhaltlich – mindestens ebenso begründet wäre: Was wäre, wenn wir überhaupt keine Selbstorganisation zu- und alles beim Alten ließen?

Das ist nicht nur schade. Sondern aus organisatorischer Sicht sogar tragisch./1/ 

Denn beide Fragen würden auf eine wahrlich intelligente Art prüfen, welchen Vorteil wir als Gruppe von zusammenwirkenden Menschen - also als Organisation - davon hätten, wenn wir manche Entscheidungen anders fällen würden als bisher. Wenn wir also an manchen Stellen mehr Selbstorganisation zuließen. 

Wären wir vielleicht sogar erfolgreicher als heute? Inwiefern? Unter welchen Umständen?

Ein ernst gemeintes Gespräch darüber wäre in jedem Fall fruchtbar. Denn wir kämen nicht umhin, über echte oder gefühlte Notwendigkeiten, Bedürfnisse und Wünsche zu sprechen, die unser Geschäft angeht. 

Wir würden den Status Quo tatsächlich überprüfen, Möglichkeitsräume erkunden und erkennen, wo es momentan hakt und Handlungsbedarf gibt.

Wir würden also das tun, was man gemeinhin unter „Führen“, „Managen“ und "Organisieren" versteht.

Allerdings würde uns das alles nur gelingen, wenn wir diese Fragen ehrlich, informiert, professionell und vor allem: auf fachlicher Ebene diskutieren. 

Also auch, indem wir über ECHTE Selbstorganisation sprechen und nicht etwa über jenes Chaos, als das sie oft verleumdet wird. 

Und: Mit unserem allgemeinen, wertschöpfenden Ziel für die Unternehmung oder das Projekt vor Augen: „Was soll sein? Was muss sein?“

Und: Möglichst nüchtern und losgelöst von individuellen Machtinteressen. Oder zumindest, indem man diese Interessen so transparent wie möglich macht und so wertschätzend und empathisch wie möglich damit umgeht./2/ 

Heißt auch: Indem wir über begründete, tatsächlich bestehende oder über unbegründete und gefühlte Interessen UND eventuell bestehende  (Verlust-) Ängste sprechen und wie wir sie berücksichtigen können (und/oder wollen).

Zeichnung: Weihnachtsbaum mit Figuren drumherum
Zeichnung vom Autor

Sicher, als Teamworkblog sind wir keine Firma und waren es auch nie. Sehr wohl aber waren und sind wir seit jeher ein engagiertes Projekt mit vielen BloggerInnen, die ihren eigenen Fokus haben und natürlich auch Einzelinteressen. All das ist unter einen Hut zu bringen.

Seit unserer Gründung vor fast elf Jahren tun wir das selbstorganisiert. Und zwar, weil das die damaligen Initiatoren um Jan Fischbach und Wolf Steinbrecher von Anfang an so wollten. 

Vielleicht weil sie ahnten oder gar wussten, dass es nur so funktionieren kann, wenn es um den größten Nutzen mit minimalem Aufwand geht?

Für mich war und ist diese Erfahrung der Selbstorganisation jedenfalls eine wirklich schöne Bescherung, für die ich dankbar bin. Sie ermöglicht mir nämlich jene guten und positiven Erfahrungen, die ich seit Jahren mit meinen Posts, meinen Blogger-KollegInnen und mit Euch, liebe LeserInnen, machen darf. 

All das zeigt mir nun schon seit Jahren: Selbstorganisation funktioniert.

Wo wir wohl hinkämen, wenn wir alle noch mehr Selbstorganisation zuließen?

Liebe Leserinnen und Leser, noch einmal vielen Dank, dass Ihr mit Eurem treuen Interesse an unseren Posts zum Gelingen unseres Blogs beitragt.

Habt noch eine schöne Adventswoche und dann ein vielleicht ja sogar selbstorganisiertes, in jedem Fall aber schönes und friedliches Weihnachtsfest! 😊

Zeichnung von vier Figuren, die ein Transparent mit "Danke" halten
Zeichnung vom Autor



Alle Teamworkblog-Posts von Edgar Rodehack.

Edgars eigener Blog: www.trellisterium.de
Edgars Podcast: trellisterium.podbean.com 

Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de



Anmerkung

  • /1/ Ja, ich weiß, streng genommen müsste es „organisational“ heißen.
  • /2/ Auch wenn man sie vielleicht nicht immer nachvollziehen kann oder sogar für schädlich hält.  


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