Andere Berater:innen stöhnen häufig, wenn es um das Aufschreiben von Wissen geht: "Viel Arbeit! wann soll ich das noch machen, liest eh keiner usw." Dann schauen sie mich an und fragen: "Jan, wie schreibst Du denn eigentlich?" Dieses Wissen möchte ich gern teilen. Vielleicht hilft es anderen, schneller etwas zu Papier zu bringen. (Was wäre eigentlich der passende Ausdruck für elektronische Dokumente?)
Mein Anspruch an ein Ergebnis
Wir leiden nicht mehr unter Wissensmangel, sondern an einem Informationsüberfluss. Da es ohnehin schon schwierig ist, schnell die richtigen Informationen zu finden, denke ich lieber dreimal nach, ob ich meinen Text überhaupt schreibe: Welchen Nutzen haben die Leser:innen von meinem Text? Warum sollte er/sie den Text bis zum Ende lesen?
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Deshalb ist es so wichtig, die Quellen anzugeben, auf denen meine Ideen gründen. Darauf achte ich selbst bei anderen Autor:innen. Das hat einen ganz praktischen Nutzen, denn die Leser:innen haben immer Fragen: Ist das, was ich lese, das relevante Material? Kann ich mich auf die Informationen verlassen? Nichts ist peinlicher, als mit einer neuen Idee um die Ecke zu kommen und dann zu hören, dass diese schon längst überholt ist.
Bei der Qualität der Text achte ich auf eine Lesbarkeit von um die 60 (von 100) und einen Anteil von heißer Luft unter 30%. Es gibt dafür hilfreiche und nette Tools (z. B. den Fleschindex.de und das Blablameter.de). Wie man besser schreibt, hat Thilo Baum in 30 Minuten Gutes Schreiben gut erklärt.
Und wie komme ich eigentlich an meine Ideen?
So kommen die Themen zu mir
Es gibt mehrere Anlässe, die mich zum Schreiben motivieren:
- Ich ärgere mich über mich selbst, weil ich etwas anderen (z. B. Kund:Innen oder Kolleg:Innen) nicht erklären konnte. Dann schreibe ich es auf.
- Ich habe an einer interessanten Diskussion teilgenommen und fasse meinen Beitrag oder die Erkenntnisse aller zusammen.
- Ich lese etwas Wichtiges, für das es keine Quellen in deutscher Sprache gibt: Ich fasse sie für andere zusammen.
- Ich habe etwas entwickelt, das ich teilen möchte (z.B. ein Spiel, eine Übung, einen Workshop, eine besondere Vorgehensweise).
- Ich ärgere mich über andere: Jemand anderes schreibt etwas, mit dem ich nicht einverstanden bin. (Manchmal rege ich mich sogar richtig auf. Aber ich versuche den anderen Autor nicht bloßzustellen. Stattdessen versuche ich nur das aufzuschreiben, was mir wichtig ist.)
Und wie wird daraus ein Text?
So entstehen meine Texte
Was bei mir zu schlimmen Texten führt, ist, einfach draufloszuschreiben. Schrecklich! Dann gibt es keine Kernaussage, ich komme nicht auf dem Punkt geschweige denn zum Ende. Erfahrungsgemäß komme ich also auf andere Weise zu besseren Texten.
Ad-hoc-Inhaltsverzeichnis
Wenn ich eine Idee habe, dann schreibe ich die Idee auf und notiere mir die wesentlichen Punkte, die in den Text gehören. Das Notieren der ersten Punkte dauert keine 2 Minuten. Wenn ich dann Zeit habe, schreibe ich den Text herunter. (So entstand auch dieser Text.)
Skelett-Version
Für ich ist's immer praktisch, wenn ich mir eine passende Grundstruktur aussuche. Von der erlaube ich mir später natürlich, auch wieder abzuweichen, wenn das nötig ist. Erst einmal hilft es mir aber zum Starten. Hier ein paar Ideen:
- Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft: Wie ist die Idee entstanden? Wie wird sie heute genutzt? Was ist in Zukunft zu erwarten?
- Aufmerksamkeit, Kontext, Leistung: Diese Struktur ist gut, um Personen zu beschreiben. Zuerst braucht's einen besonderen Aufhänger, um eine Person interessant zu machen. Dann wird der Kontext dargestellt, in dem die Idee entstand. Danach, was die Leistung oder die Lösung der Person so besonders macht? Warum ist das für uns heute relevant oder wichtig?
- Problem, Erwartung, Lösung: Gut, um Konzepte oder Vorgehensweisen vorzustellen. Was ist das Problem? Wie stellt es sich dar? Was macht es so ärgerlich? Welche Erwartungen habe ich an eine gute Lösung? Wie muss eine Lösung aussehen? Dann erst die Lösung vorstellen, damit die Leser:innen erkennen, dass die Lösung hilft.
Natürlich gibt es noch die bekannte Heldenreise als Strukturhilfe. Für Sachtexte finde ich auch den Ablauf gut, den Jon Franklin in "Writing for Story" nutzt: Problem/Konflikt, drei Entwicklungsstufen (von welchen zwei nicht klappen), und dann die Auflösung.
Story-Map
Wolf Steinbrecher und ich haben für zwei Bücher eine Story-Map erstellt. Das hat diesmal nichts mit Schreiben zu tun. Die Technik stammt aus der Softwareentwicklung. Jeff Patton hatte sich überlegt, wie man sich Überblick über die Funktionen einer Software verschafft und ist dabei die verschiedenen Stationen eines Anwenders durchgegangen.
Wolf und ich überlegten uns ein Story-Map für unser ganzes Buch: Wir einigten uns darauf, was jeweils in die Kapitel kommt. Dann nahmen wir uns ein Kapitel nach dem anderen vor, indem jeder von uns jeweils eine Stunde an einem Kapitel schrieb. Direkt im Anschluss ans Schreiben lasen wir uns die Texte gegenseitig vor und korrigierten sofort, was uns auffiel. Nach zwei Tagen war das Buch fertig (mit 100 DIN-A5-Seiten).
Mach den Text spannend
Ich finde Texte total langweilig, die direkt vom Problem zur Lösung kommen. Da kann man von Romanen lernen. Dort werden die Leser:innen mit Szenenwechseln bei der Stange gehalten. Autor:innen überlegen sich vorab, wie die Szenen enden. Dann folgt auf eine Szene entweder eine Auflösung. Oder die Situation wird der Spannung halber schlimmer. James N. Frey beschreibt diese Technik sehr schön in "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt".
Das funktioniert natürlich auch für Sachtexte. Wobei hier und da eine von diesen Fragen ausreicht: "Wie hat er das hinbekommen?", "Warum war ihre Leistung besonders?", "Warum ist kein anderer auf die Idee gekommen?".
Das sind meine Tricks. Viel Spaß beim Schreiben!
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