Direkt zum Hauptbereich

Scrum ist ein Lernsystem

Scrum-Experten betonen, dass Scrum "nur" ein Arbeitsrahmen sei, keine Methode. Ich finde das immer schwierig zu vermitteln. Aber jetzt bin ich über eine Anmerkung gestolpert, mit der ich das schön erklären kann.

Jim "Cope" Coplien hat viel zu Scrum beigetragen, z. B. das Daily Scrum./1/ Es ist interessant, Interviews mit ihm zu lesen, oder sich aufgezeichnete Vorträge bei YouTube anzusehen./2, 3/

Im Interview mit Jakob Wolman betont Coplien, dass es es nicht das Ziel sei, Scrum zu machen, sondern den Kunden etwas Wertvolles zu liefern. 

Lernen im Prozess

In diesem Sinne ist Scrum also keine Methode, sondern etwas, mit dem der eigentliche Prozess zum Liefern entwickelt wird: Wie entwickeln wir Software? Wie entwerfen wir eine Marketing-Kampagne? Wie ist der Prozess, um eine Konferenz zu veranstalten?

Wenn eine Organisation neu mit Scrum startet, kennt sie die Prozesse noch nicht, mit denen am Ende geliefert. Dieser Prozess entsteht mit jedem Sprint. Da viele Details am Anfang unklar sind, experimentiert das Scrum Team mit den Feinheiten. Vielleicht sind es Tools; vielleicht sind es Abläufe.

Dieses Wissen muss nicht nur gewonnen, sondern auch verteilt werden. Deswegen finde ich Kompetenzmatrizen sehr praktisch./4/

Kompetenzmatrix von 1944: eine Zeile für jeden Mitarbeiter, eine Spalte für jede Kompetenz

Ein wesentlicher Bestandteil im Lean Thinking ist die Standardisierung der Arbeitsabläufe. Man könnte fälschlicherweise darunter verstehen, dass dies die Freiheit der Mitarbeiter:innen einschränkt. Aber im Gegenteil: die Beschreibung ist die Ausgangsbasis für die Ausbildung neuer Mitarbeiter:innen und die Basis für die nächsten Verbesserungsschritte.

Lernen für das Produkt

Dir Rolle Product Owner verantwortet bekanntlich den Erfolg des Produktes. Dazu müssen alle Beteiligten wissen, was für diesen Erfolg wichtig ist. Hier kommt es jetzt auf die Details an, weil dem Scrum Team nur begrenzte Mittel und begrenzte Zeit zur Verfügung stehen. Das Scrum Team erzeugt mit jedem Sprint neues Detailwissen. 

Ein praktisches Hilfsmittel ist eine Mindmap oder eine Skizze mit den wichtigsten Zusammenhängen, das sukzessive verfeinert wird. Es dient als Landkarte für die nächsten Experimente.

Lernen mit System

Alle diese Dinge kann man auch ohne Scrum tun. Was Scrum oder Lean Thinking unterscheidet, ist die Integration des Lernens in das Arbeitssystem. Das Scrum Team verpflichtet sich, mit jedem Sprint Wissen zu verteilen und zu vertiefen.

Wenn regelmäßiges Lernen für Prozesse und Projekte nicht irgendwie Bestandteil ist, kann sich das Scrum Team nicht verbessern.

Anmerkungen

  • /1/ Das Pattern hieß ursprünglich Stand-up meeting.
  • /2/ Jakob Wolman: Interview James Coplien, erschienen im Blog auf der Webseite der Firma Jayway, veröffentlicht am 01.05.2009, abrufbar unter https://blog.jayway.com/2009/05/01/interview-james-coplien/ 
  • /3/ Rakuten Technology Conference 2013: Do-it-yourself Organizational Patterns at Home, Vortrag gehalten am 26.10.2013, hochgeladen am 15.11.2013, abrufbar unter https://www.youtube.com/watch?v=Bw4pmxESeyA 
  • /4/ Das Aufstellen solcher Tabellen "Wer sollte was können" war Teil des Job Instruction Trainings (1940-1945), das später auch in Japan weit verbreitet wurde. Jeff Liker weist darauf in seinem Buch Toyota Talent hin und erklärt die Skillmatrix in Kap. 11, siehe Liker, Jeffrey K. ; Meier, David: Toyota Talent : Developing Your People the Toyota Way. Madison: McGraw Hill Professional, 2007.  

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Der Softwareeisberg, die Softwarepyramide - Wie sprechen wir über neue Software?

Software ist aus den Geschäftsprozessen vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie verwaltet Kunden- und Produktdaten. Sie automatisiert Abläufe und verhindert Fehler. Aber Software veraltet. Was machen wir, wenn wir Unternehmenssoftware erneuern müssen? Von den ersten Konzepten bis zum ersten Release ist es ein weiter Weg, mit vielen Entscheidungen. Wie sprechen wir über diese Entscheidungen?

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg: 20 Reflexionsfragen für moderne Organisationen

Transparenz ist das Herzstück erfolgreicher Teams. Sie schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit. Wenn alle Zugang zu den notwendigen Informationen haben, können sie fundierte Entscheidungen treffen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies führt zu höherer Effizienz, schnelleren Entscheidungsprozessen und besseren Arbeitsergebnissen. Transparenz ist mehr als ein Schlagwort – es gilt, sie greifbar zu machen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen. Wie das gelingt und welche Vorteile es für Euer Team und Eure Organisation bringt, erkunden wir im Folgenden.

Die Stimmung in Deinem Team drehen? So wird’s gemacht.

Oder ähnlich. Mir gefiel der Titel. Vor ein paar Tagen hat mich jemand angesprochen und von einem, wohl etwas frustrierenden, virtuellen Teammeeting erzählt. Die Teammitglieder zogen lange Gesichter, schauten grimmig in ihre Kameras. Ich habe mich dann gefragt, was ich tun würde, wenn ich in so einer Situation wäre. In diesem Blogpost beschreibe ich ein paar Tipps mit denen Du die Stimmung in Deinem Team (und Deine eigene) verbessern kannst.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices

  Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices In der heutigen Informationsgesellschaft ist eine effiziente Dokumentation essenziell für den Erfolg von IT-Teams. Dennoch kämpfen viele Unternehmen mit veralteten, überladenen oder unauffindbaren Informationen. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen der Dokumentation, zeigt Best Practices wie den „Clean-Up Day“ und zieht Parallelen zu politischen Initiativen zur Bürokratieentlastung. Strukturierte und gepflegte Dokumentation steigert die Effizienz, reduziert Fehler und verbessert die Zusammenarbeit. Der Mut zur Löschung irrelevanter Inhalte ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor.

Die Digitale Transformation braucht Tempo. Also auch Konversation in Ruhe statt nur hektische Meetings

„Gesprächsrunde“ (Quelle: siehe unten) Mir sind in letzter Zeit zwei Trends aufgefallen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Zum einen gibt es vermehrt Beiträge zur Meetingkultur , vor allem auf Online-Konferenzen bezogen. Zum anderen taucht das Thema „ Widerstand der Mitarbeiter gegen Changeprojekte“ wieder einmal stärker auf. Die beiden Phänomene sind gar nicht so unterschiedlich. Ihnen gemeinsam ist die Unzufriedenheit mit unproduktiven Vorgehensweisen, mangelndem Tempo, Stockungen in Prozessen und Projekten. Kurz, beide adressieren verschiedene Aspekte des Gefühls „wir sind im Hamsterrad, und es geht wieder einmal nichts voran“. Um diese beiden Trends geht es in diesem Artikel. Und eine Einladung zu einem Event „Impuls in der Mittagspause“, in dem Stephanie Borgert eine konkrete Alternative vorstellt. Zeitfresser Meetings Dazu hat Jessica Turner Ende 2024 ein interessantes Buch veröffentlicht „Online-Meetings mit Fokus und Mehrwert“ (alle Quellen unten). Der...

Leisten! Leisten? Leisten!

Warum opfern wir so viel für den Job, selbst wenn es uns nicht wirklich weiterbringt? Ein paar blasphemische Gedanken zu einem für uns überlebenswichtigen Thema.