Direkt zum Hauptbereich

Wie würden Sie sich fühlen, wenn alles großartig für Sie laufen würde?

Hin und wieder treffe ich auf klagende Coach-Kollegen. „Wenn doch die Kunden nur mehr auf mich hören würden.“ „Wenn mich das Management doch nur verstehen würde.“ „Die müssen doch auch sehen, was ich sehe.“ Oder auf agile Terminatoren: „Den habe ich es aber jetzt mal richtig gezeigt, wo der agile Hammer hängt und ihren Agilisierungsansatz zerlegt.“ Häufig verbirgt sich dahinter eine große Angst: Vor einer Gefährung des eigenen Status. Vor sozialem Schmerz.

Als agiler Coach hat man es nicht einfach. Überzeugt von agilen Ansätzen möchte man Teams und Unternehmen helfen, agiler zu werden. Man möchte, dass die Mitarbeiter glücklich sind, dass die Unternehmen profitieren, dass ihre Kunden zufrieden sind und großartige Produkte schneller entwickelt werden. Die Realität ist häufig die, dass die Unternehmen aber ihre Kultur, die sie früher erfolgreich gemacht hat, nicht so schnell aufgeben wollen.

Schnell kommt es zu innerlichen Verurteilungen bei den Coaches. „Hier will sich niemand ändern.“ „Mein Team ist faul.“ „Der Mitarbeiter hat noch einen weiten Weg vor sich in Richtung Agilität.“ „Das Management hat Angst um seine Privilegien.“ „Der widerwillige Mitarbeiter geht eh bald in Rente.“ „Meine Kunden wollen einfach nicht verstehen.“

Haben sich diese Verurteilungen einmal verfestigt, übertragen wir sie an unsere Umwelt – nämlich nonverbal. Wir kommunizieren grundsätzlich das, was wir denken. Nicht das, was wir sagen. Im Fall der agilen Coaches spüren die Teams die Verurteilungen und stellen sich garantiert quer. Als Folge davon werden die Coaches noch defensiver.

Moment mal: Das darf einem agilen Coach doch eigentlich nicht passieren! Schließlich müsste er die agilen Werte wie Mut, Commitment, Fokus, Offenheit und Respekt doch mit jeder Faser leben? Wie kann es dann sein, dass er seine Umgebung innerlich verurteilt und eher als agiler Polizist auftritt?

Vermutlich härten einige Begegnungen mit dem Immunsystem eines Unternehmens, seiner Kultur, etwas ab. Hinzu kommen soziale Schmerzen, wenn die eigenen Ideen immer wieder abgelehnt werden und der eigene Status gesenkt wurde. Wer oft erlebt hat, dass sein Status gesenkt wurde, versucht zukünftig, seinen Status zu schützen. Innerliche Verurteilungen von anderen schützen uns und machen uns weniger verletzbar. Aber wer sich bedroht fühlt, wird schnell defensiv und verliert seine Souveränität und das Vertrauen seiner Kunden.

Kommt Ihnen die Situation bekannt vor? Falls ja, hier eine Strategie, offen zu bleiben:
  • Benennen Sie zuerst innerlich das unangenehme Gefühl, im Status gesenkt zu werden. Wie würden Sie sich stattdessen fühlen, wenn alles großartig für Sie laufen würde?
  • Überlegen Sie, auf welches Problem Sie aufmerksam machen wollen und wie Sie die Wahrnehmung Ihrer Kunden für das Problem steigern wollen.
  • Überlegen Sie, wie Ihre Kunden am besten die Verantwortung für die Beseitigung des Problems übernehmen können.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.