Direkt zum Hauptbereich

Informationen zu Scrum-Retrospektiven

Auf der #AgileCologne gab es gestern eine Session zum Thema Spiele oder Übungen für Retrospektiven. In diesem Beitrag halte ich die vielen Tipps und Hinweise auf Spiele fest.
Eine Retrospektive ist bei Scrum ein Team-Meeting, bei dem das Team nach Verbesserungsideen für die nächsten Wochen sucht. Bei Scrum ist es wichtig, dass die Retrospektiven nicht erst am Ende eines Projekts stattfinden, sondern nach jedem Sprint. Damit den Teams die Ideen nicht ausgehen, sollte der Ablauf öfter variiert werden. Dazu gibt es einige Übungen. (Alle Literaturangaben werden am Ende genannt.)

Übungen und Tipps zum Einstieg

  • Ein guter Einstieg in das Thema ist das Buch Agile Retrospectives von Esther Derby und Diana Larsen (/1/). Die beiden Autorinnen geben in einem Video bei Youtube ein ca. 1stündige Zusammenfassung ihres Buchs: http://www.youtube.com/watch?v=qqtPZYigfNI
  • Das Dave Gray, Sunni Brown und James Macanufo haben in ihrem Buch Gamestorming ganz viele Spielideen gesammelt (/2/). Das Buch gibt es in deutscher und in englischer Sprache. Alle Spiele können Sie auch auf http://www.gogamestorm.com/ nachlesen oder sich als iPhone-App aus dem Netz laden. App und Webseite sind nur in englischer Sprache verfügbar.
  • Um zu zeigen, welches Potenzial und welche Energie Retrospektiven freisetzen können, spiele ich gern das Ballpoint-Game von Boris Gloger. Eine Anleitung gibt es auf seiner Webseite: http://borisgloger.com/wp-content/uploads/2013/10/BallPointGame.pdf 

Wo oder wie sollen die Erkenntnisse aus der Retrospektive festgehalten werden? 

Es ist verlockend, sich eine lange Liste von tollen Ideen ("man müsste mal ...") zu erstellen. Wir wissen aber, dass dies nicht funktioniert. Zudem widerspricht es der Scrum-Idee, alle wichtigen Punkte in nur einem Backlog festzuhalten.

Je nachdem, was in der Retro konkret als Verbesserungsidee besprochen wird, gibt es verschiedene Orte:
  • Product Backlog: Wenn es eine konkrete Aufgabe ist, gehört sie ins Backlog. Natürlich muss dies mt dem PO abgesprochen werden.
  • Definition of Done: Wenn es um Qualität geht, sind Definition of Done oder Definition of Reader gute Stellen.
  • Sprintziel: Unter bestimmten Voraussetzungen könnte sich eine Verbesserungsidee auch im Sprintziel wiederfinden.
  • Working Agreements: Manche Ideen wie zum Beispiel Pair-Programming müssen als Vereinbarung des Teams gut sichtbar angebracht werden.

Brauchen wir Übungen, um das Team zu unterhalten?

Es gab eine Diskussion, ob es denn die Aufgabe des Scrum Masters wäre, das Team mit Übungen zu unterhalten, damit die Retro lustig und kurzweilig ist.

Ich denke, das Team hat insgesamt die Verantwortung und die Verpflichtung dafür, sich selbst zu verbessern. Das Team profitiert davon, wenn sich ein Scrum Master Zeit nimmt und eine Retro gut vorbereitet. Das ist Arbeit. Aber auch wenn der Scrum Master dafür zuständig sein mag, so bleibt das Team in der Verantwortung. Daher ist es auch sinnvoll, wenn reihum ein Teammitglied bei der Vorbereitung der Retro hilft.

Bei den Übungen geht es nicht nur um Kurzweile. Ich will nicht mehr auf diese verschiedenen Übungen verzichten, denn ohne sie komme ich an das nötige Wissen gar nicht ran. 

Tipps für die fortgeschrittenen Teams

Nach den ersten paar Retrospektiven kann der Standardablauf langweilig werden.
  • Corinna Baldauf hat einen Retr-O-Mat entwickelt, der immer per Zufall mehrere Übungen für eine Retrospektive zusammenstellt: http://plans-for-retrospectives.com 
  • Marc Löffler gibt in seinem Blog Tipps zu Retrospektiven: https://marcloeffler.eu/blogartikel/. Im nächsten Jahr erscheint von ihm ein Buch zum Thema, das Sie jetzt schon vorbestellen können: http://retrospektiveninderpraxis.de/ 
  • In Retrospektiven können auch Konflikte im Team aufgedeckt werden. Manchmal kann man die Konflikte nicht in Form von Retrospektiven lösen. Dann braucht man vielleicht auch Mediation. Hilfreich sind die Ideen vom Harvard-Konzept (/3/) und die der gewaltfreien Kommunikation (/4/), um Konflikte besser zu verstehen.
  • Interessant ist es auch, den Sprint in Form eines Fussballspiels oder einer Zugfahrt zu kommentieren. Die Anleitung zur Fussballretro gibt es im Buch von Marc Löffler.
  • In eine ähnliche Richtung geht die Idee, den Sprint mit LEGO(R) oder Playmobil-Figuren nachzuspielen. LEGO nennt dies LEGO Serious Play.
  • Michael McCullough und Don McGreal haben auf der Webseite http://tastycupcakes.org/ viele Spiele für agile Teams gesammelt. 
  • Luke Hohmann hat ebenfalls Spiele gesammelt bzw. entwickelt, um Kundenbedürfnisse besser zu verstehen. Seine Firma Conteneo vermarktet sie unter dem Namen Innovation Games (/5/). Die Spiele sind alle Online beschrieben. Es gibt dazu auch ein Buch und Trainings. Das Spiel Speedboat (Schnellboot) kann man auch gut für Retrospektiven nutzen.

Weitere Übungen

Es folgt eine Liste von Übungen, die im Laufe der Session auf der Agile Cologne angesprochen wurden:

Ausgewählte Übungen zum Team-Building

Update vom 18.12.2013: Zur Thinkback-Methode habe ich einen Beispieldialog ins Netz gestellt: http://wirdemo.buergerstimme.com/2013/12/besser-verstehen-mit-thinkback/ 

Update vom 16.07.2014: Von Marc Löffler (http://blog.scrumphony.com/) ist ein Buch über Retrospektiven erschienen, siehe /8/.

Anmerkungen

  • /1/ Derby, Esther ; Larsen, Diana: Agile Retrospectives : Making Good Teams Great. 1. Aufl.. Dallas, Texas: Pragmatic Programmers, LLC, 2006
  • /2/ Gray, Dave ; Brown, Sunni ; Macanufo, James ; Nitz, Elke: Gamestorming : ein Praxisbuch für Querdenker, Moderatoren und Innovatoren. 1. Aufl.. Köln: O'Reilly Germany, 2011.
  • /3/ Fisher, Roger ; Ury, William ; Patton, Bruce ; Egger, Ulrich ; Raith, Werner ; Hof, Wilfried: Das Harvard-Konzept : der Klassiker der Verhandlungstechnik. 23. Aufl.. Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2009.
  • /4/ Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation : eine Sprache des Lebens. 1. Aufl.. Paderborn: Junfermann Verlag GmbH, 2011.
  • /5/ Hohmann, Luke: Innovation Games : Creating Breakthrough Products Through Collaborative Play. 1. Aufl.. Amsterdam: Pearson Education, 2006.
  • /6/ Goldstein, Ilan: Scrum Shortcuts without Cutting Corners : Agile Tactics, Tools, & Tips. 1. Aufl.. Amsterdam: Addison-Wesley, 2013.
  • /7/ Lochhead, Jack: Thinkback : A User's Guide to Minding the Mind. London: Psychology Press, 2000.
  • /8/ Löffler, Marc ; (Beitragsautor), Veronika Kotrba ; (Beitragsautor), Ralph Miarka ; (Geleitwort), Jutta Eckstein: Retrospektiven in der Praxis : Veränderungsprozesse in IT-Unternehmen effektiv begleiten. 1. Auflage. Heidelberg: Dpunkt.Verlag GmbH, 2014. 

Kommentare

  1. Hi Jan, jeder, der mit Gruppen arbeitet, weiß wie nützlich Spiele sind. Sie vertiefen und aktivieren gleichzeitig und sorgen auch noch für Stimmung! Je mehr Varianten man hat, desto besser. Für die vielen tolle Anregungen und Hinweise deshalb vielen Dank! Edgar

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Der Softwareeisberg, die Softwarepyramide - Wie sprechen wir über neue Software?

Software ist aus den Geschäftsprozessen vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie verwaltet Kunden- und Produktdaten. Sie automatisiert Abläufe und verhindert Fehler. Aber Software veraltet. Was machen wir, wenn wir Unternehmenssoftware erneuern müssen? Von den ersten Konzepten bis zum ersten Release ist es ein weiter Weg, mit vielen Entscheidungen. Wie sprechen wir über diese Entscheidungen?

Transparenz als Schlüssel zum Erfolg: 20 Reflexionsfragen für moderne Organisationen

Transparenz ist das Herzstück erfolgreicher Teams. Sie schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit. Wenn alle Zugang zu den notwendigen Informationen haben, können sie fundierte Entscheidungen treffen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies führt zu höherer Effizienz, schnelleren Entscheidungsprozessen und besseren Arbeitsergebnissen. Transparenz ist mehr als ein Schlagwort – es gilt, sie greifbar zu machen, ein gemeinsames Verständnis davon zu entwickeln und es in die Praxis umzusetzen. Wie das gelingt und welche Vorteile es für Euer Team und Eure Organisation bringt, erkunden wir im Folgenden.

Die Stimmung in Deinem Team drehen? So wird’s gemacht.

Oder ähnlich. Mir gefiel der Titel. Vor ein paar Tagen hat mich jemand angesprochen und von einem, wohl etwas frustrierenden, virtuellen Teammeeting erzählt. Die Teammitglieder zogen lange Gesichter, schauten grimmig in ihre Kameras. Ich habe mich dann gefragt, was ich tun würde, wenn ich in so einer Situation wäre. In diesem Blogpost beschreibe ich ein paar Tipps mit denen Du die Stimmung in Deinem Team (und Deine eigene) verbessern kannst.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices

  Effektive Dokumentation in IT-Teams: Herausforderungen und Best Practices In der heutigen Informationsgesellschaft ist eine effiziente Dokumentation essenziell für den Erfolg von IT-Teams. Dennoch kämpfen viele Unternehmen mit veralteten, überladenen oder unauffindbaren Informationen. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen der Dokumentation, zeigt Best Practices wie den „Clean-Up Day“ und zieht Parallelen zu politischen Initiativen zur Bürokratieentlastung. Strukturierte und gepflegte Dokumentation steigert die Effizienz, reduziert Fehler und verbessert die Zusammenarbeit. Der Mut zur Löschung irrelevanter Inhalte ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor.

Die Digitale Transformation braucht Tempo. Also auch Konversation in Ruhe statt nur hektische Meetings

„Gesprächsrunde“ (Quelle: siehe unten) Mir sind in letzter Zeit zwei Trends aufgefallen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Zum einen gibt es vermehrt Beiträge zur Meetingkultur , vor allem auf Online-Konferenzen bezogen. Zum anderen taucht das Thema „ Widerstand der Mitarbeiter gegen Changeprojekte“ wieder einmal stärker auf. Die beiden Phänomene sind gar nicht so unterschiedlich. Ihnen gemeinsam ist die Unzufriedenheit mit unproduktiven Vorgehensweisen, mangelndem Tempo, Stockungen in Prozessen und Projekten. Kurz, beide adressieren verschiedene Aspekte des Gefühls „wir sind im Hamsterrad, und es geht wieder einmal nichts voran“. Um diese beiden Trends geht es in diesem Artikel. Und eine Einladung zu einem Event „Impuls in der Mittagspause“, in dem Stephanie Borgert eine konkrete Alternative vorstellt. Zeitfresser Meetings Dazu hat Jessica Turner Ende 2024 ein interessantes Buch veröffentlicht „Online-Meetings mit Fokus und Mehrwert“ (alle Quellen unten). Der...

Leisten! Leisten? Leisten!

Warum opfern wir so viel für den Job, selbst wenn es uns nicht wirklich weiterbringt? Ein paar blasphemische Gedanken zu einem für uns überlebenswichtigen Thema.