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Unternehmertum statt Führung (Leadership)

Es gehört ja schon zum guten Ton, wenn man sich heute über die mangelnden Führungsqualitäten in Unternehmen und Organisationen aufregt. Aus Mitarbeitersicht ist das leicht gesagt. Blöd nur, wenn man selbst Führungskraft ist. Was bedeutet denn nun Führung? Vielleicht vergessen wir diesen Begriff vorübergehend und suchen einen anderen. Ich finde den Begriff Unternehmertum besser.

Der Begriff "Führung" sagt gar nichts (mehr)

Die meisten Organisationen sind "überverwaltet" (engl. over-managed) und "untergeleitet" (engl. under-led). Wenn ich das richtig gesucht habe, haben Tom Peters und Nancy Austin dies zuerst 1985 in ihrem Buch "A Passion for Excellence" geschrieben /1, 2/. Cornelia Hegele-Raih listet in /1/ ein wenig die Hintergründe auf, wie es zur Unterscheidung zwischen Führung und Management gekommen ist.

Es ist auch einfach zu sagen, diese Organisation oder Abteilung sei nicht gut geführt. Ich glaube, der Begriff der Führung ist nicht klar:
  • Viele setzen Führung mit Führungsrollen gleich. Aber ein Mitarbeiter führt auch.
  • Ist Führung die Aufgabe von einzelnen? Ist es eine gute Idee, wenn einer führt und hunderte folgen?
  • Man kann überall hingeführt werden, auch in den Abgrund. Wollen wir das?
  • Führung geht nicht ohne Folgende /3/.
Ich bin mir nicht sicher, ob es einen Konsens über den Begriff Führung gibt. Suchen wir doch einen, bei dem das gemeinsame Verständnis ausgeprägter ist. Und solch einen gibt es.

"Lasst uns etwas unternehmen"

Unternehmertum passt in vielen (nicht in allen) Bereichen besser. Es gibt jemanden, der etwas unternehmen will. Er oder sie arbeitet auf ein bestimmtes Ziel hin. Dazu sucht er oder sie sich Mitarbeiter. Die Mitarbeiter machen mit, weil sie an die Ziele des Unternehmers glauben. Sie schließen sich freiwillig an. Natürlich erwarten sie auch, an den Erfolgen angemessen beteiligt zu werden.

Zur Unternehmung selbst gehören Experimente und Erfolge aber auch Fehlschläge und Irrwege. Letzteres wird von vielen Führungskräften gern wegdefiniert ("Wir haben keine Zeit für Experimente. Wir machen es lieber gleich richtig.").

Wenn wir unser Umfeld fragen, was es mit Führung und was es mit Unternehmertum verbindet, werden wir unterschiedliche Aussagen hören. Ich glaube, bei dem Begriff Unternehmertum werden wir konkretere Aussagen bekommen und die inhaltliche Spannbreite ist nicht so breit wie beim Begriff Führung.

Sicher gibt es auch Schattenseiten (Ausnutzung, Ausbeutung, Profitgier, Unterdrückung), die mit diesem Begriff verbunden sind. Die gibt es für den Begriff der Führung ebenso (Autokratie, Diktatur).

Wollen Sie Führungskraft oder Unternehmer sein?

Unternehmer/in sein, bedeutet für mich folgendes:
  • Wir arbeiten auf ein bestimmtes Ziel hin und setzen uns für unsere Ziele ein.
  • Wir suchen nach innovativen Möglichkeiten, um a) unser Ziel leichter zu erreichen und um b) es anderen einfacher zu machen.
  • Wir suchen Mitstreiter, die uns beim Erreichen unserer Ziele helfen.
  • Wir passen unsere Organisation an, um unsere Ziele besser zu erreichen.
  • Management dient dazu, unser Leben einfacher zu machen, damit wir mehr Zeit haben, uns um unsere eigentlichen Ziele zu kümmern.
  • Organisation und Abläufe werden immer wieder neu verhandelt.
Demgegenüber steht die Praxis der Führung in vielen Firmen:
  • Ich bin Führungskraft eines Bereichs. Um diesen Bereich kümmere ich mich, denn ich weiß nicht, was die Ziele der Organisation insgesamt sind.
  • Ich leite meine Mitarbeiter. Je mehr Mitarbeiter ich habe, desto wichtiger bin ich.
  • Bloss keine großen Änderungen in der Organisation. Dies führt dazu, dass ich als Führungskraft und der Bereich insgesamt in Frage gestellt werden könnte.
  • Bloss keine Änderungen in den Abläufen. Ich bin froh, dass es gerade läuft.
  • Meine Mitarbeiter tun etwas, weil ich das anordne. Ich tue etwas, weil mein eigener Chef das anordnet. 
Wenn ich diese Punkte vergleiche, möchte ich im Moment lieber Unternehmer sein.

Wie wird man Unternehmer/in?

Ein Unternehmer/einer Unternehmerin ist jemand, der sich Ziele setzt, Mitstreiter gewinnt und Mittel aufbringt, um diese Ziele zu erreichen. Für mich geht das nur auf Basis gemeinsamer Werte. Unethisches unternehmerisches Handeln führt in die Katastrophe. Das lassen wir mal lieber.

Nachdem Ziele und Werte geklärt sind, ist für mich die nächste Frage im Team:
  • Was ist das Beste, das wir tun sollten, um unsere Ziele zu erreichen mit Blick auf die Leute, die da sind und mit Blick auf die Möglichkeiten und Mittel, die uns zur Verfügung stehen?
Wenn das klar ist, kommt die nächste Frage:
  • Wie organisieren wir das, was wir erreichen wollen?
So könnte es funktionieren. Was meinen Sie?

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