Direkt zum Hauptbereich

Was muss man bei Projekten mit mehreren Vertragspartnern beachten? Teil (1/2)

Das erste Scrum-Projekt ist für Kunde und Lieferant schon eine interessante Herausforderung. In großen Konzernen brauche ich aber oft mehrere Vertragspartner, um mein Projektproblem zu lösen. Die Webseite wird von einer Agentur betreut, das SAP-System vom eigenen Rechenzentrum und das Netzwerk von einem Dienstleister. Kann man dafür einen Vertrag schließen?

Agile Vorgehensweisen fordern bewusst, dass Teams möglichst nah zusammen sitzen. So kann man auftretende Schwierigkeiten schnell gemeinsam lösen. Die Teams sollen interdisziplinär zusammengesetzt sein. Das bedeutet, dass alle wichtigen Funktionen vertreten sind, um ein funktionsfähiges Ergebnis am Ende des Sprints abzuliefern. Jetzt gibt es mehrere Fälle:
  1. Im Scrum-Projekt arbeitet ein Team.
  2. Im Scrum-Projekt arbeiten mehrere Teams aus der gleichen Firma. 
  3. Im Scrum-Projekt arbeiten mehrere Teams aus verschiedenen Firmen.
Im Fall 1 arbeiten wir nach dem Scrum-Guide. Der Fall 2 ist im Prinzip wie Fall 1, nur dass wir mit Scrum of Scrums oder Scrum @ Scale für eine gute Koordination der Teams sorgen. Der Vorteil von Fall 2 gegenüber Fall 3 ist, dass alle Teams letztendlich das gleiche Unternehmensziel und den gleichen Chef haben. Das ist in großen Unternehmen zwar nicht immer einfach, aber wir haben die Möglichkeit der Anweisung.

Auch in Fall 3 müssen wir wie in Fall 2 mit Scrum of Scrum oder Scrum @ Scale dafür sorgen, dass die Teams ihre priorisierten Backlogs abarbeiten und die Ergebnisse gut integrieren. Ein wichtiger Teil bei Scrum ist das Commitment im Sprint Planning. Was passiert nun, wenn die Leistung von einem Team von der Leistung eines anderen Teams abhängig ist? Um ihr Recht einzufordern, müssten jetzt alle Vertragspartner untereinander Verträge schließen:
  • Die Projektgruppe schließt mit der Agentur für die Webseite einen Vertrag ab.
  • Die Projektgruppe hat ein internes Service Level Agreement mit seinem eigenen Rechenzentrum.
  • Die Projektgruppe schließt mit dem Dienstleister für das Netzwerk einen Vertrag ab.
  • Agentur und Dienstleister schließen untereinander einen Vertrag ab.
Wir sehen schon, dass dies mit vier Partnern schon schwierig wird. Wenn wir noch mehr Partner haben, wird es richtig lustig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass man ja die genauen Anforderungen und das finale Lösungsdesign bei Vertragsabschluss noch nicht kennt.

Das Rautenmodell von Shenhar/Dvir /1/ gibt uns Hinweise

Solch eine Projektsituation zeichnet sich durch höhere Unsicherheit im Bereich Komplexität/Zusammenarbeit aus. Dieser Bereich der Unsicherheit bestimmt folgende Aspekte der Projektarbeit:
  • Vertragsmodell (aha, das hatten wir schon vermutet), 
  • Projektorganisation (das ist ja unser Problem), 
  • Planung/Steuerung/Berichtswesen, 
  • Dokumentation, 
  • Leit-/Richtlinien und 
  • Managementstil.

In der einfachen Stufe (der sog. Assembly-Stufe) kann das Team arbeiten, wie es will. Es reicht ein einfacher Vertrag und man braucht nur wenige formale Regeln oder Standards.

Der o. g. Fall entspricht bei Shenhar/Dvir der sog. Systemstufe. Das Schöne an dem Rautenmodell ist, dass die Autoren Vorschläge für angemessenes Projektmanagement machen. So lesen wir folgende Punkte:
  • Vertragsmodell: Komplexer Vertrag, Zahlung nach Meilensteinen; Vertrag berücksichtigt logistische Unterstützung
  • Projektorganisation: Ein Generalunternehmer, Matrix- oder reine Projektorganisation, viele interne und externe Partner, Team deckt technische und administrative Fähigkeiten ab.
  • Planung/Steuerung/Berichtswesen: Komplexe Planung; Softwaregestützte Planung; hunderte bis einige tausend Aktivitäten; enge formale Kontrolle von technischen, finanziellen und zeitlichen Aspekten; regelmäßige Reviews mit Kunde und Management
  • Dokumentation: Technische und formale Steuerungsdokumente
  • Leit-/Richtlinien: Branchen- oder firmenspezifische Standards müssen eingehalten werden
  • Managementstil: Formaler und bürokratischer Stil; informeller Austausch mit einigen Lieferanten; ab und zu politische Problem oder Problem in der Zusammenarbeit der verschiedenen Organisationen; Hauptfokus auf Anforderungen, Design und Integration des Systems
Was bedeutet das für das Scrum-Projekt und den Vertrag? Darüber schreibe ich im zweiten Teil.

Anmerkungen:

  •  /1/ Shenhar, Aaron J. ; Dvir, Dov: Reinventing Project Management : The Diamond Approach To Successful Growth And Innovation. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press, 2013.


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Agile Sternbilder: Die Entdeckung kosmischer Agilitäts-Superkräfte

Hast du dich je gefragt, ob dein Sternzeichen deine Fähigkeiten in einer agilen Arbeitsumgebung beeinflusst? In diesem Blogpost tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Astrologie und ihre mögliche Verbindung zu modernen Arbeitsweisen. Entdecke, wie die Sterne deine agilen Stärken prägen könnten. Ob überzeugter Agilist oder neugieriger Sternzeichenliebhaber – dieser Artikel kann dir neue Perspektiven eröffnen und vielleicht sogar dein nächstes Teamprojekt inspirieren!

Den passenden Job finden

Hier teile ich, wie ich daran arbeite, endlich den richtigen Job zu finden. Kleingedrucktes: Dieser Artikel richtet sich (natürlich) an jene, die gerade in der luxuriösen Position sind, dass sie nicht jedes Angebot annehmen müssen. Anstatt von Engagement zu Engagement zu hetzen und frustriert zu sein über Konzernstrukturen, fehlende Ausrichtung und die Erkenntnis, dass in einem selbst beständig die Hintergrundfrage nagt, ob es das ist, womit man seine immer knapper werdende Lebenszeit wirklich verbringen möchte, gibt es manchmal auch die Möglichkeit, die nächste berufliche Station etwas nachhaltiger auszusuchen - auch, um tatsächlich (etwas) mehr beitragen zu können.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Gemeinsam eine Anwenderdokumentation erstellen

Unternehmenssoftware ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Anwenderinnen und Anwendern, den Unternehmensprozessen und den Ergebnissen. Normalerweise schreibt der Hersteller der Software die Dokumentation für diejenigen, die die Software benutzen. Wenn die Software allerdings stark angepasst wurde, muss die Dokumentation von denen kommen, die die Prozessmaschine am besten verstehen - den Anwenderinnen und Anwendern. Wie könnte man das praktisch machen?

Der Softwareeisberg, die Softwarepyramide - Wie sprechen wir über neue Software?

Software ist aus den Geschäftsprozessen vieler Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Sie verwaltet Kunden- und Produktdaten. Sie automatisiert Abläufe und verhindert Fehler. Aber Software veraltet. Was machen wir, wenn wir Unternehmenssoftware erneuern müssen? Von den ersten Konzepten bis zum ersten Release ist es ein weiter Weg, mit vielen Entscheidungen. Wie sprechen wir über diese Entscheidungen?