Direkt zum Hauptbereich

In Memoriam Stephan List (1959-2024)

Am 29.01.2024 starb ganz unerwartet unser lieber Freund Stephan List aus Ravensburg.

Stephan war für mich ein Pionier des Internets in Deutschland. Und ein Vorbild. Aber nicht nur wegen des Internets. Mit Stephan verband mich die Leidenschaft zur Frage, wie Zusammenarbeit besser, produktiver, effektiver, effizienter und gleichzeitig vor allem auch: menschlicher organisiert werden kann.   

Ich weiß nicht, wann ich das erste Mal Stephans Toolblog gelesen habe. Als ich ihn aber entdeckte, habe ich fast täglich seine Nachrichten über Zeit- und Selbstmanagement, über GTD und die neuesten Werkzeuge dafür gelesen. Was mir von Anfang an auf- und gefiel, war, dass Stephan immer mit Bescheidenheit und Respekt schrieb.

Stephan List

Irgendwann habe ich meinen ganzen Mut zusammengenommen und ihn kontaktiert. Doch es sollte noch Jahre dauern, bis wir uns das erste Mal persönlich begegneten. Im April 2018 begleitete Stephan mich dann zu einem Scrum-Training in Berlin. Und im selben Jahr sah er sich dann - neugierig aufgeschlossen, wie er nunmal war - sogar den Scrum Day aus der Nähe an. 

Und er nutzte gleich auch die Chance, mir fundiert einen Spiegel vor meine agile Nase zu halten: Vieles von dem, was an diesem Scrum Day in Sachen Coaching besonders hervorgehoben worden war, war für die erfahrenen Hasen - wie Stephan eben einer war - längst gängige Praxis.

Im März 2019 besuchte ich Stephan und seine Frau in Ravensburg, um das zu tun, was man mit Stephan besonders gut tun konnte: Tiefgreifend über Gott, die Welt und jede Menge organisatorische Sach- und Fachgebiete philosophieren. Denn er war ein wacher, interessierter, belesener, anregender und inspirierender Gesprächsparter. 

Es war immer ein schöner Austausch mit Stephan, was daran lag, das er Menschen auf Augenhöhe begegnete, Augenzwinkern mit eingeschlossen. Und obwohl er beneidenswert viel wusste und konnte, blieb er stets bescheiden. Niemals wäre es ihm in den Sinn gekommen, belehren oder gar bekehren zu wollen. 

Vermutlich lag das an Stephans Vorstellung von Wissen. So hat er Bücher nicht einfach nur gelesen. Er hat sie verarbeitet. Bei allen Dingen, die er anging, hatte er einen hohen Anspruch. So auch an sich selbst.

Vor ein paar Jahren hat er sich nach einer langen aktiven und erfolgreichen Laufbahn aus dem  Berufsleben zurückgezogen. Sein Herz machte ihm und seiner Familie immer wieder Sorgen. Nun wollte er es ruhiger angehen lassen. 

Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es ohne Stephan und seine Inspirationen unseren Teamworkblog wohl nicht gäbe. Er war jemand, dem Diskussion und Austausch wichtig war. Deshalb haben ihm auch die Vielfalt und die Möglichkeiten in den verschiedenen Ecken des Internets so sehr gefallen. Ein Grauen waren ihm laute Marktschreier, die andere übertönen und keinerlei Interesse am Dialog und am gemeinsamen Lernen und Gestalten haben.

Stephan starb völlig überraschend vor ein paar Tagen im Urlaub. Er hinterlässt seine Frau, zwei erwachsene Töchter und zwei Enkelkinder. 

Stephan, wenn es einen Himmel gibt, kannst Du dort jetzt endlich so ausführlich Gitarre spielen, wie du willst! Jeder Griff und jedes Stück wird Dir nun gelingen. Eure alte Katze sitzt Dir zu Füßen. Du wirst dort viel Zeit zum Diskutieren haben. 

Mensch, wir vermissen Dich!


-------------------------------------------

Lieber Jan,
Danke dir für diesen schönen und treffenden Nachruf, dem ich mich aus vollem Herzen anschließe: Mensch, wir vermissen Dich!
Edgar

------------------------------------------


Kommentare

  1. Jans Schilderung von Stephan ist auch genauso, wie ich ihn erlebt habe. Bei mir waren es die PMCamps und natürlich Stephans Toolblog, Bescheidenheit und Wertschätzung. Mach es gut, alter Junge!

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.