Direkt zum Hauptbereich

Bin ich selbst die Ursache für Probleme?

Von Führungskräften und Beratern wird erwartet, alle möglichen Probleme zu lösen. Aber was ist, wenn Führungskraft oder Berater selbst die Ursache für Probleme sind? Wie kann ich das selbst herausfinden?

Hinweis: Am 18.-19.09.2018 findet in Karlsruhe unser Seminar zum Aufsetzen von Scrum-Projekten statt. Mehr auf der Webseite von CST.

Sind die anderen wirklich "schuld"?

Es gibt einen bestimmten psychologischen Schutzmechanismus. Er führt dazu, dass wir uns immer selbst recht geben bzw. dass wir unser Verhalten immer rational begründen können.

Nehmen wir an, es gibt ein Problem. Ich als Berater denke, ich habe die richtige Lösung und das Verhalten der anderen muss korrigiert werden.

Wenn wir die Wahrscheinlichkeiten betrachten, gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder die Ursache liegt wirklich bei den anderen oder auch nicht. Es könnte auch sein, dass ich selbst die Ursache für das Problem bin oder auch nicht. Damit ergibt sich die folgende Tabelle und verschiedene Fälle.
Tabelle 1: Wahrscheinlichkeitsbetrachtung
  • Fall 1: Weder mein Verhalten noch das der anderen ist die Ursache für das zu bearbeitende Problem. Die Lieblingssituation für Politiker.
  • Fall 2: Die Ursache liegt ganz klar bei den anderen. Die Lieblingssituation für Führungskräfte und Berater.
  • Fall 3: Die Ursache liegt ganz klar bei mir selbst. Die Lieblingssituation für Mitarbeiter.
  • Fall 4: Das Problem wurde gemeinsam erzeugt.
  • (Fall 5: Es gibt überhaupt keine Ursache für das Problem.)
Wie wahrscheinlich ist es also, dass ich mit meiner Vermutung richtig liege?
  • Bei einer Gleichverteilung der Möglichkeiten liege ich nur in 1/4 (oder 1/5) der Fälle richtig. 
  • In 2/4 (oder 2/5) der Fälle müsste ich mich selbst fragen, was mein Beitrag zur aktuellen Situation ist. 
  • In 2/5 der Fälle könnte es eine andere Ursache sein, wobei ich nicht sicher sein kann, ob es überhaupt eine eindeutige Ursache gibt.
Rein statistisch betrachtet ist die Vermutung "Ich habe die Lösung für das problematische Verhalten der anderen" in 75-80% der Fälle falsch.

Das ist jetzt blöd. Jetzt muss ich ja doch mal nachdenken. (Eine Möglichkeit wäre natürlich, die Gleichverteilung in Frage zu stellen.) Den Umgang mit Fall 2 beherrschen wir gut. Interessanter sind nun die Fälle 3 und 4.

Wie finde ich heraus, ob ich die Ursache bin?

Im Roman "Der Maulkorb" wird ein Staatsanwalt damit beauftragt, einen Fall von Majestätsbeleidigung aufzuklären. Allerdings war der Staatsanwalt selbst der Übeltäter. Nur kann er sich nicht mehr erinnern. Und die Zeugen äußern sich auch nicht direkt, weil sie unterschiedliche Interessen haben.

Viele Führungskräfte befinden sich in einer ähnlichen Situation. Sie können sich nicht mehr bewusst daran erinnern, welche Weichen sie in der Vergangenheit gestellt oder welche Entscheidungen sie nicht getroffen haben. Sie können nicht andere Menschen im Unternehmen fragen, weil diese vielleicht andere Interessen haben. Zudem könnte ein Machtgefälle zwischen Führungskraft und Mitarbeiter verhindern, dass der Mitarbeiter die volle Wahrheit sagt.

Bei Lean Thinking und bei Scrum berufen wir uns auf die Empirie. Wir machen Experimente und sammeln Daten. Wir treffen Annahmen, verändern etwas und sehen wieder auf die Daten. Entweder bestätigen sie die Annahmen oder wir müssen unsere Annahmen überprüfen. Ich nenne das die Feedbackmaschine. Beim Verkauf von Produkten oder beim Messen von Durchlaufzeiten geht gut. Aber wie sieht es bei Organisationsstrukturen aus?

Fangen wir bei unseren Annahmen an und ändern Strukturen

Unsere Organisationskultur und unsere Strukturen beruhen auf Annahmen. Der erste Schritt zum Lernen ist, sich seine Annahmen bewusst zu machen. Führungskräfte und Berater arbeiten oft auf Basis der Annahme "Ich muss hier die Probleme lösen".

Diese Annahme würde ich in Frage stellen. Wieso muss ich die Probleme lösen? Warum ist mir wichtig, dass ich die Probleme lösen muss? Ist ein Problem ein Problem oder eine Verbesserungschance? Was ist das Problem an Problemen? Wieso ist es unangenehm, Probleme zu haben.

Das Beobachten von Sprech- und Beziehungsmustern hilft uns dabei /1/. Welche Worte benutze ich, welche die anderen? Wie hoch ist mein Redeanteil? Wie reagiert mein Gegenüber? Welches Feedback gibt mir mein Gegenüber durch seine Sprache, Mimik und Gestik? Mit wem und mit wie vielen Leuten treffe ich mich? Wann? Wie häufig? Dahinter stecken Annahmen.

Da wir die Kultur im Unternehmen nicht einfach so ändern können, müssen wir die Strukturen testen /2, 3/. Kleine strukturelle Änderungen können dabei helfen, Feedback zu bekommen.

Hinweis: Am 18.-19.09.2018 findet in Karlsruhe unser Seminar zum Aufsetzen von Scrum-Projekten statt. Mehr auf der Webseite von CST.

Anmerkungen


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Profi-Tools im Windows-Explorer

Haben Sie bei der Urlaubsvertretung sich manches Mal geärgert, wenn Sie Dateien gesucht haben, die ein Teammitglied abgelegt hat? Die Suche im Explorer funktioniert tadellos, aber manchmal sollte man den Suchbegriff noch ein bisschen genauer fassen können. Z.B. mit UND oder ODER oder NICHT... Das geht so einfach, dann man von alleine kaum drauf kommt:

6 Tabletten, mit denen ihr euer SAP-Team jeden Tag gesünder macht

Montagmorgen. Das erste Meeting. Eigentlich sollten alle entspannt aus dem Wochenende kommen. Oder? Nicht wirklich. Freitag war kein guter Tag im Projekt. Die Deadline wurde zum zweiten Mal gerissen. Dementsprechend ist die Stimmung heute … kacke. Keiner will schuld sein. Claudia weiß genau, woran es lag: Peter hat die funktionale Spezifikation nicht früh genug fertig gehabt. Sie konnte demnach nicht früh genug mit der Entwicklung starten. Und Peter sieht die Schuld bei dem anderen Team. Er sei schließlich abhängig von denen gewesen. Und schon geht es los: das „Im-Kreis-der-Rechtfertigungen-drehen“. Statt Lösungen zu finden, wird hier nach noch mehr Problemen gesucht.  Diese Projektsituation habe ich leider schon häufig in SAP-Implementierungsprojekten erlebt. Ich kann das mittlerweile schwer ertragen. In meinen ersten Projekten habe ich, offen gestanden, noch oft gedacht: „Vielleicht müssen wir das Problem noch genauer analysieren.“ Heutzutage sehe ich das ganz anders. Ich habe ke...

Was macht ein agiles Project Management Office (PMO)?

Was macht eigentlich ein Projektmanagementoffice, insbesondere wenn es auch agile Projekte in der Organisation gibt? Muss man es abschaffen, wenn alle Projekte agil umgesetzt werden? Was machen die Personen, die im PMO tätig sind? Hier ist ein Vorschlag für eine agile Ausgestaltung eines PMO.

Scrum: eine Zeitleiste der Ideen

Das erste Scrum-Team wurde im Jahr 1993 gegründet. Aber die Ideen dahinter folgen einer längeren Tradition. In diesem Beitrag stelle ich eine Zeitleiste vor.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt?