Direkt zum Hauptbereich

E-Mails müssen DOCH abgelegt werden

Im Netz tauchten in letzter Zeit Beiträge auf, die sich gegen das Ablegen von E-Mails aussprechen. Wenn man nur den individuellen Umgang mit elektronischen Nachrichten betrachtet, ist das auch in Ordnung. Aber E-Mails lösen Prozesse aus und steuern Vorgänge. Teams müssen diese Vorgänge bearbeiten und abschließen. Wenn E-Mails in persönlichen Postfächern verwaltet werden, erhöht sich der Koordinationsaufwand. Deswegen folgt hier mein Plädoyer für das Ablegen von E-Mails in einer gemeinsamen Ablage.

Ich möchte keine gut gemeinte Ratschläge geben, wie jemand mit seinen persönlichen E-Mails umgeht. Während mein Postfach bei der Arbeit immer aufgeräumt (und ziemlich leer) ist, enthält mein GMail-Postfach momentan 5.760 Nachrichten (unsortiert, keine Ordner, keine Labels). Diese E-Mails zu sortieren und abzulegen kostet mich zuviel Zeit. Dazu passen die Beiträge von Stephan List (/1/), Michael Linenberger (/2/) und Dave Johnson (/3/).

Forscher von IBM Research haben sich die Mühe gemacht, 345 Anwender längere Zeit im Umgang mit E-Mails zu beobachten (/4/). Sie haben dabei über 85.000 Einzelaktionen ausgewertet. Auch sie kommen zu dem Schluss, dass es Zeitverschwendung sei, E-Mails in (E-Mail-) Ordnern abzulegen.

Bin ich mit meinem Ablagefimmel vielleicht auf der falschen Spur?

Ich denke nicht, denn in dieser IBM-Studie gibt es in der Zusammenfassung (/4, PDF-Seite 9/) einen interessanten Wunsch zur Verbesserung von E-Mail-Programmen (und Wünsche passen ja zur Jahreszeit):
One could use clustering techniques from machine learning to organize the inbox into ‘superthreads’ by combining multiple threads with overlapping topics, using techniques similar to [Automatically classifying emails into activities].
Das bedeutet, dass alle E-Mails, die zu bestimmten Aktivitäten (besser zu bestimmten Vorgängen) gehören, auch zusammen angezeigt werden. Das E-Mail-Programm soll damit den Kontext aufbereiten. Hah, also brauchen wir wohl doch eine Klammer um E-Mails.

Wenn eine solche Klammer fehlt und auch noch mehrere Personen an einem Vorgang arbeiten, beschäftigt sich das Team überwiegend damit, den aktuellen Status und die offenen Aufgaben herauszufinden. Man kann das ganze noch verschlimmern, indem man mehrere Systeme nutzt: Ticketing-System für Kundenaufträge, persönliche Postfächer, persönliche Ablage für Word- oder Excel-Dokumente, ggf. ein Teamlaufwerk. Das bedeutet, dass Sie in vier Systemen nach einer bestimmten Information suchen müssen.

Wenn Sie in einem System nichts finden, hoffen Sie im anderen System fündig zu werden. Und wenn Sie eine Information gefunden haben, sind sie nicht sicher, ob das wirklich die aktuelle Version ist. Was machen Sie? Sie rufen die Kollegen an oder bitten per E-Mail um Hilfe (/5/).

Wundern Sie sich noch, dass Sie zu nichts mehr kommen?

Also bitte: E-Mails raus aus den persönlichen Postfächern und rein in die gemeinsame Ablage zu den anderen Dateien (/8/).

Was hat das Team davon?
  • Jeder spart Zeit, weil er nur an einem Ort suchen muss.
  • Wenn ich selbst den Status erfahren will, lese ich mir einfach die letzten E-Mails durch, die abgelegt wurden. Dann muss auch keine eine Statusliste führen.
  • Die offenen Punkte stehen in einer Datei zum Vorgang. Man kann sich selbst die nächsten Aufgaben holen und muss nicht auf die nächste Besprechung warten.

Sie brauchen natürlich eine gute Ordnerstruktur und Absprachen im Team. Wenn Sie lernen möchten, wie das geht, lesen Sie zum Beispiel das Buch von Wolf zur prozessorientieren Ablage (/9/). Naja, gegen Beratungsaufträge (www.commonsenseteam.de) wehren wir uns sicher nicht :-).

 

Sie wollen mehr über die gemeinsame Ablage lernen? Dazu gibt es eine Überblicksseite, die wichtige Artikel aus diesem Blog in eine Reihenfolge bringt.

Anmerkungen

Kommentare

  1. Ivan Blatter hat einen Beitrag zu diesem Thema veröffentlicht. Aus seiner Sicht ist es einfacher, mit nur einem Archivordner zu arbeiten. Mit der Suche wird man schon alles finden. Für die private Ablage stimme ich zu, für die Ablage im Team nicht. Hier der Link zu Ivans Artikel: http://www.blatternet.de/e-mail-ablage/

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Teamleitungen gesucht

Was macht Teams erfolgreich? Kann man das lernen? Ab Herbst starten unsere Kurse für aktuelle und künftige Teamleitungen. Jetzt gibt es die Gelegenheit, den Kurs zu testen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Microsoft Copilot - Notebook, Pages, Agents und mehr

Es tut sich sehr viel an der Copilot Front. Gefühlt entwickelt Microsoft mit aller Kraft die KI-Anwendung weiter. Mit dem letzten Update hat sich die Microsoft-Startseite stark verändert. Hier zeige ich, was sich hinter all den Begrifflichkeiten verbirgt und was davon alltagstauglich ist.

Nachschau zum Lean Coffee-Spezial "Agil einfach machen" (Interaktive Buchvorstellung)

Bei unserem Lean Coffee-Spezial Ende Mai waren wir von Lean Coffee Karlsruhe/Frankfurt Zeugen einer Buchvorstellung, doch nicht nur das – natürlich gab es auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an eigener Aktion, denn bei unseren Spezialterminen ist traditionell „Teilgabe“ angesagt. Das Autorenduo Christian Baron und Janick Oswald zeigte uns, was es mit „Agil einfach machen“ auf sich hat.  

Wenn es mal gerade etwas schwierig bei Kund:innen wird… Zwei Fragen, die uns helfen, unsere Strategie mit unseren Kund:innen abzusprechen.

Seit 2024 organisieren Bob Galen und ich eine Masterclass für agile Coaches. Wir möchten die Ausbildung von agilen Coaches verbessern und ihnen Techniken mitgeben, mit denen sie bei ihren Kund:innen etwas einfacher haben. Bisher haben wir in vier Durchgängen mit jeweils 14 Modulen ungefähr 70 Extraordinarily Badass Agile Coaches ausgebildet (/1/). In diesem Blogpost möchte ich ein paar Erfahrungen und simple Techniken aus der Masterclass teilen, wie wir unsere Strategie besser abstimmen können. Sie beschränken sich nicht auf agiles Coaching – das ist nur das Setting.

Schätzungen sind schätzungsweise überschätzte Schätze

"Wer viel misst, misst viel Mist." Zumindest ist diese Gefahr gegeben. Entweder misst man z. B. Mist, weil man zu früh zu KPIs zur Messung von Ergebnissen greift, oder aber man greift zu den falschen KPIs, die gar nicht das messen, was man wissen möchte. Einst war agiles Arbeiten der alternative Ansatz, aber inzwischen gibt es auch für einige Details dessen, was in Konzernen als "agil" praktiziert wird, einleuchtende alternative Ideen, die bis heute noch nicht so richtig auf die große Bühne vorgedrungen zu sein scheinen. 

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.