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Meetings in Scrum Teams: Mehr Fokus, weniger Kontextwechsel

 

Meetings in Scrum Teams: Mehr Fokus, weniger Kontextwechsel 

„Wir arbeiten agil“ – das bedeutet für viele von uns: Daily Stand-up am Morgen, dann Refinement, dazwischen eine Demovorbereitung, später noch ein kurzes Scrum of Scrums (SoS) und am Nachmittag ein Community-Meeting. Gleichzeitig soll ich an meinen Sprint-Aufgaben arbeiten. Wenn dir diese Situation bekannt vorkommt, les dir gerne meinen Beitrag an. Hier sprechen wir über den Einfluss von häufigen Kontextwechseln auf die Arbeit in agilen Teams und zeigen Best Practices, um diese Wechsel zu minimieren. Viel Spaß & Let’s grow, Michi. 


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Foto von Matt Bero auf Unsplash

Wie viele Meetings sind (zu) viele? 

In vielen Scrum-Teams finden alle zwei Wochen die Termine begleitet von den Daily Meetings nach der Theorie statt. Doch ein ehrlicher Blick in die Kalender zeigt - in der Praxis kommen häufig weitere Meetings hinzu: zusätzliche Refinements, Feedback-Auswertungen, Zwischendemos, Vorbereitungs-Slots für Demos, Estimations, Gespräche mit Funktionären in der Organisation, Klärungstermine mit anderen Teams oder den Austausch in Communities. All diese Termine haben für sich gesehen einen Wert, jedoch führt ihre Häufigkeit oft zu einem Problem: Meetings, Meetings, Meetings. Ein Indiz hier ist es, wenn man in Dailys Aussagen hört wie diese hier: „Heute habe ich einen Plattform-Austausch, dann SoS, später noch den Refinement-Termin und danach einen Slot für die Klärung mit dem API-Team.“ Solche Tage bestehen aus viel Kommunikation, aber wenig fokussierter Arbeit. Aus meiner Erfahrung erleben viele Teams dadurch täglich mehr als vier Kontextwechsel allein durch Meetings. Die „fokussierte Arbeitszeit“ der Entwickler (ganze Stunden ohne Unterbrechung) beträgt dann oft weniger als vier Stunden pro Tag.
 Neben Meetings gibt es auch Kontextwechsel, die aus der Planung des Arbeitsflusses im Team und durch die Anforderungen der Organisation entstehen. Alle drei Bereiche bieten häufig Potenzial für Optimierungen. 

Warum sollten Kontextwechsel reduziert werden?

Diverse Studien und Theorien belegen, dass Multitasking die Effektivität mindert. Hier ein paar Hintergründe hierzu. Ich habe im Anhang ein paar Quellen angehängt, die sich mit diesen Themen detaillierter beschäftigen, hier lediglich eine kurze Übersicht.

„Thinking, Fast and Slow“ – Daniel Kahneman: Dieser Klassiker beschreibt, wie unser Gehirn bei komplexen Aufgaben langsamer und weniger präzise wird, wenn wir häufig zwischen verschiedenen Themen wechseln. Für agile Teams bedeutet dies, dass jeder Kontextwechsel Effizienz und Qualität der Arbeit beeinflusst. 
„Get Shit Done“-Kultur: Der Wert von fokussierter Arbeitszeit zeigt sich besonders in einer Kultur, die auf produktives Arbeiten und das Erledigen konkreter Aufgaben ausgerichtet ist. Teams, die regelmäßig zwischen Themen springen, verlieren diesen Fokus leicht. Teams die Themen fokussiert wegarbeiten und sich nicht ablenken lassen haben eine hohe Performance. 
Little’s Law: In der Prozessoptimierung beschreibt diese Theorie, dass weniger gleichzeitige Aufgaben den Durchsatz erhöhen. Ein klar strukturierter, fokussierter Arbeitsfluss ist daher effizienter und reduziert Verschwendung durch Multitasking. 

Wie lassen sich Kontextwechsel reduzieren? 

Um Kontextwechsel zu minimieren und mehr fokussierte Arbeitszeit zu schaffen, sollten verschiedene Prozesse und Strukturen im Team durchdacht werden: 

Optimierung organisatorischer Prozesse: Hier hilft es, Routinetätigkeiten in einem festen Block zu bündeln – z.B. von 7:45 bis 8:15 Uhr für Dinge wie Stundenerfassung, Urlaubsbuchungen, E-Mails lesen , Fortbildungen oder Mitarbeitergespräche. Ein klar strukturierter Ablauf und Automatisierungen für wiederkehrende Aufgaben schaffen hier Erleichterung und sparen wertvolle Zeit für fokussierte Aufgaben. Besonders „unbeliebt“, aber effektiv ist es oft „Dinge wegzulassen“. 

Effiziente Meeting-Organisation: Ein wertvoller Ansatz ist das Experimentieren mit flexiblen Open-Space-Slots direkt nach dem Daily. Die Dailys selbst bleiben kurz und sind stark auf die Entwicklung fokussiert, doch in der anschließenden 30-Minuten-Timebox können Teamthemen diskutiert werden. So bleibt das Daily effizient, während es Raum für Diskurse gibt, ohne den Tag mit Meetings zu überfrachten. Es zeigt sich oft als Best Practice größere Themen aus dem Daily auszulagern. Der Scrum-Guide Hardliner wird hier sagen „Das steht aber nicht im Scrum Guide“ – aus der Praxis kann ich euch sagen, dass funktioniert und eher untypisch ist komplexe Fragestellungen in den 15 Minuten zu klären und gleichzeitig die Ziele des Daily Standups zu erreichen. 

Strukturierung des Arbeitsflusses: Methoden wie Kanban mit Work-in-Progress (WIP) Limits und das gezielte Einsetzen von Pair Programming können Teams dabei helfen, ihren Arbeitsfluss zu optimieren bzw. die Anzahl paralleler Arbeit zu minimieren. Service Level Expectations für Teile des Workflows können Bottlenecks auflösen. Begrenzte parallele Arbeit reduziert die Notwendigkeit für Kontextwechsel und fördert eine produktive „One-Piece-Flow“-Struktur. 

Fazit 

Durch eine Analyse von Kontextwechseln und fokussierter Arbeitszeit lassen sich oft beträchtliche Effizienzgewinne erzielen. In einem Team konnte durch den oben beschriebenen Ansatz die fokussierte Arbeitszeit von etwa 3,5 auf bis zu 7 Stunden täglich gesteigert werden – mit spürbar positiver Auswirkung auf die Team-Ergebnisse. Ich freue mich aufspannende Diskussionen zu diesem Thema! Melde dich gerne, wenn du mehr über effiziente Teamstrukturen erfahren möchtest! Michael Thiel Agile Gardeners GmbH 

Anhang




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