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Zuhören: eine wichtige Fähigkeit für Scrum Master (4 Bücher zum Einstieg)

Sind Sie ein Experte/eine Expertin oder ein Coach? Was ist der Unterschied? Als Experte wollen wir anderen helfen, mit unserer Kompetenz ein Problem zu lösen. Als Coach hören wir nur zu und provozieren die Lösung durch Fragen im Kopf des Gesprächspartners. Scrum Master brauchen beide Fähigkeiten. Ich erkläre anderen sehr gern die Welt (gerade hier im Teamwork-Blog). Aber das hilft selten. Zuhören und Fragen stellen ist viel schlauer. Ich habe 4 Bücher zu diesem Thema ausgewählt. Und bei einem sind die Empfehlungen auch empirisch belegt.

Es gibt unterschiedliche Arten des Zuhörens

Es gibt verschiedene Stellen, in denen beschrieben wird, dass wir unterschiedlich zuhören. Henry und Karen Kimsey-House stellen zum Beispiel in ihrem Buch über Co-Active Coaching drei Stufen vor /1, Chapter 3/.
  • Stufe 1: Ich höre zu, um das Gehörte mit meiner Welt zu verbinden. Bei allem, was ich höre, liegt die Aufmerksamkeit stets bei mir selbst. Wenn Sie, liebe Leserin/lieber Leser, jetzt mit mir reden, würde ich bei allen Worten darauf achten, wie ich in das Gespräch einsteigen kann:  "Sie waren in der Krummhörn? Ich auch. Also da kann ich Ihnen eine Geschichte erzählen ..."
  • Stufe 2: Hier liegt mein Fokus beim Gesprächspartner. Wir stecken unsere Köpfe zusammen und sind in ein Gespräch vertieft. Wir nehmen unsere Umgebung nicht wahr. Ich vermittle dem Gesprächspartner, dass ich für ihn (und nicht nur für ein Problem) Zeit habe. "Sie waren in der Krummhörn? Das ist ja interessant. Erzählen Sie mehr. Wie haben Sie es dort empfunden." Die Autoren von Co-Active Coaching sprechen eine Warnung aus: wenn ich beim Zuhören nur daran denke, welche schlaue Frage ich dem anderen stellen kann, bin ich wieder auf Stufe 1.
  • Stufe 3: Jetzt habe ich all meine Antennen ausgefahren. Ich nehme nicht nur die Worte des anderen, sondern noch viel mehr wahr. Ich lese den Raum, ich spüre die feinen Signale, meine Intuition meldet sich. "Sie waren in der Krummhörn? Ich habe das Gefühl, dass Sie zuerst gar keine Lust hatten, dort hinzufahren. Aber dann scheint etwas sehr wichtiges für Sie passiert zu sein."
Ich muss immer wieder üben, mich mit Ruhe auf den anderen einzulassen. Dabei kann man so viel erfahren. Das ist das Thema des nächsten Buches.

Jeder hat etwas zu sagen

Das Buch Time to Think von Nancy Kline habe ich schon einmal erwähnt /2/. Ihr Anliegen ist es, ein Umfeld zu schaffen, in dem jeder etwas sagen darf. Sie schreibt: "Mir ist keine einzige Person [...]bekannt, die - unter den richtigen Bedingungen - keine interessanten und wichtigen Dinge zu sagen gehabt hätte." /3, Pos. 410/

Aber warum fällt es uns so schwer, die Klappe zu halten? Dazu habe ich im nächsten Buch einen guten Hinweis gefunden.

Wir reden automatisch

William R. Miller und Stephen Rollnick haben ihre Erfahrungen zur Motivierenden Gesprächsführung mittlerweile in der dritten Auflage zusammengefasst /4, 5/. Es ist ein Buch für Therapeuten. Einer ihrer Fragen war, warum so viele (Gesprächs-) Therapien früh abgebrochen werden. Sie haben die Gespräche zwischen Therapeuten und Klienten beobachtet und festgestellt, dass die Experten einen Korrektur-Reflex haben /5, Pos. 269/. Experten wollen anderen helfen und etwas in Ordnung bringen. Wenn sie sehen, dass der Klient in eine vermeintlich falsche Richtung geht, wollen sie dies korrigieren. Gute Therapeuten wissen, dass sie einen Korrektur-Reflex haben und beißen sich auf die Zunge. Sie haben eine bessere Art der Gesprächsführung gefunden, um den Klienten ins Handeln zu bringen.

Ich finde das Buch von Miller und Rollnick vor allem deshalb gut, weil die Autoren mit anderen Wissenschaftlern zusammen gearbeitet haben, um die Wirkungsweise ihrer Gesprächsführung zu überprüfen.

Dieses Buch geht viel tiefer als die anderen und setzt für mich wichtige Begriffe nach vorn, mit denen ich sofort etwas anfangen konnte. Es ist aber auch das umfangreichste und braucht einiges an Zeit für das Lesen.

Wie können wir zu besseren Zuhörern werden? Einen schnellen Einstieg hat der nächste Autor für uns parat.

Die Coaching-Gewohnheit

Michael Bungay Stanier hat eine kurze Anleitung geschrieben. Er spricht von der Coaching Habit, also davon, sich anzugewöhnen, Fragen zu stellen. Dazu hat er sich sieben Fragen zurecht gelegt:
  • Was beschäftigt Dich gerade?
  • Und was noch?
  • Was ist die eigentliche Herausforderung dahinter?
  • Was möchtest Du?
  • Wie kann ich helfen?
  • Wenn Du zu diesem "Ja" sagst, wozu sagst Du dann "Nein"?
  • Was hast Du gelernt?
In seinem Buch schreibt er mehr zu diesen Fragen und wie sie beim Coaching helfen. Danach hat man Lust, sich mehr mit Coaching zu beschäftigen.

Wenn Sie noch überlegen, welches Buch Sie zuerst lesen wollen, sehen Sie sich mal ein paar Vorträge oder Interviews mit den Autoren an:

Anmerkungen

  • /1/ Kimsey-House, H., Kimsey-House, K., Sandahl, P., & Whitworth, L. (2018). Co-active coaching: Changing business, transforming lives. Hachette UK.
  • /2/ Kline, Nancy: Time to Think : Listening to Ignite the Human Mind. London: Hachette UK, 1999. 
  • /3/ Deutsche Ausgabe: Kline, Nancy: Time to think: Zehn einfache Regeln für eigenständiges Denken und gelungene Kommunikation. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2016
  • /4/ Miller, W. R., & Rollnick, S. (2012). Motivational interviewing: Helping people change. Guilford press. 
  • /5/ Deutsche Ausgabe: Miller, William R. ; Rollnick, Stephen: Motivierende Gesprächsführung. Freiburg im Breisgau: Lambertus, 2015
  • /6/ Stanier, M. B. (2016). The coaching habit: Say less, ask more & change the way you lead forever. Box of Crayons Press.

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