Direkt zum Hauptbereich

Wie Sie mit 5 Whys oder Grundursachenanalyse Ihr gemeinsames Problemverständnis verbessern

Immer wieder merke ich, dass ich bei Diskussionen im Team zu schnell Lösungen vorschlage. Daraufhin enstehen dann weitere Diskussionen, die eigentlich zeigen, dass jeder eine andere Vorstellung vom Problem hat. Wie können wir im Team an einem gemeinsamen Problemverständnis arbeiten? Peter hat in einem Beitrag schon CLDs vorgestellt (/1/). In diesem Beitrag will ich 5 Whys und die Methode Apollo Root Cause Analysis vorstellen.

Gemeinsam Fragen stellen ist immer ein guter Weg, um etwas besser zu verstehen. Bei Toyota hat man die 5-Whys-Methode erfunden. Der Trick ist einfach, sich bei einem Problem nicht mit der ersten Antwort zufrieden zu geben, sondern weiterzufragen. Man fragt also nicht einmal "Warum ist das passiert?", sondern fünfmal. Der Sinn des Fragens ist ja nicht einen Schuldigen zu finden, sondern zu verstehen, wie man einen Fehler beim nächsten Mal vermeiden kann. Im entsprechenden Eintrag bei der Wikipedia finden Sie ein einfaches Beispiel dafür (/2/). In diesem Blogpost will ich aber ein Beispiel von Amazon zitieren, das ich über den englischsprachigen Wikipediaeintrag gefunden habe (/3/).

In einem Auslieferungszentrum verletzt ein Mitarbeiter sich an der Hand. Um besser zu verstehen, wie man solche Unfälle zu Zukunft reduzieren kann, stellt sich das Team folgende Fragen:
  • Warum hat sich der Mitarbeiter an der Hand verletzt? - Weil er mit seiner Hand ins laufende Fließband geraten ist.
  • Warum ist er überhaupt mit seiner Hand ins Fließband geraten? - Weil er seine Tasche schnappen wollte.
  • Warum wollte er seine Tasche schnappen? - Weil er sie auf dem Fließband abgelegt hatte, als es still stand und er nicht damit rechnete, dass es plötzlich anfährt.
  • Warum lag die Tasche auf dem Fließband? - Weil er das Fließband zu der Zeit als Tisch benutzt hat.
  • Warum hat er das Fließband als Tisch benutzt? - Weil es in dem Bereich der Halle keinen Tisch für Taschen gibt.
Im Ergebnis hat Amazon in dem Bereich dann Tische aufgestellt und das Sicherheitstraining überarbeitet.

Eine ausgefeilteres Variante von 5-Whys ist die Methode Apollo Root Cause Analysis, die Dean L. Gano seit Ende der 1970er Jahre zur Analyse von Unfällen in Atomkraftwerken entwickelt hat. Er hat die Methode in einem gut lesbaren Buch beschrieben (/4/). Die Idee ist ganz einfach: Man baut gemeinsam mit Post-its einen Baum von Ursachen und Wirkungen auf. Ganz links steht die Primärursache, die man künftig verhindern will. Rechts davon werden die möglichen Ursachen notiert. Eine Ursache - ein Zettel. Gano hat folgende Annahmen für seine Analyse getroffen:
  • Ursache und Wirkung sind das gleiche, d. h. in einer Kausalkette ist die Wirkung eines Vorgangs gleichzeitig die Ursache für einen anderen Vorgang.
  • Ursache und Wirkung lassen sich unendlich weiterverfolgen
  • Jede Wirkung hat mindestens zwei Ursachen: eine Bedingung und eine Aktion
  • Eine Wirkung tritt erst dann ein, wenn alle Ursachen zur gleichen Zeit und am gleichen Ort zusammentreffen.
Abb. 1. zeigt ein einfaches Beispiel.
Abb. 1: Ein einfaches Ursache-Wirkungsdiagramm
Da jede Ursache die Wirkung einer anderen Ursache ist, wird die Kette wie bei 5-Whys gemeinsam weiter entwickelt. Gano hat einige Spielregeln für einen solchen Problemlösungsworkshop aufgestellt (/4, S. 144/). Einige davon sind:
  • ...
  • Wir halten uns mit Bewertungen bis zur Lösungsphase zurück.
  • Wir werden erst über Lösungen sprechen, nachdem wir das Ursache-Wirkungs-Diagramm erstellt haben.
  • Die besten Lösungen müssen drei Kriterien erfüllen: Sie verhindern eine Wiederholung. Die Lösungen liegen in unserem Einflussbereich. Sie unterstützen uns in unseren Zielen.
  • Wir nehmen uns Zeit für den Problemlösungsprozess.
  • Wir suchen nach Ursachen und ihren Beweisen.
  • ...
Ich erinnere mich an einen Workshop mit zwei Gruppen, in dem jede der anderen die Schuld für bestimmte immer wieder auftretende Fehler gab. Nachdem wir gemeinsam an einer Wand ein großes Ursache-Wirkungsdiagramm entwickelt hatten, wurde allen klar, dass das eigentliche Problem an einer ganz anderen Stelle lag, als wir zu Beginn vermuteten. Das war für das Team eine Sternstunde. (Für mich natürlich auch).

Um dann Lösungen zur Vermeidung zu finden, werden die einzelnen Ursachen rückwärts bearbeitet. Für jeden Zettel suchen wir nach Wegen, diese spezielle Ursache in Zukunft zu unterdrücken. Auf diese Weise entwickelt man viel mehr Ideen, die wenig Aufwand in der Umsetzung bedeuten.

Wer sich für die Apollo-Methode interessiert, sollte sich das Buch von Dean Gano besorgen. Es ist wirklich schnell und gut lesbar.

Anmerkungen

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Klartext statt Konsens - wie Meetings wieder was bewirken

Bessere Kommunikation ist Lippenstift fürs Protokoll. Kennst Du das: Das Meeting läuft, Energie ist da, der Knoten platzt - und jemand sagt: "Wir müssen besser kommunizieren!" Alle nicken. Jemand schreibt's auf. Und was passiert damit?  Nichts . Warum? Weil "besser kommunizieren" keine Handlung ist. Genauso wenig wie: "mehr Verantwortung übernehmen", "offener Feedback geben", "konstruktiver diskutieren", "proaktiver sein", "mehr miteinander reden", "transparenter werden", "Verständnis füreinander zeigen". Alles klingt gut. Aber ohne Klartext bleibt’s ein Vorschlag - nett im Protokoll, aber ohne Effekt auf den nächsten Arbeitstag. Kein konkreter Schritt, keine sichtbare Veränderung. Keiner der's macht. Es ist eine gute Absicht ohne Konsequenz. Wir haben kein Problem Verbesserungen zu identifizieren.   Die wahre Herausforderung ist selten das Finden von Verbesserungen. Es ist das Konkretisie...

Die Profi-Tools im Windows-Explorer

Haben Sie bei der Urlaubsvertretung sich manches Mal geärgert, wenn Sie Dateien gesucht haben, die ein Teammitglied abgelegt hat? Die Suche im Explorer funktioniert tadellos, aber manchmal sollte man den Suchbegriff noch ein bisschen genauer fassen können. Z.B. mit UND oder ODER oder NICHT... Das geht so einfach, dann man von alleine kaum drauf kommt:

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Was macht ein agiles Project Management Office (PMO)?

Was macht eigentlich ein Projektmanagementoffice, insbesondere wenn es auch agile Projekte in der Organisation gibt? Muss man es abschaffen, wenn alle Projekte agil umgesetzt werden? Was machen die Personen, die im PMO tätig sind? Hier ist ein Vorschlag für eine agile Ausgestaltung eines PMO.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Erfahrung mit Vibe-Coding - und warum das keine Teamprobleme löst

Die KI-Werkzeuge zum Erstellen von Werkzeugen für die tägliche Arbeit werden immer besser. Die selbstgestrickten Tools erleichtern die eigene Arbeit. Aber für den Einsatz im Team fehlt noch etwas.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Rebellieren für den Wandel: die 8 Regeln des totalen Stillstandes von Prof. Dr. Peter Kruse

In einem legendärem Vortrag skizzierte Peter Kruse 8 Regeln des totalen Stillstands. Ihm zufolge wurden die Regeln entwickelt, um Managern und Führungskräften dabei zu helfen, Bereiche mit potenziellem Widerstand gegen Veränderungen zu erkennen und Menschen auf strukturierte Weise durch den Veränderungsprozess zu führen.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?