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Beyond project management? – Teil 3, Antworten auf die bisherigen Beiträge

Marcus Raitner lädt auf führung-erfahren zu einer Blogparade (Beyond Project Management) ein. Mit Freude stelle ich fest, dass sich viele an der Diskussion beteiligen. Die verschiedenen Beiträge helfen mir dabei, meine Gedanken klarer zu formulieren.


Seit meinem letzten Kommentar sind elf weitere Beiträge erschienen. Einige Beiträge finde ich etwas zu dünn, nach dem Motto "Die künftige Welt wird etwas friedlicher sein, weil die Menschen Krieg leid sind.". Im Prinzip richtig, aber ich werde das wohl nicht mehr erleben (und dabei bin ich erst 41). Ich denke, dass durchaus einiges in Bewegung ist (Agility, Management 3.0, Evolutionary Teal etc.). Im Rahmen dieser Debatte erwarte ich aber konkrete Schritte. Dazu später mehr. Ein wichtiger konkreter Schritt ist zum Beispiel das PMCamp.

Es gibt unterschiedliche Projekttypen

Ein Thema, dass immer wieder in den bisherigen Beiträgen auftaucht, ist, das Projekte nicht mehr planbar seien. Deswegen helfen die bisherigen Instrumente des Projektmanagements auch nicht mehr weiter und deswegen brauchen wir neue Ansätze.

Dem stimme ich so nicht zu. Es gab und gibt Projekte mit wenig Unsicherheit, die sich gut planen lassen. Aber das ist nur eine Art von Projekten. Wer sich etwas mit den Werken von David Snowden oder Shenhar/Dvir beschäftigt hat, wird feststellen, dass es unterschiedliche Projektprofile gibt. Für bestimmte Profile haben wir ganz gute Instrumente. Diese funktionierten und funktionieren aber nicht für andere Profile. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass Projektmanagement grundsätzlich nicht mehr funktioniert.

Viele Projektmanager, denen ich begegnet bin, haben sich ihr Wissen in der Praxis angeeignet. Das ist gut. Aber das führte auch dazu, dass sie vor allem eine Art von Projekten und Werkzeugen gut beherrschen. Von einem guten Projektmanager erwarte ich, dass er unterschiedliche Projektsituationen erkennt und passende Werkzeuge dazu auswählt.

Peter Webhofer befürchtet in seinem Beitrag, dass die Metadiskussionen und Ideologien doch von den eigentlichen Zielen, Ergebnisse zu liefern ablenken. Das sehe ich auch so. Für mich entstehen diese Diskussionen jedoch dann, wenn ich die Situation nicht mehr verstehe. Wenn ich mit meinem klassischen Top-Down-Planungsansatz in einer Situation mit hoher Unsicherheit scheitere, liegt es nicht daran, dass Projektmanagement tayloristisch ist und ausgedient hat.

Wichtig ist hier aus meiner Sicht "Sehen lernen". Der Vorteil einer PM-Community ist, dass sie diese unterschiedlichen Sichten zusammentragen kann, wenn sie zusammen kommt.

Wir müssen zwischen Organisation und Projekt unterscheiden

Bei Eberhard lese ich folgenden Satz:
"Die Disziplin Projekt-Management versucht den Status Quo zu bewahren: Sie dient dazu aus der sicheren Deckung der hierarchischen Organisation heraus irgendwie etwas Neues zu schaffen, ohne die alten Strukturen zu gefährden."
Das erinnert mich dann die Organisationsgesetze von Craig Larman. Bevor wir jetzt PM-Werkzeuge für altmodisch erklären, sollten wir wissen, dass Organisationen unbewusst so optimiert sind, dass sie Änderungen am Status Quo vermeiden und dass sie nicht am Status der Manager und Spezialisten rütteln. Als Projektmanager zähle ich zu den Spezialisten. Als Führungskraft gehöre ich zu den Managern. Ich bin also Teil des Problems.

Wenn wir über "Beyond Project Management" in unseren Unternehmen diskutieren, sollten wir versuchen, zwischen den Anteilen des Unternehmens und den Anteilen des Projektmanagements zu unterscheiden. Funktioniert mein Projektmanagement nicht, weil die Werkzeuge nicht funktionieren oder funktioniert mein Projektmanagement nicht, weil das Unternehmen eigentlich andere Ziele verfolgt? Das sind unterschiedliche Fragen.

Projekte brauchen Ziele

Ich teile Rolands Meinung aus seinem dritten Beitrag, dass die Ergebnisse aus IT-Projekten immer ganz andere waren, als ursprünglich geplant war. Man könnte daraus ableiten, dass die gemeinsame Reise, die gemeinsame Unternehmung vielleicht die bessere Analogie sei.

In mir ist aber über die letzten Jahre die Erkenntnis gereift, dass diese Projekte von Anfang keine klaren Ziele hatten. Deswegen habe ich die Regel aufgestellt, das Projekte Ergebnisse unter Unsicherheit liefern. Viele Projektteams haben sich irgendwie damit abgefunden, dass nicht klar ist, was herauskommen soll. Während ich in vielen Aspekten gut unterschiedlichen Meinungen zulassen kann, bin ich hier eindeutig: Es ist falsch ein Projekt zu starten, wenn die Ergebnisse nicht klar definiert wurden. Und das ist IMMER ein Führungsthema, nie ein Zeichen mangelnden Projektmanagements.

Ist die Komplexität wirklich gestiegen?

In einigen Beiträgen lese ich, dass die Projektsituationen heute anders als vor X Jahren. Wir sind stärker vernetzt und handeln global.

Ich bin mir da noch nicht sicher, ob das wirklich für die Vielzahl der Projekte gilt. In den meisten Unternehmen, in denen ich Einblicke in die Projektarbeit bekam, versuchen die Mitarbeiter schon von Anfang an,  solche Komplexität zu reduzieren oder Projekte gar nicht erst "aufzublähen".

Bei globalen Projekten habe ich den Eindruck, dass die Unternehmen sowieso andere Strukturen haben. Mit Hilfe dieser Strukturen lassen sich auch globale Projekte ganz gut bearbeiten.

Also, im Allgemeinen stimme ich zu. Bei den meisten Projekten bin ich mir nicht sicher, ob das wirklich so ist.

Was tun?

Ich lamentiere gern über das Übel der Welt. Hat mir leider nicht viel geholfen bisher. Was können wir also konkret tun? Ich halte eine große Innovation im Bereich Projektmanagement für unwahrscheinlich. Es wird keine einfache Lösung geben und es wird keine Lösung geben, die für alle Projektsituationen passt.

Wie in Teil 2 schon gesagt, wünsche ich mir von der PM-Community, dass sie einen Türöffner für diese Diskussion entwickelt. #BeyondProjectManagement ist ein Beispiel dafür. Wie können wir diesen Hashtag im Alltag benutzen, um mit anderen in unseren Projekten über die Gestalt von Projekten reden, ohne dass sich die anderen bedroht fühlen?

Ein anderer Punkt ist, dass wir anfangen Geschichten zu sammeln und weiter zu erzählen. Ich denke an Geschichten von kleinen Experimenten, mit denen wir herausfinden können, was im Projektmanagement wichtig ist. Ihr haltet für PM in Organisationen zu starr? Okay, dann sammelt doch mal die Erfahrungen, in denen Organisationen es geschafft haben, ihre Starrheit zu lockern? Wie haben sie das gemacht? Was war der Auslöser?

Wir führen diese Debatte rational (zumindest ratiomorph). Ich habe gute Erfahrungen mit Spielen (ähem im Businessbereich sind das natürlich Simulationen) gemacht. Können wir solche Spiele sammeln und weiterentwickeln?

Die PM-Community, die zum PMCamp geht, halte ich für so aufgeschlossen, dass sie das ausprobieren möchte und in die Breite tragen kann. Eine GPM (liest Reinhard Wagner mit??) nehme ich im Moment als zu vorsichtig wahr. Wenn man mit den einzelnen Leuten ins Gespräch kommt, sind das sehr interessante und witzige Leute. Aber zunächst scheint jeder sichergehen zu wollen, dass er als Experte angesehen wird. Das finde ich etwas schade.

Noch ein Hinweis zu den Beiträgen von Patrick Koglin, Leo Faltin, Peter Addor, Robert Weißgräber, Tobias Leonhardt, Conny Dethloff, Philip Schilling, Helmut Heppner, Daniel Reinold und Andrea Windolph: Auch wenn ich Eure Beiträge bisher nicht zitiert habe, ich habe sie alle gelesen und sie haben mich alle zum Nachdenken angeregt.

Bitte lesen Sie auch die anderen Beiträge zu dieser Blogparade: http://fuehrung-erfahren.de/2014/09/aufruf-zur-blogparade-beyond-project-management/. Blogparaden sind eine gute Sache, um Ideen auszutauschen. Die Autoren freuen sich über Ihre Kommentare und Likes. 

Kommentare

  1. Wunderbar! Gerade die Frage, ob es Sinn macht, klare Ziele festlegen zu sollen (vielleicht gibt es die ja sinnvoll gar nicht) oder man besser sich (projekt-individuell) Kriterien definiert, an denen man dann laufend den Erfolg des Projektes validieren kann, wäre diskussionswürdig. Aber wahrscheinlich liegt dann auch da die Wahrheit in der Mitte ...

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