Direkt zum Hauptbereich

Agile Praxis: Hilfe, mein Team blockiert!

Als Agile Coaches, Scrum Masters und Führungskräfte sind wir ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, wie wir Teams und Organisationen bei Veränderungen unterstützen können. In diesem Artikel stelle ich Dir ein ein Konzept aus der Psychologie vor, das Dir in deinem Arbeitsalltag helfen kann. Als Sahnehäubchen gibt`s die Top 5 Methoden, mit denen Du diese Fähigkeit aktiv fördern kannst.

Ein Konzept, das dabei hilft: Mentalisierung

Mentalisierung bezieht sich auf unsere Fähigkeit, unsere eigenen Gedanken und Gefühle zu verstehen und gleichzeitig die Perspektiven anderer Menschen zu erkennen. Es ermöglicht uns, soziale Situationen zu verstehen, unsere Emotionen zu regulieren und starke Beziehungen aufzubauen. Die Förderung von Mentalisierungsfähigkeiten unterstützt, um dysfunktionale Teamdynamiken zu steuern, Stakeholder-Bedürfnisse zu berücksichtigen und die menschlichen Aspekte jedes Transformationsprozesses anzugehen. Der Kern des Mentalisierens dreht sich darum, anzuerkennen, dass hinter jeder Handlung ein innerer Zustand steckt - ein Gedanke, eine Wahrnehmung, ein Wunsch oder ein Bedürfnis -, der das Verhalten beeinflusst. Es geht darum, Menschen nicht nur anhand ihres Handelns zu betrachten. Eine komplexe Fähigkeit, die unter Stress oder Konflikten leicht in sich zusammenbrechen kann. 

Bild: Canva Pro

Mentalisierungsfähigkeit hilft uns:

  • Klar zu kommunizieren, indem wir die Perspektiven anderer explizit berücksichtigen.
  • Emotionen produktiv zu managen, anstatt impulsiv zu reagieren.
  • Probleme gemeinsam zu lösen, indem wir alle Perspektiven berücksichtigen.
  • Vertrauen aufzubauen, indem wir Perspektiven in Lösungen integrieren und Bedenken ernst nehmen.
  • Veränderungen zu fördern, indem wir sowohl logische als auch emotionale Anliegen ansprechen.

Förderung agiler Werte

Bild: Canva Pro

Das Implizite offen zu legen und besprechbar zu machen fördert Teams dabei, einen konstruktiven, selbstorganisierten Umgang mit kritischen Herausforderungen zu finden. Die Fähigkeit, sich in die Schuhe anderer zu versetzen und zu erahnen, wie Veränderungen sie auf emotionaler Ebene beeinflussen können, ist entscheidend, um wirkliche Akzeptanz und Mitwirkung zu erreichen. 

Mentalisierung unterstützt die agilen Werte wie Vertrauen, Offenheit und Mut. Teams, die in der Lage sind, unterschiedliche Annahmen und Interpretationen zu diskutieren, ohne sich gegenseitig zu verurteilen, stärken gemeinsames Verständnis und vertrauensvolle Beziehungen. Diese psychologische Sicherheit ermöglicht respektvolles Miteinander und Fokus auf das gemeinsame Ziel.

Für mich ist es äußerst bereichernd, diesen Fortschritt in Teams zu beobachten. Schnell wird sichtbar, wie sie Konflikte konstruktiver angehen und Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Alltägliche Interaktionen wie Daily und Retrospektive werden zu Lernplattformen, nicht nur zu Statusaktualisierungen. 

Bild: Canva Pro

Wie funktioniert Mentalisierung?

Mentalisierung beinhaltet die Fähigkeit, sich in die Gedanken, Gefühle und Absichten anderer Menschen einzufühlen. Es geht darum, die Menschen nicht nur anhand ihres Handelns zu beurteilen, sondern zu erkennen, dass hinter jedem Verhalten ein innerer Zustand steht. Wenn wir mentalisieren, können wir uns in andere hineinversetzen und ihre Perspektiven verstehen.

Wie kann Mentalisierung in der Agilen Praxis angewendet werden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Mentalisierung in der Agilen Praxis angewendet werden kann:

  • Empathie zeigen: Versuchen Sie aktiv, sich in die Lage anderer Teammitglieder zu versetzen und ihre Sicht auf das Geschehen zu verstehen. Nehmen Sie sich Zeit, um zuzuhören. Welche Bedürfnisse und guten Gründe könnten hinter dem Verhalten und dem Gesagten stecken? 
  • Offene Kommunikation: Schaffen Sie einen Raum, in dem Teammitglieder ihre Gedanken und Gefühle frei reflektieren können, ohne Angst vor Bewertung oder Kritik zu haben.
  • Konfliktlösung: Wenn Konflikte auftreten: Probieren Sie einmal, den Konflikt als eigenes "Ding" in den Raum zu stellen. Wie sieht es für Sie aus? Welche Eigenschaften bringt dieses "Konflikt" Ding für Sie mit? Fragen Sie die Teilnehmer, wie sie dieses "Ding" beschreiben würden. 
  • Feedforeward geben: Spiegeln Sie, wie die Situation auf Sie wirkt. Trauen Sie sich auszusprechen, was in Ihnen vorgeht. Sind Sie irritiert? Gelangweilt? Wütend? Spiegeln Sie ihre Annahmen und Erwartungen. Gehen Sie selbst mit bestem Beispiel voran. 
  • Selbstreflexion: Nehmen Sie sich Zeit: wie stehen Sie selbst zur Situation? Wie würden ein Beobachter ihr Verhalten beschreiben?  Überlegen Sie, wie sich Ihre Handlungen auf andere auswirken könnten.

Bild: Canva Pro

Top 5 Empfehlungen aus Liberating Structures: die Mentalisierungs-Booster 

In den Liberating Structures gibt es verschiedene Methoden, die dazu beitragen können, die Mentalisierung zu fördern. Die Mentalisierung bezieht sich auf die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Gefühle und Absichten sowie die anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren. Durch die Anwendung bestimmter Liberating Structures können Teams und Gruppen ihre Mentalisierungsfähigkeiten verbessern und eine bessere Zusammenarbeit erreichen.

Hier sind einige Methoden, die ich zur Förderung der Mentalisierungsfähigkeit empfehlen kann:

1. "Wise Crowds": Bei dieser Liberating Structure werden die Teilnehmer ermutigt, ihr Wissen und ihre Erfahrungen einzubringen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Durch die Zusammenarbeit und den Austausch von verschiedenen Perspektiven wird die Mentalisierung gefördert, da die Teilnehmer lernen, die Gedanken und Ideen anderer zu verstehen und in ihre eigenen Überlegungen einzubeziehen.

2. "Troika Consulting": Bei dieser Liberating Structure arbeiten die Teilnehmer in Dreiergruppen zusammen, um sich gegenseitig bei der Lösung von Problemen oder der Entwicklung von Ideen zu unterstützen. Durch den Austausch von Perspektiven und die Reflexion der eigenen Gedanken wird die Mentalisierung gefördert, da die Teilnehmer lernen, die Gedanken und Ideen anderer zu verstehen und in ihre eigenen Überlegungen einzubeziehen.

3. 25/10 Crowd Sourcing: Diese Liberating Structure ermöglicht es einer Gruppe, Ideen zu generieren und zu priorisieren. Durch die Zusammenarbeit und das Teilen von Gedanken und Perspektiven können die Teilnehmer ihre Mentalisierungsfähigkeiten stärken und ein besseres Verständnis für die Ideen anderer entwickeln.

4. Wicked Questions: Diese Methode zielt darauf ab, tiefergehende Fragen zu stellen, die das Denken und die Reflexion der Teilnehmer anregen. Indem sie sich mit komplexen und herausfordernden Fragen auseinandersetzen, können die Teilnehmer ihre Mentalisierungsfähigkeiten erweitern und neue Perspektiven entwickeln.

5. Appreciative Interviews: Diese Methode ermöglicht es den Teilnehmern, positive Erfahrungen und Erfolge zu teilen und zu reflektieren. Durch das Zuhören und Verstehen der Geschichten anderer können die Teilnehmer ihre Mentalisierungsfähigkeiten in Bezug auf die Gedanken, Gefühle und Motive anderer Menschen schärfen.

Diese Liberating Structures sind nur einige Beispiele, wie die Mentalisierung in Teams gefördert werden kann. 

Also, hab Mut zu experimentieren! Lass Dich von Rückschlägen nicht entmutigen. Höhen und Tiefen gehören zu jeder Transformation. Du bist der Motor des agilen Wandels und deine Leidenschaft wird andere mitreißen.

Quellen: 
  • Wertschätzende Organisationsentwicklung; Reinhold Pabst, David Schneider, Michael Soszynski, Marian Kujau | ISBN 9783527510504 | Erscheinungsdatum 02. Dezember 2020 | 
  • Mentalisieren in der systemischen Praxis; Eia Asen, Peter Fonagy | ISBN 978-3-8497-0469-8 | Erscheinungsdatum 30.05.2023 | Carl Auer Verlag
  • Liberating Structures: Entscheidungsfindung revolutionieren; Daniel Steinhöfer| ISBN 978-3800659296 | Erscheinungsdatum: 28. Juni 2021| Vahlen Verlag 
 






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Klartext statt Konsens - wie Meetings wieder was bewirken

Bessere Kommunikation ist Lippenstift fürs Protokoll. Kennst Du das: Das Meeting läuft, Energie ist da, der Knoten platzt - und jemand sagt: "Wir müssen besser kommunizieren!" Alle nicken. Jemand schreibt's auf. Und was passiert damit?  Nichts . Warum? Weil "besser kommunizieren" keine Handlung ist. Genauso wenig wie: "mehr Verantwortung übernehmen", "offener Feedback geben", "konstruktiver diskutieren", "proaktiver sein", "mehr miteinander reden", "transparenter werden", "Verständnis füreinander zeigen". Alles klingt gut. Aber ohne Klartext bleibt’s ein Vorschlag - nett im Protokoll, aber ohne Effekt auf den nächsten Arbeitstag. Kein konkreter Schritt, keine sichtbare Veränderung. Keiner der's macht. Es ist eine gute Absicht ohne Konsequenz. Wir haben kein Problem Verbesserungen zu identifizieren.   Die wahre Herausforderung ist selten das Finden von Verbesserungen. Es ist das Konkretisie...

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Dateien teilen in Teams - arbeiten in gemeinsamen Dateien

Arbeitest du mit Kolleginnen und Kollegen an gemeinsamen Dateien, die in Teams, aus OneDrive oder SharePoint liegen? Hast du dabei vielleicht kein ganz gutes Gefühl, weil du dir nicht so ganz sicher bist, was mit der Datei tatsächlich passiert? Wer darauf Zugriff hat und wie du das sehen kannst? Dann lies weiter, hier stelle ich dir die wichtigsten Fakten und Einstellungen kurz und knapp vor.

Erfahrung mit Vibe-Coding - und warum das keine Teamprobleme löst

Die KI-Werkzeuge zum Erstellen von Werkzeugen für die tägliche Arbeit werden immer besser. Die selbstgestrickten Tools erleichtern die eigene Arbeit. Aber für den Einsatz im Team fehlt noch etwas.

Wie baut man einen Aktenplan auf?

Ein Aktenplan beschreibt, an welcher Stelle genau ein Team seine Dokumente und Nachrichten ablegt. Aber wie baut man den genau auf?

Wenn Leisten Leistung kostet

Immer. Immer "on". Immer mehr. Immer schneller. Und natürlich: Immer besser. Das ist die Welt, in der wir heute leben. Eine Welt der Dauerleistung. Und die hat ihren Preis: Wir werden schwächer. Sofern wir nicht die Grundlagen guten (Selbst-)Managements beherzigen und Pausen machen. Also zur richten Zeit das wirklich Wichtige tun.

Microsoft Copilot - Notebook, Pages, Agents und mehr

Es tut sich sehr viel an der Copilot Front. Gefühlt entwickelt Microsoft mit aller Kraft die KI-Anwendung weiter. Mit dem letzten Update hat sich die Microsoft-Startseite stark verändert. Hier zeige ich, was sich hinter all den Begrifflichkeiten verbirgt und was davon alltagstauglich ist.

From False Starts to Precision Landing: The Evolution of Requirements Management

Requirements management originated in U.S. rocket programs between 1945 and 1970. A small management trick contributed to the success of the Apollo program.

Die Profi-Tools im Windows-Explorer

Haben Sie bei der Urlaubsvertretung sich manches Mal geärgert, wenn Sie Dateien gesucht haben, die ein Teammitglied abgelegt hat? Die Suche im Explorer funktioniert tadellos, aber manchmal sollte man den Suchbegriff noch ein bisschen genauer fassen können. Z.B. mit UND oder ODER oder NICHT... Das geht so einfach, dann man von alleine kaum drauf kommt: