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Klare Ziele, explizite Regeln, Feedback und Freiwilligkeit machen Veränderungsinitiativen einfacher

Veränderungen in Unternehmen werden häufig von oben entschieden und müssen von den Mitarbeitern er- oder getragen werden. Manche retten sich mit der BAW-Methode (/1/), andere retten sich vielleicht im Rückzug, manche machen vielleicht mehr oder weniger mit. Man kann sich einen Wandel aber auch einfacher machen, wenn man die Mitarbeiter vorher fragt und ihre Teilnahme auf eine freiwillige Basis stellt. Das klingt am Anfang vielleicht mühselig, ist aber langfristig schneller.


Vor zwei Wochen waren wir in Österreich und haben bei Lehrlingen eduScrum eingeführt. Die Ausbilder waren zur Einführung etwas skeptisch, weil in der Vergangenheit einige Lehrlinge anscheinend nicht immer motiviert waren. Europaweit waren sie die ersten, die als Lehrlinge mit eduScrum gearbeitet haben.

Neben einem guten Verständnis, wie Scrum und eduScrum genau funktionieren, hat uns bei der Einführung ein Prinzip von Daniel Mezick besonders geholfen:

Invitation-Based Change oder Einladungs-basierter Wandel.


Daniel Mezick, ein amerikanischer Agiler Coach, viel erfahren mit Open Spaces und engagiert in der Tribal Leadership Community, hat sich mit vielen agilen Veränderungsprojekten beschäftigt. Dabei ist ihm aufgefallen, dass ein aufgezwungener Wandel häufig auf Widerstände trifft. Also kam die Idee, Veränderungen in Organisationen mit Open Spaces einzuleiten und die Teilnahme an der Veränderung auf eine freiwillige Basis zu stellen.

Daniel nutzt dabei u.a. Mechanismen von Spielen, um den Mitarbeitern die Entscheidung, an der Veränderung teilzunehmen, einfacher zu machen:
  1. Klare Ziele, die den Sinn des Spiels erklären
  2. Explizite Regeln, die den Teilnehmern sagen, wie sie sich zu verhalten haben, während sie das Ziel des Spiels verfolgen
  3. Feedback - mit aussagekräftigem Feedback können die Spieler ihr Verhalten anpassen, um sich zu verbessern.
  4. Eine freiwillige Teilnahme.

Die ersten drei Mechanismen konnten wir sehr leicht umsetzen. 
  1. Der Sinn unserer eduScrum Initiative war es, den Lehrlingen mehr Selbstverantwortung zu übertragen. Der Ausbilder sollte nicht mehr alles kontrollieren und die Lehrlinge motivieren müssen. Das stieß nicht unbedingt auf Widerstand bei den Lehrlingen.
  2. Explizite Regeln haben wir einerseits mit eduScrum vorgegeben, andererseits haben die Lehrlinge selbst Arbeitsteams gebildet und ihre eigenen Teamregeln formuliert und veröffentlicht.
  3. Die Lehrlinge arbeiten im Bauwesen. Sichtbares Feedback kam sehr schnell, als die Lehrlinge ihre Arbeitsaufgabe begonnen hatten.
  4. Den vierten Mechanismus konnten wir leider allerdings nicht umsetzen. Die Lehrlinge wurden zwar von den Ausbildern ehrlich gebeten, mitzumachen, freiwillig war die Teilnahme aber nicht. Die Teilnahme wurde ihnen erleichtert, weil das Experiment zunächst auf vier Arbeitstage begrenzt war und ihnen der Sinn entgegenkam.

Daniel schreibt, dass die meisten Menschen eine Kontrolle über ihr Lebensumfeld möchten (/2/): "Ein Gefühl der Kontrolle, Zugehörigkeit und Feedback führen zu mehr Engagement und einem stärkeren Gefühl für Sinn und Verantwortung. Eine freiwillige Teilnahme ist essentiell. Sie ist ein exzellentes Mittel, um Rückzüge zu vermeiden, die durch Anordnungen verursacht werden.

Die fehlende freiwillige Teilnahme konnten wir bei den Lehrlingen kompensieren, weil sie mit eduScrum mehr Autonomie als bisher geniessen. Nach dem ersten Tag sagten sie, dass die Veränderung ihnen Chancen bietet, u.a. weil
  • sie im Team gearbeitet haben
  • sie Spass bei der Sache hatten
  • sie die Materie besser verstanden
  • das Vorgehen für sie übersichtlicher als sonst war
  • man lernt mehr im Team zu arbeiten
  • sie mehr Freiheiten hatten
  • sie alleine nicht alles verstehen, zusammen es besser verstehen.
  • sie zusammenhalten
  • sie sich respektieren
  • alle mitarbeiten
  • durch das gute System und das viele Diskutieren man viel besser lernt.

Wir fragten die Lehrlinge auch nach Risiken, sie nannten aber keine. Als wir fragten, was denn passieren würde, wenn jemand im Experiment nicht mitarbeiten würde, sagten sie nachdrücklich: "Das wird nicht passieren."

Es passierte auch nicht. Alle Teams stellten ihre Arbeiten rechtzeitig fertig.

Anmerkungen & Hinweise


Daniel Mezick gibt am 29.5.2017 einen eintägigen Workshop in Filderstadt. Nähere Informationen gibt es unter http://www.scrum-day.de/besondere-workshops/openspace-agility.html. Wer noch am Workshop teilnehmen möchte, kann sich mit dem Rabatthinweis „teamworkblog“ noch beim Veranstalter melden.

  • /1/ "bend and wait" oder "zurücklehnen und abwarten", hier beschrieben: https://www.youtube.com/watch?v=4f_mIRrns2U
  • /2/ Mezick, Sheffield, Pontes, Kold-Taylor, Shinsato: Open Space Agility Handbook, Freestanding Press; 2. Auflage (16. Oktober, 2015), Seite 42.

Kommentare

  1. Lieber Wolfgang, ich habe wieder mit Interesse diesen Tweet gelesen. Bin mit all deinen Punkten einverstanden mit Ausnahme des vierten: Freiwilligkeit. Ich kann als Unternehmer hervorragende überzeugungsarbeit leisten, Partizipation echt leben und damit Veränderungsprozesse flüssiger machen. Und natürlich auch Begeisterung, Engagement und ein regelrechtes Feuer in der Organisation entfachen. Im Kern geht es aber meines Erachtens nicht um Freiwilligkeit, sondern um die Umsetzung einer unternehmerischen Entscheidung. Denn wer nicht mitmacht, muss früher oder später aus dem Unternehmen entfernt werden oder verlässt das Unternehmen aus freien Stücken. Wo kämen wir denn da hin, wenn ich es wirklich den Mitarbeitern überlasse, ob sie einen Veränderungsprozess mitmachen oder nicht? So schaut es doch in der betrieblichen Realität aus.

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