In den letzten beiden Wochen hatten wir auf teamworkblog.de einen lebhaften Diskurs über die Nützlichkeit der Systemtheorie. Sie sei "fehl-gestaltet" und würde sogar bei spontaner Anwendung in die Irre führen (/1/). Ich finde, ein Ausflug ins System Denken kann uns dennoch hilfreiche Lösungen anbieten. Eine großartige Technik, ein gemeinsames Problembewusstsein zu schaffen heißt: Causal Loop Diagram.
Ein Causal Loop Diagram (CLD) bildet die Zusammenhänge von Variablen ab. Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel: Je mehr arbeitslose Schauspieler es gibt, desto mehr Schauspieler arbeiten als Schauspieldozenten. Der erste Schritt in unserem CLD sähe also so aus:
Abb. 1: Erster Schritt: Die Anzahl arbeitsloser Schauspieler wirkt sich auf die Anzahl von Schauspieldozenten aus. |
Je mehr Dozenten es gibt, desto mehr private Schauspielschulen werden gegründet. Jede Schule hat ihre eigenen Vorstellungen davon, was schauspielerische Qualität ist. Je mehr private Schauspielschulen es gibt, umso weniger gemeinsame Qualitätsstandards gibt es.
Abb. 2: Das Minuszeichen neben einem Pfeil drückt ein umgekehrtes Verhältnis aus |
Je weniger gemeinsame Qualitätsstandards gelehrt werden, umso größer ist die Zahl schlecht ausgebildeter Schauspieler, die seltener engagiert werden.
Abb. 3 |
Wir entdecken eine positive Rückkopplung (/2/). Wenn sich bei der Zulassung von Dozenten, an den Gründungsvoraussetzungen von Schauspielschulen oder bei der Handhabung von Qualitätsstandards nichts ändert, wird es immer mehr arbeitslose Schauspieler geben.
In einem Organisations-Entwicklungsprojekt könnte ich nun als außenstehender Berater einen Vortrag über diese Zusammenhänge halten. Mit erhobenem Zeigefinger würde ich den Schauspieldozenten eintrichtern, wie wichtig es ist, sich auf gemeinsame Qualitätsstandards zu einigen.
In einigen Veränderungsprozessen habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass ein gemeinsames Entwickeln von CLDs eine viel größere Wirkung hat als jeder Bevormundungsversuch. Dabei ist es wichtig, dass die Projektbeteiligten die Diagramme selbst entwerfen und dabei einen Handlungsbedarf selbst erkennen.
Am Anfang stellen wir eine wertfreie Eingangsfrage, die wir für den gewünschten Veränderungsprozess als relevant erachten. In unserem Beispiel: Wie wirkt sich die Anzahl privater Schauspielschulen auf die Qualitätsstandards in der Schauspielausbildung aus? Dann beginnen wir mit den ersten Variablen. In vielen Fällen ergibt sich beim Zeichnen eine zielgerichtete Diskussion und weitere Variablen werden gefunden (/3/). Wenn ein Pfeil zwischen zwei Variablen gezeichnet wird, wird jede Annahme auf ihre Richtigkeit überprüft. Stimmt die Verbindung wirklich? Es besteht Einigkeit über die Auswirkungen auf das System.
Am Ende des Prozesses haben alle Zeichner ein klares Bild von allen Zusammenhängen. Und damit ist für mich das erste Hindernis überwunden, das einer Veränderung im Weg steht: Es fehlt ein gemeinsames Problemverständnis.
Anmerkungen:
- /1/ http://www.teamworkblog.de/2014/08/scharfung-des-tunnelblicks-wo-die.html
- /2/ Eine gerade Anzahl von negativen Verbindungen ergibt eine positive Rückkopplung
- /3/ Ein Causal Loop Diagram wird für die Beteiligten beeindruckender, je größer die Bedeutung der einzelnen Variablen für den Einzelnen ist. In unserem Beispiel haben wir entdeckt, wie sich fehlende Ausbildungsstandards auf Gagenverhältnisse auswirken (s. Abb. 4).
Abb. 4 |
- /4/ Vensim ist eine kostenlose Software, mit der man sehr schnell und unkompliziert Causal Loop Diagrams zeichnen und verändern kann. Mehr dazu unter: http://vensim.com/free-download/
Ich kann dem Gesagten zustimmen. Allerdings gibt es beim Verwenden der Methode einige Themen zu beachten, die auf dem ersten Blick vielleicht nicht gleich ersichtlich sind. Über den folgenden Link sind diese zusammen mit einer anschließenden Diskussion dazu einsehbar.
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