Direkt zum Hauptbereich

Nicht reporten, sondern nur das präsentieren was live ist - Interview mit Erdal Ahlatci von agyleOS, Teil 1

Wie arbeitet man in einer agilen Firma? Reichen 2 Tage Training, um ein Team zu überzeugen, seine Arbeitsweise zu ändern? Dazu habe ich Erdal Ahlatci von agyleOS ein paar Fragen gestellt. 

Ich habe meinen Interviewpartner Erdal Ahlatci bei movingimage kennengelernt. Er war damals CTO ist später Geschäftsführer dort geworden. Er hat viele Jahre an der agilen Kultur bei movingimage gearbeitet. Aktuell hat er mit anderen zusammen die Firma AgyleOS GmbH gegründet, um die Erfahrungen in Form von Software an andere Unternehmen weiterzugeben.


Jan: Lieber Erdal, wir kennen uns seit dem Jahr 2013. Ihr standet damals vor einer großen technischen Herausforderung. Ihr wart nicht sicher, ob ihr mit Scrum daran gehen wollt. Was hat Dich am Ende überzeugt, es doch zu tun?


Erdal: Da ich vorher als Entwickler mit Scrum gute Erfahrung gemacht hatte, war ich an sich offen für Scrum. Das Team war aber noch nicht sicher, ob Scrum passen würde. Das Problem war, dass das Team relativ neu war, aber die Plattform, die wir betrieben haben, schon ein paar Jahre alt war. Unser Backlog war voll mit technischen Schulden und einigen Bugs. Der damalige Tech Lead war der Meinung, dass Scrum nur bei Neuentwicklung angewendet werden sollte. Ich wollte in meiner Rolle als CTO nicht gegen ihn entscheiden, sondern ihn und das Team von Scrum überzeugen. Deswegen hatten wir zu einer zweitägigen Schulung eingeladen. Neben den Entwicklern sollten auch auch Projektleiter und jemand aus dem Sales dabei sein, damit wir später alle gemeinsam eine Entscheidung treffen. Nach zwei Tagen waren alle von Scrum überzeugt und somit hatten wir gemeinsam entschieden Scrum anzuwenden.

Wart Ihr erfolgreich? 

Ja, wir waren ziemlich erfolgreich. Wir hatten die Herausforderung, mit einem Team gleichzeitig an zwei Plattformen zu arbeiten. Wir haben gleichzeitig die Plattform, auf der schon viele Kunden waren, gepflegt. Wir haben Bugs gefixt und haben parallel angefangen, eine neue SaaS-Platform zu entwickeln. In der alten Plattform wurde hauptsächlich mit PHP gearbeite. Bei der neuen Plattform haben wir uns für u. a. für Java entschieden. Somit konnten die Entwickler, die schon länger da waren, ihre Erfahrungen mit den neuen Entwicklern in einem Team teilen und haben gemeinsam die Verantwortung für beide Plattformen übernommen. Nach und nach wurde das Team größer und ist organisch gewachsen. Wir hatten mehrere Scrum Teams und mussten nun skalieren. Am Ende ist ein selbst entwickeltes Scaled Framework entstanden.

Erinnerst Du Dich noch an die ersten Reviews? Wie haben die Kolleginnen und Kollegen reagiert?

Die ersten Reviews waren tatsächlich eine Herausforderung. Das Team musste lernen, nicht zu reporten und sich nicht zu rechtfertigen, sondern nur das zu präsentieren, was live gegangen und abgeschlossen war. Wir haben parallel viel an Kultur und Werten im IT-Bereich gearbeitet. Wir haben gemeinsam solche Werte definiert, die uns wichtig waren. Vertrauen, Offenheit und Humor gehörten dazu. Wir haben u.a. beschlossen bei Fehlern nicht mehr zu fragen, wer den Fehler gemacht hat, sondern immer uns fragen, was wir daraus gelernt haben. Bei den Reviews gab es immer Applaus für denjenigen, der präsentiert hat. Wertschätzung ist wichtig und muss gefördert werden. Nach und nach hat sich unsere Kultur zum Positiven geändert. Die Teams waren offener bei den Reviews und haben verstanden, dass sie nicht zwingend etwas präsentieren müssen, wenn ein Sprint mal nicht erfolgreich war. Reviews haben sich mit der Zeit zu Unternehmensevents entwickelt und wurden als Joint-Reviews mit allen Teams gleichzeitig durchgeführt.

Ihr habt Euch zu einem agilen Leuchtturm entwickelt und habt viel mehr Ideen als z. B. im Scrum Guide stehen umgesetzt. Magst Du 2-3 Beispiele nennen?

Für uns war Scrum neben Kanban nur ein Teil von einer agilen Unternehmenskultur; mehr ein Tool, das wir bei Bedarf eingesetzt haben. Für uns war viel wichtiger, Agilität als Mindset im Unternehmen zu etablieren. Wir haben z.B. die klassische HR-Abteilung abgeschafft. Statt HR hatten wir ein agiles Team, das sich People and Agility (PandA) genannt hat. Es war ein crossfunktionales Team mit Scrummaster, Agile Coach, People Operations und Office Manager. In einem agilen Unternehmen müssen Personalentscheidungen gemeinsam getroffen werden. Die Teams müssen involviert sein. Beim Recruiting von neuen Mitarbeitern war ein gemeinsames Mittagessen mit dem Team und dem Bewerber stets Teil des Einstellungsprozesses.

Alle Teams hatten eine sogenannte Skill-Matrix ausgearbeitet, um zu sehen wie die Skills im Team verteilt sind und wie sie gemeinsam weiterentwickelt werden.

Grundsätzlich war uns wichtig, dass die Teams so weit wie möglich selbstorganisiert arbeiten. Deswegen haben wir z.B. Urlaubsanträge abgeschafft. Die Teams haben das untereinander selbst organisiert und selbst entschieden, wer wann Urlaub hat.

Des Weiteren hatten wir unsere Reviews sehr geschätzt und alle paar Monate einen sogenannten Review-Day als Unternehmensevent organisiert. An diesem Tag durfte jeder präsentieren, der wollte. Präsentiert wurden größere Epics aus den letzten Monaten. Nach den Präsentationen haben wir alle gemeinsam gefeiert. Wir haben neben unseren Kunden und Geschäftspartner auch die Familienangehörigen und Freunde der Mitarbeiter eingeladen bei den Präsentationen dabei zu sein und gemeinsam zu feiern.  

Wie sich Erdal in seinem nun agilen Unternehmen selbst verändern musste und was es mit agyleOS auf sich hat, erfahrt Ihr im nächsten Teil.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

Die LIRPA-1 Methode - 6 Grundpfeiler moderner Unternehmensführung

LIRPA-1 ist die Methode zur Optimierung der Grundpfeiler strategischer Businessoptimierung. Mittels konkreter ambitionierte Vorgaben, können Führungskräfte für vollständiges Alignement in allen Bereichen / allen Ebenen sorgen und dadurch Klarheit und Verlässlichkeit für die Umsetzung der strategischen Unternehmensausrichtung gewinnen.