Direkt zum Hauptbereich

Retrospektiven: Mehr als nur ein Meeting?!

Retrospektiven sind ein wichtiger Bestandteil der agilen Arbeitswelt. Sie bieten Teams und Organisationen eine Möglichkeit zur kontinuierlichen Verbesserung. Wer allerdings auch schon mal das Gefühl gehabt hat, dass Retrospektiven (so) nichts bringen, ist sicher nicht allein. In diesem Beitrag werden wir uns mit einem der Hauptgründe auseinandersetzen, warum Retrospektiven manchmal nicht effektiv sind und was wir zusätzlich tun können, um ihre Wirkung zu verbessern.

[generiert mit Bing]

Die oft zitierten 5 Phasen einer Retrospektive sind ein guter Leitfaden. Aber wenn wir uns ausschließlich mechanisch auf diese Phasen konzentrieren und dabei die Umsetzung und Umsetzbarkeit von Verbesserungen vernachlässigen, bringen Retrospektiven in der Tat wenig Nutzen.

Um das volle Potenzial von Retrospektiven auszuschöpfen, müssen wir mit im Blick behalten, dass die identifizierten Änderungen realistisch umsetzbar sind, umgesetzt werden und prüfen ob sie zu nachvollziehbaren Verbesserungen führen.

In diesem Sinne können wir Retrospektiven als eine Chance betrachten, um kontinuierlich zu lernen und zu wachsen. Wir sollten die investierte Zeit und Mühe nutzen, um sicherzustellen, dass unsere Retrospektiven effektiv sind und uns helfen, unsere Ziele zu erreichen. Also, lasst uns das volle Potenzial von Retrospektiven ausschöpfen!

Was ist das mit den Retrospektiven?

Foto von krakenimages auf Unsplash
Eine Retrospektive ist ein bedeutendes Instrument, um kontinuierliche Verbesserungen im Team und in der Organisation zu erzielen. Es ist oft ein zentraler Punkt an dem Transparenz wirklich gelebt und Inspect & Adapt praktiziert werden kann. Kurzbeschreibungen des Ablaufs von Retrospektiven fokussieren sich oft auf den Ablauf innerhalb der Retrospektive. Es handelt sich hierbei um folgende fünf Phasen:

  1. Rahmenbedingungen/Gesprächsklima schaffen
  2. Informationen/Themen sammeln
  3. Erkenntnisse gewinnen
  4. Entscheidungen treffen und 
  5. Abschluss. 

Diese Phasen sollen und können helfen den Boden für kontinuierliche Verbesserungen zu bereiten. Wenn wir Erfahrungen und Erkenntnisse reflektieren und Maßnahmen zur Verbesserung identifizieren, können wir dazu lernen und die Arbeitsweise kontinuierlich optimieren, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Aber eben nur wenn diese Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden. Wichtig ist also nicht nur wie die einzelnen Phasen innerhalb der Retrospektive aufeinander wirken, sondern auch wofür und weshalb die Retrospektive überhaupt gemacht wird. 

Durch die Reflektion der Erfahrungen und Erkenntnisse können Verbesserungspotenziale — oder besser Hypothesen dazu — identifiziert und Maßnahmen zur Verbesserung umgesetzt werden. Dies kann die gemeinsame Leistung steigern und zu besseren, qualitativ hochwertiger Ergebnissen führen und somit die Kundenzufriedenheit erhöhen.

Durch die Identifikation von Problemen und Engpässen können Abläufe optimiert und die Arbeitsweise effektiver gestaltet werden.

Die offene Diskussion in der Retrospektive fördert eine positive Zusammenarbeit und hilft, das Zutrauen zwischen den Beteiligten über die Retrospektive hinaus zu stärken/bestätigen.

Die Möglichkeit, Feedback zu geben und Veränderungen zu bewirken, die auch (selbst) umgesetzt werden, erhöht die Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit.

Die einzelnen Phasen der Retrospektive tragen auf unterschiedliche Weise zu diesen Zielen bei.

  1. Rahmenbedingungen/Gesprächsklima schaffen: In dieser Phase geht es darum, anzukommen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Teilnehmer sicher fühlen, Themen offen zu diskutieren. Ohne diese Offenheit besteht das Risiko, dass Punkte unter den Tisch fallen oder unter den Teppich gekehrt werden und somit kein Startpunkt für Verbesserungen besteht.
  2. Informationen/Themen sammeln: In dieser Phase werden die Erfahrungen, Beobachtungen und Messungen gesammelt. Wir blicken zurück und identifizieren, was gut gelaufen ist und was nicht. Das Ziel ist es, ein möglichst vollständiges Bild der entscheidenden Ereignisse zu bekommen, um später begründete Rückschlüsse und Hypothesen daraus ableiten zu können.
  3. Erkenntnisse gewinnen: In dieser Phase wird oft identifiziert aus welchem Grund und in welchem Kontext Dinge geschehen sind, damit anschließend nicht nur Maßnahmen für die Symptome entwickelt, sondern die tatsächlichen Ursachen identifiziert werden.
  4. Entscheidungen treffen: In dieser Phase werden konkrete, sinnvolle, vereinbarte und realistische Schritte definiert, die im nächsten Schritt umgesetzt werden sollen. Das Ziel ist es, umsetzbare Maßnahmen zu identifizieren, von denen wir ausgehen, dass sie tatsächlich zu Verbesserungen und mehr Effektivität führen werden.
  5. Abschluss: In dieser Phase wird die Retrospektive abgeschlossen. Oft werden die nächsten Schritte festgehalten und über die Retrospektive selbst reflektiert, um auch sie selbst ständig zu verbessern.

Dadurch legen Retrospektiven eine wertvolle Grundlage, um als Team/Organisation zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern. In vielen kurzen Beschreibungen sind Ziel und Zweck einer Retrospektive nur implizit vorhanden. Dadurch, dass sie aber nicht explizit oder nur am Rande genannt werden, besteht das Risiko, dass dies ignoriert und die Retrospektive nur zum Selbstzweck durchgeführt wird.

Was fehlt oft? Und wie geht es besser?

[generiert mit Bing]
Fehlt es an der konkreten Umsetzung und schnellem Feedback, fehlt auch die passende Wirkung. Somit verpassen wir eine tolle Chance auf (kontinuierliche) Verbesserung, Selbstwirksamkeit usw.. Die Wirkung der Retrospektive verpufft im Nichts und sie wird schnell als Zeitfresser empfunden, der über den angeregten und konstruktiven Austausch hinaus wenig bis keinen Mehrwert bringt.

Was können wir also tun um dieses Problem zu vermeiden?

  • Wir können uns die Ziele der Retrospektive immer mal wieder ins Gedächtnis rufen und selbstkritisch überprüfen, ob wir darauf einzahlen.
  • Wir können uns bei der Entscheidung zu konkreten Maßnahmen auf diejenigen fokussieren von denen wir einen entscheidenden Mehrwert erwarten.
  • Wir können Transparenz über die Maßnahmen und Annahmen schaffen, indem wir sie dort integrieren und nachverfolgen, wo auch die restliche Arbeit zu sehen ist (z.B. auf dem Board), anstatt sie ausschließlich in einer separaten Liste oder in Retrospektivennotizen „verhungern“ zu lassen.
  • Wir können zwischendurch und in den Retrospektiven reflektieren wie unsere bisherigen Maßnahmen gewirkt haben und wie weiter damit umgegangen wird. Also ein offener Umgang mit der Maßnahme selbst und die Frage: Was lohnt sich anhand der bisherigen Ergebnisse eher? Maßnahme fortsetzen, stoppen, zurück nehmen, anpassen, verstärken, ersetzen, ignorieren, oder …
  • Wir können mit der auch sonst gewünschten Ehrlichkeit und Offenheit auf die Wirkung unserer Maßnahmen blicken und Fehlschläge / widerlegte Hypothesen als Lernindikator nutzen, um mit den neuen Erkenntnissen passendere Maßnahmen zu erarbeiten.
  • Wir können uns von dem manchmal (und warum auch immer) vorhandenen Gedanken lösen, Verbesserungen dürften nur/erst in der Retrospektive angesprochen werden. Es gibt Probleme und Hindernisse, die lösen und nutzen wir besser direkt wenn wir sie erkennen / wenn sie auf uns zukommen, anstatt auf einen Stichtag zu warten.
  • Wir können, z.B. in Kleingruppen, Maßnahmen aktiv erarbeiten und konkret ausgestalten, anstatt sie nur zu benennen. Das hilft von unverbindlichen „wir wissen was man eigentlich tun könnte/sollte“-Maßnahmen hin „was wollen und werden wir konkret umsetzen“-Maßnahmen zu kommen.

In der Retrospektive wurden konkrete, sinnvolle und realistische Schritte vereinbart, die nachfolgend umgesetzt werden sollen. Wir müssen bereit sein, die notwendigen Änderungen umzusetzen, um echte Verbesserungen zu erzielen. Wenn wir uns nicht verpflichtet fühlen, die identifizierten Maßnahmen umzusetzen, werden alle Anstrengungen, die in die Retrospektive gesteckt wurden, vergebens sein. Verbesserungen wirken dann nicht nachhaltig. Und ohne Überprüfung besteht die Gefahr, entweder in alte Verhaltensmuster zurückzufallen und/oder es bleibt unklar, ob die umgesetzten Maßnahmen die gewünschten Verbesserungen bewirken oder nicht. 

Die Kombination aus Umsetzung und deren erneuter Überprüfung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass wir tatsächlich von der Retrospektive profitierten und uns kontinuierlich verbessern. Ohne diese Ergänzung bleibt die Retrospektive nur eine (weitere) Sitzung / theoretische Übung, ohne echte Auswirkungen auf die Team-/Organisationsleistung.

Für einen tieferen und trotzdem kurz gehaltenen Einblick in denen zusätzlich zum reinen Ablauf ebenfalls auf Hintergründe, Zusammenhänge, Ziele eingegangen wird bieten z.B. folgende Quellen: 

  • Foto von krakenimages auf Unsplash
    Ralf Kruse „Sind abwechslungsreiche Retrospektiven ein Irrweg?“ /1/ mit Ansätzen für mehr Wirkung von Retrospektiven
  • Bernd Joussen und Marc Löffler „Erfahrungen aus 100 Retrospektiven im Jahr - Ein Interview mit Bernd Joussen“ /2/ mit viel Hintergrundinfos zu den Gründen weshalb worauf in Retrospektiven geachtet werden muss
  • it-agile „Was sind Retrospektiven?“ /3/ mit Hinweisen auf Umsetzung und Reflexion der Maßnahmen
  • Und bei Detailfragen die Teilnehmer des Lean Coffee Karlsruhe / Frankfurt /4/ mit ihren Ansätzen zu diesem Thema und vielem mehr.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Retrospektiven für Teams und Organisationen ein wichtiges Instrument zur kontinuierlichen Verbesserung darstellen. Die fünf Phasen einer Retrospektive bilden dabei einen Rahmen, der es ermöglicht, Erfahrungen und Erkenntnisse zu reflektieren und daraus Hypothesen für Verbesserungen abzuleiten. Wichtig ist jedoch, dass zusätzlich die Umsetzung der identifizierten Maßnahmen nicht vernachlässigt wird, da sonst das volle Potenzial von Retrospektiven nicht ausgeschöpft wird. Letztendlich geht es darum, durch offene Diskussionen und Feedback-Gelegenheiten eine positive Zusammenarbeit zu fördern und die Selbstwirksamkeit zu erhöhen. Indem wir uns bewusst machen, wofür und weshalb wir Retrospektiven durchführen, können wir sicherstellen, dass sie auch tatsächlich dazu beitragen, unsere Arbeitsweise kontinuierlich zu verbessern und bessere Ergebnisse zu erzielen.

TL;DR

Adapt gehört mit zu Inspect & Adapt.

Quellen und Hinweise

/1/ Ralf Kruse „Sind abwechslungsreiche Retrospektiven ein Irrweg?“: https://enablechange.de/scrum/sprint-retrospektive/effektiv-gestalten/

/2/ Bernd Joussen und Marc Löffler „Erfahrungen aus 100 Retrospektiven im Jahr - Ein Interview mit Bernd Joussen“ https://podcasts.apple.com/us/podcast/erfahrungen-aus-100-retrospektiven-im-jahr-ein-interview/id1288991492?i=1000513511628

/3/ it-agile „Was sind Retrospektiven?“ https://www.it-agile.de/agiles-wissen/agile-teams/was-sind-retrospektiven/

/4/ Lean Coffee Karlsruhe / Frankfurt https://www.linkedin.com/groups/12494493/https://www.meetup.com/de-DE/lean-coffee-karlsruhe-frankfurt/events/

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Agile Sternbilder: Die Entdeckung kosmischer Agilitäts-Superkräfte

Hast du dich je gefragt, ob dein Sternzeichen deine Fähigkeiten in einer agilen Arbeitsumgebung beeinflusst? In diesem Blogpost tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Astrologie und ihre mögliche Verbindung zu modernen Arbeitsweisen. Entdecke, wie die Sterne deine agilen Stärken prägen könnten. Ob überzeugter Agilist oder neugieriger Sternzeichenliebhaber – dieser Artikel kann dir neue Perspektiven eröffnen und vielleicht sogar dein nächstes Teamprojekt inspirieren!

Den passenden Job finden

Hier teile ich, wie ich daran arbeite, endlich den richtigen Job zu finden. Kleingedrucktes: Dieser Artikel richtet sich (natürlich) an jene, die gerade in der luxuriösen Position sind, dass sie nicht jedes Angebot annehmen müssen. Anstatt von Engagement zu Engagement zu hetzen und frustriert zu sein über Konzernstrukturen, fehlende Ausrichtung und die Erkenntnis, dass in einem selbst beständig die Hintergrundfrage nagt, ob es das ist, womit man seine immer knapper werdende Lebenszeit wirklich verbringen möchte, gibt es manchmal auch die Möglichkeit, die nächste berufliche Station etwas nachhaltiger auszusuchen - auch, um tatsächlich (etwas) mehr beitragen zu können.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Gemeinsam eine Anwenderdokumentation erstellen

Unternehmenssoftware ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Anwenderinnen und Anwendern, den Unternehmensprozessen und den Ergebnissen. Normalerweise schreibt der Hersteller der Software die Dokumentation für diejenigen, die die Software benutzen. Wenn die Software allerdings stark angepasst wurde, muss die Dokumentation von denen kommen, die die Prozessmaschine am besten verstehen - den Anwenderinnen und Anwendern. Wie könnte man das praktisch machen?

Scrum und Hardware: Es kommt auf die Basics an

Man kann Hardwareprodukte agil entwickeln. Zum einen kommt Scrum aus der Hardwareentwicklung. Die Softwerker haben die Hardwarekonzepte auf ihre Situation übertragen. Zum anderen hat Hardwareentwicklung heute ganz viel mit Software zu tun. Gerade in frühen Phasen kann man sich mit Simulationen noch viele Wege offen halten und mehrere Pfade parallel verfolgen. In diesem Beitrag empfehle ich eine Podcastfolge und ein Buch, für alle, die mit der Geschwindigkeit ihrer Hardwareentwicklung nicht zufrieden sind.