Direkt zum Hauptbereich

Spielend lernen (Variation des Ubongo Flow Game)

Es gibt Mitarbeiter*innen und Führungskräfte, die sich mit agilen Organisationsprinzipien schwer tun. Nicht dass sie diese Prinzipien ablehnen. Ihre Frage ist eher: "Ist das für mich wirklich relevant? Ich habe doch ganz andere Sorgen." Mit Spielen kann man Verbesserungen erfahrbar machen. Die Stammleser*innen wissen schon, welches Spiel ich gern benutze.

Mit Ubongo Scrum und Kanban lernen

Material vom Ubongo Flow Game
Vielleicht haben Sie schon einmal das Ubongo Flow Game gespielt. Falls Sie es noch nicht kennen: Wir nutzen das Spiel gern, um Kanban und Scrum zu erklären. Dazu wird ein etwas komplizierter Ablauf aufgebaut, in dem mit verschiedenen Rollen Puzzleaufgaben zu lösen sind. Das Spiel ist darauf angelegt, dass die Spieler*innen es in der ersten Runde nicht in der vorgegebenen Zeit schaffen. Durch verschiedene Verbesserungen schaffen sie es schließlich.

Mit dem Material kann aber noch mehr machen.

Mit Ubongo stetiges Verbessern lernen

Das Ubongo Flow Game ist nicht exklusiv für Scrum oder Kanban. Es funktioniert, weil es in der Startkonfiguration einen komplizierten Ablauf gibt. Gemein ist eine Variante für 2 oder mehr Teams.

Startaufstellung:
  • Alle Auftraggeber an einer Stelle.
  • An einem anderen Tisch sind jeweils Analysten, Entwickler und Tester für sich.
  • An einem dritten Tisch befinden sich alle Lieferanten.
  • Der Spielleiter bereitet ein Flipchart vor, auf dem der Ablauf von Anfang bis Ende beschrieben wird. Die Spieler*innen bekommen dies erst nach der ersten Runde zu sehen.
Ablauf:
  • Alle Rollen werden zunächst ausgebildet. Der Spielleiter erklärt den Auftraggebern die wichtigen Schritte und die wesentlichen Punkte, auf die sie achten müssen. Dann lässt er sie jeweils 2 Aufträge vom Wert 2 raussuchen.
  • Nun werden damit die Analysten, die Lieferanten, Entwickler und Tester ausgebildet. Wichtig ist, dass jeder wirklich vormacht, was er zu tun hat und seine fertige Arbeit zur nächsten Station bringt.
  • Nach der Ausbildung startet die erste Runde wie in der Originalanleitung beschrieben. Allerdings gebe ich die 6 Minuten nur als Vorgabe. Die Teams dürfen überziehen. Der Spielleiter notiert, wann welches Team fertig ist.
  • Nun holt der Spielleiter das Flipchart mit dem Ablauf hervor. Bevor jedes Team Verbesserungsideen entwickelt, soll es den Ablauf mit konkreten Details und Zahlen füllen.
  • Danach geht es in die zweite Runde. Es gibt weiterhin nur 6 Arbeitspakete.
  • Danach wird wieder verbessert. In der dritten Runde gibt es nun die Beschränkung auf 6 Minuten und die Teams dürfen so viele Aufträge wie möglich bearbeiten.

Was passiert nun?

Die Teams wollen sich natürlich nach der ersten Runde sofort verbessern. Zum Beispiel ist offensichtlich, dass die Wege zu lang sind und dass man sich besser in Value Streams als in Abteilungen organisiert.

Aber: die Teams nehmen sich nicht die Zeit, Dinge mit Details und Zahlen zu unterfüttern. Die Spielleiter muss darauf bestehen, dass die Teams erst Zahlen liefern. Beispiel:
  • Teammitglied: "Wir ändern die Sitzordnung."
  • Spielleiter: "Warum?"
  • T: "Weil die Wege zu lang sind."
  • S: "Wie lang? Hast Du Zahlen?"
  • T: "Ungefähr 5 m."
  • S: "Hast Du gemessen?"
  • T: "Nein. Ich habe keinen Meterstab."
  • S: "Welche Einheit könntest Du mit vorhandenen Mitteln nutzen?"
  • T: "Schritte oder Fuß"
  • S: "Was wäre genauer?"
  • T: "Fuß"
  • S: "Wie viel Fuß muss ein Auftrag jetzt zurücklegen?"
  • T: (Teammitglied geht die Strecke ab und zählt.) "20 Fuß"
  • S: "Wie viel Fuß legt ein Auftrag zurück, wenn ihr die Sitzordnung ändert?"
  • T: (Teammitglied geht die neue Strecke ab.) "7 Fuß"
  • S: "Was ist Eure Vermutung, wie sich die Verkürzung auf die Zeit auswirkt?"
  • usw.
An diesem kleinen Frage-Antwort-Spiel wird einiges deutlich. Wir nehmen uns keine Zeit für die Details. Unsere Verbesserungsideen sind zufällig und geraten. Ob und wie stark wir uns verbessern, können wir nicht sagen, weil wir nicht messen.

Der Spielleiter achtet also darauf, dass immer erst Daten gesammelt und Annahmen formuliert werden.

Wenn ein Team bestimmte Rollen mehrfach nutzen will, ist das erlaubt, wenn sie vorher ausgebildet werden. Vor der zweiten Runde macht das der Spielleiter, vor der dritten die Teammitglieder.

Der Spielleiter misst in jeder Runde:
  • Zeit für die 6 Arbeitspakete (in der dritten Runde 6 Minuten).
  • Anzahl der Arbeitspakete (in den ersten beiden Runden 6 Stück).
  • Anzahl der Wertpunkte aller Aufträge.

In der dritten Runde schaffen die Teams deutlich mehr als 6 Arbeitspakete. Nun kann man stetige Verbesserung und Ausbildung im Team zum Thema machen.

So lernen alle spielend dazu und sehen den Effekt von kleinen Maßnahmen. So sparen wir langfristig Zeit und werden flexibel. Ist das auch für Sie relevant?

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Agile Leadership – Führst du noch oder dienst du schon?

Die Arbeitswelt verändert sich. Und das spüren nicht nur Führungskräfte, sondern vor allem Mitarbeitende. Immer mehr Menschen hinterfragen den Sinn ihrer Arbeit, erwarten Respekt, Vertrauen und eine Unternehmenskultur, die echte Zusammenarbeit ermöglicht. Studien wie die Gallup-Studie 2025 oder die EY-Jobstudie zeigen: Der Frust am Arbeitsplatz wächst – und mit ihm die Unzufriedenheit mit der Führung. Höchste Zeit, umzudenken. Genau hier setzt agile Führung an. 1. Warum agile Führung heute entscheidend ist  Klassische Führung – hierarchisch, kontrollierend, top-down – funktioniert immer weniger. Die Zahlen sind eindeutig:  Laut Gallup fühlen sich nur noch 45 % der deutschen Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. Fast jede dritte Kündigung erfolgt wegen der Führungskraft. Nicht das Gehalt, sondern mangelnde Wertschätzung, fehlendes Vertrauen und ein schlechtes Arbeitsumfeld treiben Menschen aus Unternehmen.  Agile Führung bietet eine Alternative, die auf Vertrauen, Selbs...

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Microsoft Lists: mit Forms und Power Apps komfortabel mobil arbeiten

In meinem Kundenkreis sind viele Menschen, die den Arbeitsalltag nicht vorwiegend auf dem Bürostuhl sitzend verbringen, sondern "draußen" unterwegs sind. Vielleicht in Werkstätten oder im Facility-Management. Es ist so wichtig, dass die Schnittstellen zu den Abläufen im Büro gut abgestimmt sind. Microsoft 365 hat so einiges im Baukasten, man muss es nur finden und nutzen.  In diesem Artikel spiele ich ein Szenario durch, das auf Microsoft Lists, Forms und - für die Ambitionierteren - Power Apps setzt.

Selbstbewertungsfragen für den Alltag in Arbeitsgruppen aus Sicht von Mitarbeitenden

Welche Fragen können wir Mitarbeiter:innen stellen, um herauszufinden, ob agiles Arbeiten wirkt? Es gibt bereits eine Menge an Fragebögen. Aber ich bin nicht immer zufrieden damit.