Direkt zum Hauptbereich

Die Kontroll-Illusion und der "Circle of Control"

Gerne haben wir Menschen es sicher. Deshalb versuchen wir oft möglichst viel zu kontrollieren. Ist das eine gute Strategie oder sitzen wir einer Kontroll-Illusion auf?

Um die Frage zu beantworten, inwiefern Kontrolle als Strategie wirklich zielführend ist, ist ein Sphärenmodell hilfreich, das den Handlungsspielraum von Menschen in die Bereiche Kontrolle, Einfluss und Interessen aufteilt:
 
Zeichnung vom Autor

1. Kontrolle 

Der Kontrollbereich ist der Kern des souveränen individuellen Handelns, gewissermaßen das Königreich des Einzelnen. Hier kann jede/r stets frei denken und entscheiden, was sie oder er möchte und für richtig hält. /1/ Durch das, wie sich Menschen innerhalb ihres Kontrollbereichs verhalten, nehmen sie Einfluss auf ihre Umwelt und das Geschehen um sie herum. Das gelingt immer nur indirekt durch Impulse, die in den angrenzenden Einflussbereich gesendet werden. Das Ziel ist stets, dass sich die Dinge so entwickeln, wie sie es sich wünschen (zum Beispiel: "Ich will dieses Jahr nach Island in Urlaub!").


2. Einfluss

Der Einflussbereich ist der direkte Nachbar des Kontrollbereichs. Und von dort wird er auch permanent "bearbeitet". ("Schatz, was hältst du von einer Reise nach Island? Das wäre doch mal eine schöne Abwechslung.") Weil meistens mehrere Menschen und Institutionen am selben Einflussbereich angrenzen, entwickelt sich eine wechselseitige soziale Dynamik, die mit "komplex" treffend beschrieben ist. Denn der Einflussbereich reagiert auf die Impulse und nimmt im Gegenzug seinerseits Einfluss auf die angrenzenden (Kontroll-) Bereiche der jeweilig Beteiligten. ("Island? Warum eigentlich nicht? Ja, das wäre was." - "Was?! Island?! Mama, Papa, Ihr habt uns doch letztes Jahr versprochen, dass wir nach Italien an den Strand fahren! Island könnt Ihr vergessen!") /2/

3. Interessen

Außerhalb des Einflussbereichs ordnet sich der Interessensbereich an, der als genereller Rahmen für die Kontroll- und Einflussdynamik fungiert. Was hier geschieht, hat mehr oder minder große Bedeutung und oft sogar konkrete Auswirkungen auf das Leben und die Möglichkeiten der Einzelnen. Ohne allerdings, dass diese ihrerseits die Geschicke in diesem Bereich direkt, unmittelbar oder überhaupt beeinflussen könnten. (Ein Beispiel hierfür ist der überraschende Ausbruch z.B. des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull, der eine geplante Urlaubsreise verhindern kann). Wenn es für einzelne Menschen eine Möglichkeit gibt, im Interessensbereich etwas zu ändern, wird dies immer nur indirekt gelingen: Durch Aktionen aus dem Kontrollbereich und die "Brücke" Einflussbereich.

Hohe Sicherheit also durch möglichst viel Kontrolle? Dazu scheint es wenig zu geben, was wir Menschen direkt steuern können. Bei Lichte betrachtet sind es nur diese drei Schritte:

  1. Wahl des Fokus: Worauf blicken wir im aktuellen Moment? Worauf konzentrieren wir uns (jetzt)? Ist das wirklich so wichtig (jetzt oder generell), als dass wir uns damit beschäftigen sollten?
  2. Bewertung: Wie bewerten wir das, was wir gerade sehen, hören, erleben? Ist das kurz-, mittel- und langfristig so wichtig, als dass wir uns damit beschäftigen? 
  3. Der nächste Schritt: Was tun wir jetzt im Rahmen unserer Möglichkeiten, um den Lauf der Dinge so zu beeinflussen, dass sie sich kurz-, mittel- und langfristig in unserem Sinne entwickeln?

Diese drei Schritte mögen wenig erscheinen. Aber sie haben es in sich. Und sie sind unsere einzige Chance, unsere volle Entscheidungs- und Bewegunsfreiheit zu leben und möglichst sicher Erfolg zu haben. Deshalb ist sinnvoll, diese Schritte so gut wie möglich zu gehen. Also möglichst achtsam, bewusst und konzentriert.



Edgars eigener Blog: www.trellisterium.de
Edgars Podcast: trellisterium.podbean.com 

Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de


Anmerkungen


/1/ Sofern die individuellen und z.B. durch Erfahrungen geprägten psycho-biologischen Automatismen und Muster dies zulassen. 
/2/ Übrigens immer mit offenem Ausgang. Was hier genau geschieht, lässt sich wegen der vielen verschiedenen Beteiligten und Optionen nicht vorhersagen. Komplex eben.

Literatur


/1/ Hoodguin, Lex: Decision Making in a Complex World. MOOC-Kurs (Futurelearn.com), University of Groningen, 2016: https://www.futurelearn.com/courses/complexity-and-uncertainty
/2/ Hüther, Gerald: Biologie der Angst. Wie aus Streß Gefühle werden. Göttingen, 2013.
/3/ Johner, Philipp: Transforming leaders. Top-Management und Transformation. So werden Sie nachhaltig erfolgreich, steigern die Mitarbeiterzufriedenheit und sparen Kosten. Planegg, 2010.
/4/ Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 - Wikipedia-Eintrag






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.