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Wir brauchen keine Stufenpläne - Bericht vom #NOE15

In den Niederlanden gibt es eine lebendige Szene für das Thema "Selbstorganisierte Arbeit". Am 8. Oktober fand in Den Haag zum dritten Mal die Konferenz "Het grote nieuw organiseren event" (das große Neu-Organisieren-Event, Hashtag #NOE15) statt. Nachdem ich einige Bücher und Blogs von den niederländischen Kollegen gelesen hatte, wollte ich mir das mal selbst ansehen.

Abb. 1: Als Veranstaltungsort diente das Theater "De Regentes"

Das hat man nun davon, wenn man mit halben Niederländischkenntnissen zu einer Konferenz fährt. Mein Plan, mich schön in die hintere Ecke zurückzuziehen und dem Treiben zuzusehen, ging leider nicht auf. Gleich nach der Ankunft, wurde ich schon in ein Gespräch verwickelt und sollte etwas über mich erzählen. Auch bei den Vorträgen war die aktive Mitarbeit der Zuhörer gefragt. Aber das sollte sich alles lohnen.
Abb. 2: Die Finalisten des Finext Nieuw Organiseren Prijs 2015 sind schon auf der Bühne
Organisiert wurde die Veranstaltung von interessierten Beratern, die sich unter der Plattform nieuworganiseren.nu zusammengeschlossen haben. Ähnlich wie bei Initiative Wirtschaftsdemokratie bloggen die Kollegen regelmäßig zum Thema.

Vortragsprogramm

Die Organisatoren haben ein Programm mit 20 Vorträgen zusammengestellt, in denen Berater und Firmen von ihren Bemühungen, sich neu zu organisieren, berichteten. Vier Vorträge habe ich mir angehört.

Thom Verheggen bezeichnet sich selbst als Entmanager. Er berichtete von seinem früheren Leben als Manager und einem größeren Projekt, das ihn an den Rand seiner Kompetenzen gebracht hat. Das Projekt war recht schwierig, bis er anfing statt Antworten zu geben, Fragen zu stellen. Der recht kurzweilige Vortrag war eine Zusammenfassung seines Buches der "Ontmanagen voor managers" (http://deontmanager.nl/boek.html).

Marijne Vos und Ben Kuiken haben im nächsten Vortrag den Anwesenden beim Hereinkommen den Puls gefühlt. Sie wollten wissen, ob in ihrer Organisation noch Leben steckt. Die beiden Berater bieten Erste Hilfe zum Neu-Organisieren an. Wir haben in dem Vortrag viel über Ziele gesprochen und gemerkt, dass es gar nicht so schwer ist, eigene Ziele zu formulieren. Da war viel Leben im Vortragssaal. Bemerkenswert fand ich die Aussage, dass wir keine Energie in Stufenpläne stecken müssen: Was wollen wir erreichen? Was ist wichtig? Und wie organisieren wir das? So klar kann Führung sein. Durch Bens Bücher bin ich überhaupt auf die Idee gekommen, nach Den Haag zu fahren. Sein neustes Büchlein mit dem gleichen Titel ist gut lesbar: http://www.benkuiken.nl/eerste-hulp-bij-nieuw-organiseren/

Gerne hätte ich mir auch zur gleichen Zeit den Vortrag von der Scrum Company (http://www.scrumcompany.nl/) angesehen. Stattdessen habe ich mir dann deren Buch "Scrum in Actie" (http://www.scrumcompany.nl/reserveer-nu-ons-boek-scrum-in-actie/) gekauft. In dem Buch wird der Einsatz von Scrum außerhalb der IT empfohlen und beschrieben.

Im dritten Slot habe ich mir den Vortrag über die neue Bank angehört. Joyce Velu moderierte zwei Beispiele von ING und moniq. ING ist in den Niederlanden eine große Bank und Irene van der Laan, eine Vertreterin aus dem Personalbereich, stellte vor, wie gemischte Kundenteams künftig arbeiten. Anschließend stellte Igor Kluin sein Finanz-Startup monyq vor und erzählte, wie er auf Kundenbedürfnisse eingeht.

Im letzten Vortragsslot habe ich einem Gespräch mit dem Titel "Der Beamte als Held" beigewohnt, das Harold Janssen (http://www.delimes.nl/harold-janssen) moderierte. Zwei Vertreter von Gemeinden haben über ihren Alltag und ihr Menschenbild gesprochen. Beeindruckend fand ich, dass der Bürger nicht als Kunde der kommunalen Verwaltung gesehen wird. Er ist stattdessen Einwohner, Straßenbewohner, Elternteil oder ganz ein Mensch. Und dieser Mensch wendet sich an seine Gemeinde, weil er als Mensch unterschiedliche Wünsche oder Fragen an die Gemeinde hat.

Neue Vorbilder

Weil mein aktives Niederländisch so schlecht ist, konnte nich nicht viel mitreden. Stattdessen habe ich mich auf das Beobachten konzentriert. Ich kenne das von vielen Konferenzen so, dass die Berater mit viel Selbstbewusstsein auftreten und dem Publikum die Welt erklären.

Ganz anders hier: alle Vortragenden traten ruhig und besonnen auf. Sie waren darauf bedacht, mit dem Publikum ins Gespräch zu kommen. Sie wichen bei kritischen Fragen nicht aus und konnten auch zugeben, dass sie etwas nicht wussten. Es wurden auch keine Feindbilder aufgebaut oder gepflegt. Alle haben sich auf die Frage konzentriert: Wie macht man das, wenn man eine Firma neu organisieren will?

Herausgekommen sind viele Antworten und Ideen, die auf einem Menschenbild mit großem Respekt und Vertrauen für alle Beteiligten basieren.

Mir hat die Veranstaltung gut gefallen und ich werde im nächsten Jahr wieder dabei sein. Wo trifft man sonst auch Entmanager, Delimitierer oder Knowmaden?

Vielen Dank an meine Gesprächspartner, die sich trotz meiner schlechten Sprachkenntnisse mit mir unterhalten haben. Ich habe mich sehr wohl bei Euch gefühlt.

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