Direkt zum Hauptbereich

Veränderungen in Organisationen sind einfacher als ich ursprünglich dachte

Die erfahrenen Berater wissen es: So einfach lässt sich eine Kultur in einer Organisation nicht ändern. Craig Larmann ist da anderer Meinung. Er sagt: "You can change any organization in a second". Was meinte er damit?

Auf dem Scrum-Day 2014 in Böblingen hielt Craig Larmann die Abschlussrede. Craig hat sich viel mit Veränderungen in Organisationen beschäftigt. Zusammen mit Bas Vodde hat er zum Beispiel viel darüber geschrieben, wie man Scrum in großen Gruppen umsetzen kann.

Er hat seine Erfahrungen aus 20 Jahren in 4 Gesetzen (Larman's Laws of Organizational Behavior) zusammengefasst:
  1. Jede Organisation ist unbewusst so optimiert, dass Veränderungen vermieden werden, die den Status Quo und das Machtgefüge der mittleren Führungsebene, der operativ verantwortlichen Manager und den von Spezialisten betreffen.
  2. Als Folge von (1) wird jede Veränderungsinitiative im Wesentlichen darauf reduziert, die neuen Begriffe so umzudefinieren oder zu überladen, dass sie eigentlich den Status Quo widerspiegeln.
  3. Als Folge von (1) wird jede Veränderung als "zu akademisch" oder "zu ideologisch" abgestempelt und es wird eine pragmatische Anpassung an die lokalen Gegebenheiten eingefordert. Dies ist eine Auswirkung der aktuellen Schwächen und des Status Quos der Manager und Spezialisten.
  4. Die Kultur folgt der Struktur.
Ich finde diese Gesetze sehr gut nachvollziehbar. Wenn ich an manche Diskussion früher denke, führte sie letztendlich zu nichts. Wir lassen alles, wie es ist. Vielleicht wird es ja von allein besser.

Jetzt sagen Sie vielleicht: "Ja, das habe ich immer schon gewusst. Die Führungskräfte sind schuld, dass sich hier nichts ändert."

So einfach ist das nicht:
  1. Statt auf die einzelnen Personen zu achten, sollten wir ab und zu Organisationen als stabile Systeme oder soziale Felder betrachten. Oft ändert sich das System oder Feld gar nicht, wenn man die Führungskräfte austauscht. Statt die Personen zu ändern, sollten wir überlegen, mit welchen Impulse wir auf das System einwirken können.
  2. Die innere Haltung betrifft auch alle, die Veränderungen wollen.
Den zweiten Punkt, will ich noch etwas ausführen. Nehmen wir an, Sie wollen Scrum im Unternehmen einführen und reden mit Ihrem Chef. Da Sie selbst unsicher über das richtige Vorgehen sind, erhoffen Sie sich von Ihrem Chef eine Carte Blanche zur Umsetzung. Es passiert aber das Gegenteil, weil Ihr Chef sich auch nicht so gut mit Scrum auskennt. Er nimmt Ihre unbewussten Signale wahr und wird selbst unsicher: "Wir fangen besser vorsichtig an und schauen, ob nichts Schlimmes passiert." Beim nächsten Gegenwindstoß rudern alle schnell wieder zurück.

Gehen wir nochmal zurück zum ersten Gespräch mit dem Chef. Was ich von Peter gelernt habe, ist, an meiner inneren Haltung zu arbeiten. Welche Wirkung will ich bei meinem Chef erzielen? Kann ich dieser Wirkung ein Verb geben? Will ich informieren, zum Handeln auffordern, ermutigen?

Wenn ich als Zweifler komme, werde ich Zweifel wecken. Die Wirkung ist ganz anders, wenn Sie - ohne es auszusprechen - von sich denken, dass Sie der Arzt wären. Das ist die Diagnose - und das ist die Therapie. Sie treten ruhig auf und machen deutlich, dass Scrum der beste Weg ist. Sie brauchen sich auch nicht zu rechtfertigen. Mit Ihrem Zahnarzt werden Sie auch nicht diskutieren, dass die Kariesbehandlung ja so schmerzhaft sei und ob denn eine schöne Rückenmassage nicht auch helfen würde, oder?

Wenn Sie eine Veränderung wollen, müssen Sie Ihre Hausaufgaben machen und dann selbstsicher auftreten. Blicken Sie auch nicht auf die einzelne Person, sondern beobachten Sie das System und überlegen Sie sich, wo Sie ansetzen können (/1/). Dann bewegt sich wirklich etwas. Probieren Sie es aus.

Wolf hat übrigens in der Vorbesprechung zu diesem Beitrag den Systembegriff moniert. Seiner Ansicht nach, entstehe zu schnell der Eindruck, als Akteure seien wir nur Marionetten, die an den Systemfäden hingen. Dem widerspreche ich deutlich. Wir sind Akteure und können aktiv zum Wandel in Organisationen beitragen. Auch Dana Meadows sagt zum Ende ihres Buchs, dass eine systemische Sicht eine Ergänzung zu anderen Sichtweisen ist. Mein Punkt ist der folgende: Ohne Blick auf das System oder die Kräfte des Feldes, wird es sehr mühsam, etwas zu ändern, weil wir Stagnation oder Beharrlichkeit auf die einzelnen Personen zurückführen.

Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen. Craig ist der Ansicht, dass wir zu viel Zeit damit vertun, uns zu rechtfertigen und einen sanften Einstieg in die Veränderung zu suchen. Seine Meinung ist, dass sich Dinge im Unternehmen sofort ändern, wenn ein Chef das auch will.

Anmerkungen

  • /1/ Für den Einstieg in das Denken in Systemen ist das Buch von Dana Meadows sehr gut zu lesen /2/.
  • /2/ Meadows, Donella H: Die Grenzen des Denkens : wie wir sie mit System erkennen und überwinden können. 1. Aufl.. : Oekom-Verlag, 2010.

Kommentare

  1. Lieber Jan,

    vielen Dank für deinen anregenden Artikel. Zwei Dinge möchte ich dazu anmerken:

    1. Gerade der letzte Abschnitt erinnert mich an meinen allerersten Blogartikel hier: Damals schrieb ich: Rechtfertige dich so wenig wie möglich! Das ist tatsächlich machbar, wenngleich in den Machtspielen, in denen wir uns alltäglich wiederfinden, nicht ganz einfach. In jedem Fall halte auch ich dies für die Basis, um zielorientiert Veränderungen anzustoßen.

    2. Unabhängig von der jeweiligen hierarchischen Position ist es keinem Teil eines Systems möglich, Veränderungen in oder an einem sozialen System (Team, Firma, Fußballverein) direkt (!) und kontrolliert vorzunehmen. Lediglich das eigene Verhalten lässt sich ändern und damit die Art, wie Einfluss auf das System genommen wird. Der Trost: Genau das ist es, das - in jedem Fall! - eine Änderung bewirkt. Ob sie so ausfällt, wie wir uns das wünschen, hängt von der spezifischen Konstellation ab, die man im Vorfeld so gut wie nur irgendwie abschätzen sollte.

    Wie gesagt, nochmals Danke für den Gedankenanstoß, dass es in der Hand eines jeden liegt, durch das eigene Verhalten anderes, womöglich auch das große Ganze zu ändern!

    Edgar

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.