Direkt zum Hauptbereich

Wie lange brauchst Du noch? - Wie man seine eigene Zeit erfasst (Teil 2)

Jeder, der vor einer verschlossenen Badezimmertür gewartet hat, kennt diese Frage: "Wie lange brauchst Du noch?". Wir haben dann mehrere Möglichkeiten: wir raten oder wir schätzen auf Grund unserer Erfahrung. Die häufigste Reaktion ist, wir warten ab. Warten Sie gern? Ich nicht so gern. Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, das Schätzen auf Basis von Daten. Im ersten Teil habe ich vorgestellt, wie das mit einfachen Vorgängen geht /1/. In diesem Beitrag sehen wir uns ein schwieriges Beispiel an und überlegen, was das für Teams bedeutet.

Watts Humphry hat eine praktische Methode vorgestellt, mit der man lernt, wie lange man für bestimmte Tätigkeiten braucht /2/. Man misst die Zeit und zählt die Mengen. Es gibt Tätigkeiten, da weiß man (noch) nicht, was man zählen kann. Deswegen hier ein weiteres Beispiel.

Beispiel Vertragsbearbeitung

Ich möchte wissen, wie lange ich brauche, um Vertragsänderungen zu bearbeiten. Nachdem ich eine Vertragsversion verschickt habe, meldet sich der Kunde mit Änderungswünschen. Auch hier wieder ein Auszug aus meiner Jobliste.
Tab. 1: Zeitprotokoll für Verträge

 Hier sind folgende Dinge zu sehen:
  • Am Anfang habe ich mehrere Werte notiert (Anzahl Dateien, Anzahl Überarbeitungen in Word, Kommentare).
  • Ich habe ein neues Tätigkeitskürzel CTR-CMT eingeführt.
  • Nach einigen Versuchen war mir klar, dass ich nur auf bestimmte Änderungen achten muss. Ich muss zwischen 2 und 8 Minuten pro Änderung einplanen; realistisch sind wohl 6 Minuten pro Änderung.
Bei jeder neuen Tätigkeit probiere ich etwas. Ich schreibe einfach mehrere Mengen auf. Wichtig ist, dass man immer etwas findet, dass sich schnell zählen lässt. Manchmal brauche ich auf Tools, die für mich zählen. Word zählt für mich Seiten oder Überarbeitungen, CLOC zählt für mich meine Lines-of-Code usw. /3/.

Manchmal sind die Vorgänge unterschiedlich komlex. Für einen Text in deutscher Sprache brauche ich nicht so lange wie für die Bearbeitung eines Textes in englischer Sprache. Dann erfasse ich die Zeit in unterschiedlichen Kategorien.

Dass ich den richtigen Zähler gefunden habe, erkenne ich daran, dass sich die Durchschnittswerte nicht mehr stark ändern.

Bedeutung für Teams

Je besser jeder im Team seine eigene Arbeitszeit einschätzen kann, desto zuverlässiger sind die Zusagen, die das Team gegenüber anderen macht. Selbstverständlich sind die erfassten Zeiten individuell und dürfen nicht dazu genutzt werden, Teammitglieder untereinander zu vergleichen. Jeder hat seine eigenen Arbeitsstil.

Diese Art der Aufschreibung hilft dem Team übrigens nicht, die Prozessdauer insgesamt zu ermitteln. Jeder Prozess hat Variationen im Ablauf und die persönliche Aufschreibung berücksichtigt ja noch gar nicht den Kommunikations- und Koordinationsaufwand vor und nach der eigentlichen Bearbeitung. Dazu braucht man andere Mittel wie z. B. Time Value Maps /4/.

Es gibt ein gutes Gefühl, wenn man sagen kann: "Ich weiß, dass ich X Minuten für diese Aufgabe brauche, wenn es X [Dinge] sind." Macht auf jeden Fall einen professionellen Eindruck, oder?

Anmerkungen:

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Wie lassen sich Ergebnisse definieren? - Drei Beispiele (WBS, CBP und BDN)

Ich habe schon darüber geschrieben, warum das Definieren von Ergebnissen so wichtig ist. Es lenkt die Aufmerksamkeit des Projektteams auf die eigentlichen Ziele. Aber was sind eigentlich Projektergebnisse? In diesem Beitrag stelle ich drei Methoden vor, um leichter an Ergebnisse zu kommen.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Kleine Organisationsveränderungen, die direktes Feedback erzeugen

Große Veränderungen sind in einer Organisation schwer zu messen. Oft liegt zwischen Ursache und Wirkung ein langer Zeitraum, sodass die Umsetzer:innen nicht wissen, was genau gewirkt hat. Hier ist eine Liste mit kleinen Maßnahmen, die schnell etwas zurückmelden.

Schuld war gestern – Verantwortung ist heute

Wer hat's verbockt? Die klassische Frage. Und doch  hilft sie selten wirklich weiter – schon gar nicht, wenn es um echte, erfolgreiche Zusammenarbeit geht. Was stattdessen tun? Mehr Verantwortung übernehmen.

Wie Agilität den Kundennutzen steigert - Einige Argumente für Berater:innen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele, ob agile Beratung noch eine Zukunft hat. Die Antwort liegt in der konsequenten Orientierung am Kundennutzen. Qualität setzt sich durch, wenn sie messbare Verbesserungen bei Umsatz, Kosten und Leistungsfähigkeit bewirkt, anstatt sich in Methoden und zirkulären Fragen zu verlieren. Dieser Artikel zeigt, wie agile Beratung nachhaltige Veränderungen in Unternehmen schafft und warum gerade jetzt gute Berater:innen gebraucht werden, um Organisationen widerstandsfähiger zu machen.

Warum eine Agile Transformation keine Reise ist

Die agile Transformation wird oft als eine Reise beschrieben. Doch dieser Vergleich kann viele Unternehmen in die Irre führen oder Bilder von unpassenden Vergleichen erzeugen. Transformationen sind keine linearen Prozesse mit einem klaren Ziel, sondern komplexe und dynamische Entwicklungen. Dieser Artikel zeigt, warum Agilität kein Weg mit einem festen Endpunkt ist.

Teamleitungen gesucht

Was macht Teams erfolgreich? Kann man das lernen? Ab Herbst starten unsere Kurse für aktuelle und künftige Teamleitungen. Jetzt gibt es die Gelegenheit, den Kurs zu testen.

Ent-Spannen statt Platzen: Erste Hilfe für mehr Vertrauen und Resilienz im Team

Zwei Themen die mir in den letzten Wochen immer wieder über den Weg laufen sind Vertrauen und Resilienz. Vertrauen als das Fundament für gemeinsame Zusammenarbeit und Resilienz als die Fähigkeit, Herausforderungen, Stress und Rückschläge zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen.  In dem Blogpost möchte ich ein paar Erste-Hilfe Interventionen teilen, die zu mehr Vertrauen und Resilienz im Team führen können - gerade wenn die Emotionen hochkochen und es heiss her geht im Team. Die „Mist-Runde“: Ärger Raum geben. In konfliktbeladenen oder belasteten Teams kann es eine große Herausforderung sein, eine offene Kommunikation und ein respektvolles Miteinander zu fördern. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode, um Spannungen abzubauen, ist die „Mist-Runde“ . Diese Intervention, die ich zuerst bei Veronika Jungwirth und Ralph Miarka kennengelernt habe, gibt den Teilnehmern einen geschützten Raum, in dem sie ihre Frustrationen und negativen Gedanken ohne Zensur äußern können un...

Nachschau zum Lean Coffee-Spezial "Agil einfach machen" (Interaktive Buchvorstellung)

Bei unserem Lean Coffee-Spezial Ende Mai waren wir von Lean Coffee Karlsruhe/Frankfurt Zeugen einer Buchvorstellung, doch nicht nur das – natürlich gab es auch einen nicht unbeträchtlichen Anteil an eigener Aktion, denn bei unseren Spezialterminen ist traditionell „Teilgabe“ angesagt. Das Autorenduo Christian Baron und Janick Oswald zeigte uns, was es mit „Agil einfach machen“ auf sich hat.