Direkt zum Hauptbereich

Welche Methode ist besser? - Was ein Team tun kann, wenn es aus 2 Methoden auswählen muss (Teil 2)

Neben Fachwissen brauchen Teams auch Methodenwissen. Nun herrscht aber kein Mangel an Methoden. Wie soll ein Team damit umgehen, wenn einzelne Mitglieder unterschiedliche Methoden propagieren? Im ersten Teil haben wir uns drei Möglichkeiten angesehen. Hier folgt ein weiterer Vorschlag.

In unserer Ausgangsituation will ein Team sein strategisches Denken verbessern. Zur Auswahl stehen das Dame-Spiel und das Schach-Spiel.

Wie soll das Team nun vorgehen?


Zum einen ist wichtig, dass wenn man über Methoden entscheiden muss, dass das Team darin geschult wurde, und zwar von einem externen erfahrenen Trainer. Sonst hat das Team keine Chance, die Methode zu verstehen. Ohne ein gemeinsames Verständnis wird es sehr schwer.

Alle Teammitglieder müssen beide Spiele mehrfach spielen und sich beim Spielen helfen lassen. Vielleicht müssen die Mitglieder auch anderen Spieler zusehen und sie befragen. Vorher können sie den Sinn des Spiels nicht erfassen.

Zum anderen können Methoden nicht auf der Ebene der Methoden kombiniert werden. Beim Vergleich Dame- und Schachspiel ist das offensichtlich. Schach mit Dame-Figuren spielen setzt eine ordentliche Gedächtnisleistung voraus. Dame mit Schach-Figuren spielen, ist wahrscheinlich nicht so schwer.

Bei Organisationsmethoden wie Scrum und PRINCE2 ist es nicht offensichtlich.

Jedes Methode, jedes Framework ist entstanden, weil ein Unternehmen oder ein Team ein spezifisches Problem hatte. Aus diesem Problem heraus, haben sich die Erfinder einer Methode Rollen, Regeln, Ereignisse und Artefakte überlegt. Damit hatten sie so Erfolg, dass die Methode ausformuliert, ggf. überarbeitet und dann veröffentlicht wurde /1/.


Wenn wir über den Einsatz und auch über die Kombination von Methoden sprechen, müssen wir uns die ursprünglichen Probleme ansehen. Wir müssen überlegen, was die Situation und Intention einer Rolle, einer Regel, eines Ereignisses oder eines Artefakts ist. Daraus können wir ableiten, ob die Lösung der konkurrierenden Methoden auch zur eigenen Situation passt.

Was bedeutet das konkret?

Nehmen wir nochmal das Beispiel. Ich würde folgendes tun:
  1. Gemeinsame Schulung in jeder Methode. Beide Teams lernen Dame und Schach. Der Schulungsaufwand muss ins Verhältnis zum potenziellen Schaden durch das Nicht-Einführen einer Methode gesetzt werden.
  2. Zuhören, nachfragen, diskutieren: Welches Problem könnte die Methode lösen? Welchen Reiz hat das Schachspiel, welchen Reiz hat das Dame-Spiel?
  3. Konsens über die Probleme finden: Die Probleme, die eine Methode löst, müssen für das Team relevant sein. Bei Dame sind die Ressourcen alle gleich und können aufgewertet werden. Bei Schach kämpft man mit unterschiedlichen Ressourcen.
  4. Problemweise entscheiden, welcher Ansatz sinnvoll ist.
  5. Auf Experiment einigen. Was können wir in den nächsten 2 Wochen realistisch ausprobieren, um mehr Gewissheit zu bekommen?
Was passiert dann? Erstaunlicherweise tendieren Teams dann automatisch mehr zu einer Methode, weil sie sich insgesamt stärker mit dem Thema auseinander gesetzt haben. Aber nun ist es zu einer Methode des Teams geworden. Zudem haben sie ein besseres Problemverständnis entwickelt.

Sehen wir genauer hin.
  • Das Team könnte nun feststellen, dass es gar nicht mit unterschiedlichen Ressourcen arbeitet. Zudem sind die Schachregeln komplizierter als die Dame-Regeln. Dann wäre das Dame-Spiel besser. 
  • Vielleicht es auch umgekehrt. 
  • Es könnte ja sein, dass es für dieses Team auf die Schönheit der Figuren ankommt. Dann reicht es ja, wenn man die Dame-Steine verziert.
  • Das Team kann feststellen, dass eine direkte Kombination von Dame und Schach nicht sinnvoll ist. Es sucht stattdessen ein Spiel, in dem die Ressourcen gleichwertig sind und die Komplexität höher ist. Dann wäre das Go-Spiel eine neue Alternative.
Abb.1: Go-Steine (Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Go_board.jpg)

Das Team hat durch die Auseinandersetzung mit den dahinterliegenden Problemen seinen eigenen Bewertungsmaßstab gefunden.

Wenn Sie also vor der Auswahl von Methoden stehen, versuchen Sie Ihr Problembewusstsein zu schärfen. Im betrieblichen Alltag nehmen wir uns nicht oft Zeit dafür. Wir denken selten über Begriffe nach. Wir sind oft zu sehr damit beschäftigt, gleich eine Lösung zu finden, statt erstmal länger über ein Problem nachzudenken.

Sofern Sie eine neue Methode auswählen müssen, die langfristig zu Ihrem Handwerkszeug werden soll, ist die Zeit für das Nachdenken, Problematisieren und Diskutieren keine schlechte Investition, oder?

Anmerkungen

  • /1/ Übrigens: Ob das ursprüngliche Problem wegen der Methode, wegen Zufall oder wegen eines engagierten Teams gelöst wurde, können wir nicht wissen. Die wenigsten Methoden werden wissenschaftlich mit Doppelblindtest geprüft. Vielleicht war die Methode auch erfolgreich, weil das Team wegen der gefundenen Methode etwas gemacht hat, was in ihr selbst nicht formuliert ist.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Agile Sternbilder: Die Entdeckung kosmischer Agilitäts-Superkräfte

Hast du dich je gefragt, ob dein Sternzeichen deine Fähigkeiten in einer agilen Arbeitsumgebung beeinflusst? In diesem Blogpost tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Astrologie und ihre mögliche Verbindung zu modernen Arbeitsweisen. Entdecke, wie die Sterne deine agilen Stärken prägen könnten. Ob überzeugter Agilist oder neugieriger Sternzeichenliebhaber – dieser Artikel kann dir neue Perspektiven eröffnen und vielleicht sogar dein nächstes Teamprojekt inspirieren!

Den passenden Job finden

Hier teile ich, wie ich daran arbeite, endlich den richtigen Job zu finden. Kleingedrucktes: Dieser Artikel richtet sich (natürlich) an jene, die gerade in der luxuriösen Position sind, dass sie nicht jedes Angebot annehmen müssen. Anstatt von Engagement zu Engagement zu hetzen und frustriert zu sein über Konzernstrukturen, fehlende Ausrichtung und die Erkenntnis, dass in einem selbst beständig die Hintergrundfrage nagt, ob es das ist, womit man seine immer knapper werdende Lebenszeit wirklich verbringen möchte, gibt es manchmal auch die Möglichkeit, die nächste berufliche Station etwas nachhaltiger auszusuchen - auch, um tatsächlich (etwas) mehr beitragen zu können.

Die Microsoft Teams-Not-To-Do-Liste

Viele hoffen, dass es  für die Einrichtung von Microsoft Teams  den Königsweg gibt, den perfekten Plan – doch den gibt es leider (oder glücklicherweise?) nicht. Genauso wenig, wie es jemals einen Masterplan für die Organisation von Gruppenlaufwerken gab, gibt oder je geben wird. Was gut und vernünftig ist hängt von vielen Faktoren und ganz besonders den Unternehmensprozessen ab. Sicher ist nur eines: Von alleine entsteht keine vernünftige Struktur und schon gar keine Ordnung. Dafür braucht es klare Entscheidungen.

Agilität ist tot. Ausgerechnet jetzt?

Agilität wird zurückgefahren, Hierarchien kehren zurück. Doch ist das wirklich der richtige Weg in einer Welt, die immer unberechenbarer wird? Oder erleben wir gerade eine riskante Rolle rückwärts?

Wie beschreibt man einen Workshop für eine Konferenz?

Konferenzen bieten immer ein gutes Forum, um sein Wissen und seine Erfahrungen zu teilen. Was für die Vortragenden selbstverständlich scheint, ist für die Besucher:innen oft unverständlich. Wie können Vortragende ihren Workshop in 2-3 Sätzen beschreiben, damit die Besucher:innen schnell einschätzen können, er sich für sie lohnt?

Gemeinsam eine Anwenderdokumentation erstellen

Unternehmenssoftware ist ein wichtiges Bindeglied zwischen Anwenderinnen und Anwendern, den Unternehmensprozessen und den Ergebnissen. Normalerweise schreibt der Hersteller der Software die Dokumentation für diejenigen, die die Software benutzen. Wenn die Software allerdings stark angepasst wurde, muss die Dokumentation von denen kommen, die die Prozessmaschine am besten verstehen - den Anwenderinnen und Anwendern. Wie könnte man das praktisch machen?

Scrum und Hardware: Es kommt auf die Basics an

Man kann Hardwareprodukte agil entwickeln. Zum einen kommt Scrum aus der Hardwareentwicklung. Die Softwerker haben die Hardwarekonzepte auf ihre Situation übertragen. Zum anderen hat Hardwareentwicklung heute ganz viel mit Software zu tun. Gerade in frühen Phasen kann man sich mit Simulationen noch viele Wege offen halten und mehrere Pfade parallel verfolgen. In diesem Beitrag empfehle ich eine Podcastfolge und ein Buch, für alle, die mit der Geschwindigkeit ihrer Hardwareentwicklung nicht zufrieden sind.