Zurecht heißt es: "Wer fragt führt."
Doch kann man wirklich nicht auch durch Antworten führen? Eine kurze Anleitung zur Herausforderung, mit Fragen gut und professionell umzugehen.
Vor Jahren absolvierte ich einen Kurs, um zu lernen, wie man Workshops professionell moderiert: Auftragsklärung, Strukturieren & Konzipieren, Moderieren inklusive der Methodik, Technik und Materialien etc.
Inzwischen habe ich eigene Erfahrungen gesammelt und meine eigenen Ansätze gefunden, die für mich passen (und hoffentlich auch für meine Klienten). Und doch überrascht mich immer wieder, wie oft ich auf die vielen hilfreichen Basics zurückgreife, die ich damals gelernt hatte. Ein paar Dinge sind besonders hängen geblieben. Auch, weil ich sie so gut wie jeden Tag anwende. Zum Beispiel eben dieProfessionelle Fragebehandlung
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(c) 2021 Edgar Rodehack |
1. Danke sagen
Bedanken Sie sich IMMER für die Frage, auch wenn Ihnen die Frage gerade nicht ins Konzept passt. Es wäre auch gut, wenn sie dies wertschätzend tun. Also: Es auch meinen. Das ist gar nicht so schwer und mit ein bisschen Übung sogar leicht hinzubekommen.Jede Frage bedeutet nämlich, dass sich die Menschen mit dem (ihrem!) Thema auseinandersetzen. (Ja, auch bei den kritischen Fragen, gerade dann.)
Von jeder Frage können Sie auch persönlich lernen (z.B. wie Sie diese Frage gut und professionell behandeln. Oder das, was und wie Sie vortragen, zukünftig so verständlich zu machen, dass weniger Fragen aufkommen.)
2. Frage klären
Experten (die wir alle sind), freuen sich über Fragen. Ganz besonders, wenn es Fachfragen sind. So können die Experten (die wir alle sind), zeigen, was wir können. Gerade in der Fragebehandlung ist das aber (erstmal) fehl am Platz.Denn es geht (erstmal) nicht (nur) darum, Wissen zu vermitteln, sondern darum, dem/der FragestellerIn zu helfen, zu verstehen. Das ist ein Unterschied!
Das (sprachlich-gedankliche) Mittel der Wahl dazu ist "Chunken". Und zwar nach oben. Chunks sind "Themenfelder", mit welchen Menschen sich ihre Welt gedanklich ordnen und organisieren.
Vermeiden Sie deshalb das, was ich die Beraterfalle nenne, also gleich eine Antwort zu geben. Versuchen Sie erst einmal herauszufinden, ob Sie die Frage verstanden haben. Am besten auch, warum sie gestellt wird.
Das Handwerkszeug dazu ist: In den eigenen Worten die Frage (kurz) wiederholen, die Interpretation mitzuliefern und sich im Anschluss die Bestätigung bei/m FragestellerIn abzuholen:
- "Wenn Sie sagen, dass...,
- meinen Sie damit,...?
- Haben ich das so richtig verstanden?"
3. Kontext geben, orientieren, "chunken"
Im ersten Moment ist wichtig, die Frage in den passenden thematischen Kontext zu setzen und damit einzuordnen. Das gibt Orientierung, was meist alleine schon hilfreich ist. (Und gar nicht so selten die Frage schon beantwortet.)Das gilt nicht nur für die FragestellerInnen, sondern für alle. Denn der Kontext ist, was die Frage für das gerade behandelte Thema übergreifend relevant macht. Oft sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Das (sprachlich-gedankliche) Mittel der Wahl dazu ist "Chunken". Und zwar nach oben. Chunks sind "Themenfelder", mit welchen Menschen sich ihre Welt gedanklich ordnen und organisieren.
Chunken bedeutet "vereinfachen". Es werden Oberbegriffe gebildet. So löst man sich (zunächst) vom Detailbereich, wo oft die Fragen auftauchen. Beispiel: Specht, Spatz, Amsel, Drossel, Fink und Star --> Vögel
Chunken wir nach oben, ordnen wir also die Frage thematisch ein. Beispiel:
"Ihre Frage zielt auf einen spezifischen Punkt der Prävention. Im Moment sprechen wir allerdings gerade über Prophylaxe. Das kann man leicht verwechseln, deshalb mache ich hier gerne einen kleinen Exkurs..."
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4. Antwort
Jetzt ist Zeit, sich an die Antwort zu machen. Generell gilt: Ausführlich genug, aber auch UNBEDINGT so kurz wie möglich. (Diese Kunst erfordert Übung.)Ansonsten kann es viel bedeuten, z.B. einfach kurz und knapp Informationen zu geben. Das bietet sich bei "einfachen" Fachfragen an.
Nach meiner Erfahrung aber ist besser, die Frage erst einmal zurückzuhalten und den/die FragestellerIn in die Antwort mit einzubeziehen. Und am besten die ganze Gruppe:
- "Bevor ich meine Antwort gebe, würde mich interessieren, was Sie selbst meinen...?"
- "Das ist eine gute Frage, was sagen denn die anderen dazu?"
- "Gar nicht so leicht zu beantworten. Haben Sie oder jemand aus der Runde denn schon Ähnliches erlebt? Was ist da geschehen?
- Sie agieren hochprofessionell, denn Sie vermeiden die Beraterfalle: Es geht nicht um Ihre Erkenntnis. Sondern um die der TeilnehmerInnen, besonders die der FragestellerInnen.
- Sie halten die Menschen gedanklich bei der Stange.
- Sie gewinnen Zeit, falls Sie selbst noch keine Antwort haben.
5. Sauber abschließen
Versichern Sie sich am Ende vor allem beim Fragesteller/bei der Fragestellerin, ob die Frage ausreichend beantwortet wurde. Falls nicht, können Sie entweder noch einmal einsteigen oder Sie vertagen sich auf einen anderen Zeitpunkt.Wenn ich es mir so recht überlege...
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... ist das wohl einer meiner "Magic Tricks". Denn:
- So behandele ich meine TeilnehmerInnen wertschätzend auf Augenhöhe und gleichberechtigt. Das sorgt für eine vertrauensvolle, echte Lernatmosphäre.
- TeilnehmerInnen bringe ich so dazu, selbst Lösungen zu erarbeiten. Das schafft Vertrauen in die eigenen Lösungskompetenzen. Das aktiviert und motiviert die Menschen, ihre Probleme und Sachthemen gut zu lösen. Das fühlt sich für alle einfach gut an. Und gut ist das ja auch.
Deshalb bin ich schon immer ein bisschen stolz auf mich, wenn es mir gelingt, Fragen so zu beantworten. :)
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