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Wer liest, hat mehr vom Buch #2: Das Leben, erklärt

Welche Bücher waren oder sind für mich persönlich und für meine Arbeit hilfreich, prägend und wichtig? Hier eine weitere kommentierte Liste* aus der Reihe./1/ Diesmal: Bücher, die mir die Welt erklären. Also so allumfassend. Darunter machen wir es nicht, oder? :)
* non-affiliate

Kurzer Hinweis, bevor es losgeht: Ja, ich weiß: Die Naturwissenschaftsecke ist unterrepräsentiert. Sorry!



Für uns alle ist Musik mittlerweile ein allgegenwärtiger Begleiter, der mich persönlich schon immer fasziniert. Denn Musik ist eine menschliche Ausdrucksform für Situationen und Gefühlslagen, die sich mit Sprache nicht fassen lassen. Außerdem halte ich sie für ein vor allem soziales und organisatorisches Wunder: Wie kommt es zu Musik? Warum tun sich Menschen zusammen, um gemeinsam Klanggebilde zu entwerfen und/oder ihnen zu lauschen? Auf so vielfältige Art und Weise? Gibt es jemanden, der sich der Magie der Musik entziehen kann?

Gerade in heutigen Zeiten, in welchen Musik überall verfügbar ist, lohnt es sich, dieser Frage nachzugehen: Warum ist das so? Wieso ist Musik schon so lange ein wesentlicher Baustein der menschlichen Kulturgeschichte? Welche musikalischen Ausprägungen gibt es und warum? Welche sozialen, wirtschaftlichen und politische Auswirkungen hat Musik? Was haben technische Entwicklungen damit zu tun? Wie sind all diese Zusammenhänge? 

David Byrne gibt in seinem Buch viele Antworten auf all diese Fragen. Byrne, seines Zeichens der kreative Kopf der Talking Heads und ausgewiesener Experte im Fachgebiet der Musik, führt in spielerischem, leichten Ton, also auf beneidenswert einfache und gleichzeitig detailreich-kompetente Art die musikalischen, technischen, historischen, soziologischen, wirtschaftlichen, politischen und und und Fäden zu diesem unfassbar guten Kompendium der Musik zusammen. Es ist wirklich Wahnsinn, wie gut Byrne nicht nur Musik macht, sondern auch über Musik schreibt! Andererseits: Wenn nicht er, wer dann? Wer über Musik sprechen will, muss dieses Buch lesen!

A propos "Soziales Wunder":



Charvet, Shelle: Words that Change Minds. Mastering the Language of Influence. o.O, 1995.


Nein, hier geht es nicht um Kommunikations-Klassiker a la Vier-Ohren-Modell und so. Hier geht es darum, welche (ja, auch manipulative) Kraft Sprache hat, wenn man sie entsprechend konkret anwendet. Noch kein anderes Buch hat es geschafft, mir das so gekonnt (und auch so konkret anwendbar) zu vermitteln. Für alle, die mit Sprache hantieren müssen (sind wir das nicht alle?), sich dort verbessern oder ein paar tiefere Fähigkeiten aneignen möchten oder sich auch vor Manipulationen schützen möchten, könnte das eines der wichtigsten Bücher sein... 

Comte-Sponville, André: Kann Kapitalismus moralisch sein? Zürich, 2014.


Ohne spoilern zu wollen: Nein, Kapitalismus kann nicht moralisch sein. Aber warum eigentlich nicht? Und was tun, damit im kapitalistischen Zeitalter die Moral trotzdem zu ihrem Recht kommt? Für diese Antworten lohnt es sich, das im Umfang sehr überschaubare, im Inhalt dagegen sehr gehaltvolle Buch des französischen Philosophen André Comte-Sponville in die Hand zu nehmen und nachzulesen. Es ist schlicht ein Freude, der in leichtem Ton verfassten philosophisch-geschulten Argumentation des Profis seines Faches zu folgen und zu lernen. 

Sehr aufschlussreich. Das beste aber ist, dass es sehr motivierend ist, sich in allen privaten, öffentlichen und wirtschaftlichen Lebensbereichen wieder mehr für die gute Sache einzustehen und sich zu engagieren!


Wie treffen wir wann wo welche Entscheidungen? In welche Fallen tappen wir dabei immer wieder? Dietrich Dörner, ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, erklärt es uns anhand vieler vieler Fallbeispiele aus seiner Forschung. Er erklärt dabei, in welchen Situationen Menschen auf welche Art neigen zu denken und zu handeln. Und welche Konsequenzen das nach sich zieht. Ein unglaublich spannendes Buch mit vielen Aha-Erlebnissen. Für alle, die wissen wollen, wie es zu richtigen und falschen, guten und schlechten Entscheidungen von Einzelnen und von Gruppen (Teams, Organisationen, Unternehmen etc.) kommt: Hier werden Sie geholfen. 

Foer, Jonathan Safran: Eating Animals. London, 2010. (Dt: Tiere Essen)


Jonathan Safran Foer ist eigentlich bekannt für seine wahnsinnig guten Roman (z.B. "Alles ist erleuchtet"). Dabei sollte er eigentlich für dieses Buch mindestens ebenso viel Lob bekommen. Foer nimmt uns mit auf eine Reise durch die Kulturgeschichte der Mensch-Tier-Beziehung und - tja - damit auch des Fleischkonsums. Dabei geht er sehr interessanten und auch naheligenden Fragen nach. Wie kommt es z.B., dass Menschen zwischen Haustieren, die sie niemals essen würden, und Nutztieren unterscheiden, die man milliardenfach unter unwürdigen Bedingungen  "produziert" und "verarbeitet". Wenn wir global schon so viel Fleisch essen: Wieso ist es in manchen Kulturkreisen völlig in Ordnung, manche Tiere zu essen, wohingegen das an anderen Orten der Welt völlig undenkbar ist.

Foer beleuchtet das Thema faktenreich, kulturhistorisch, medizinisch, sozial, wirtschaftlich. Und damit natürlich auch kritisch. Doch auch wenn seine Haltung natürlich sehr klar wird, so wahrt er stets einen journalistisch distanzierten Ton. Es geht ihm ganz offensichtlich darum, das Thema umfassend darzustellen und möglichst Fakten sprechen zu lassen. Der offensichtliche Plan dahinter: Wenn wir dies auf uns wirken lassen, wissen sowieso alle, was zu tun ist.

Gigerenzer, Gerd: Risiko. Wie man die richtigen Entscheidungen trifft. München, 2013.


Die Welt ist nicht nur kompliziert. Sie ist vor allem auch komplex. Was macht das schon für einen großen Unterschied? Die Ungewissheit und das damit verbundene Risiko in unserem Tun. Wie wir mit beidem umgehen und warum, in welche Fallen wir tappen und wie wir sie umschiffen können: Wir lernen es in diesem Buch. Gerd Gigerenzer kann einfach unglaublich gut erklären und schreiben. Dies ist also ein super Buch, das erklärt, warum wir (und andere) in unsicheren, unübersichtlichen Situationen (von welchen es sehr, sehr viele gibt) manchmal blöde Entscheidungen treffen. Und wie wir (und andere) uns schlauer verhalten können. 


Als überzeugte Konstruktivisten wissen wir, dass die Welt so ist, wie wir sie beschreiben. Gerade in Zeiten von Fake News lässt sich das gar nicht deutlich genug herausstellen: Wir erschaffen und gestalten uns unsere Welt, indem wir darüber sprechen und wie wir das tun, WAS wir also WIE sagen - und was davon wir glauben. Auch Kunstwerke sind eine Art dieser Weltbeschreibung. Kunst hat nur eben eine eigene Sprache und unendlich viele Möglichkeiten. Künstler und ihre Auftraggeber zeigen uns mit ihrer Kunst, wie sie die Welt sehen, wie sie sie sehen wollen und auch wie sie Welt gerne gestalten. Wenn wir die Kunstwerke betrachten und interpretieren, setzen wir uns mit ihr und der Weltbeschreibung auseinander (Rezeption). Das wiederum sorgt dafür, dass alle Beteiligten zu einem neuen gemeinsamen Weltverständnis gelangen. 

Alleine deshalb macht es schon Sinn, sich mit Kunst, ihren Ausdrucksformen und ihrer (Kultur-)Geschichte auseinanderzusetzen. Denn Kunst hat mit der oben beschriebenen Wirkweise einen sehr großen Anteil an der Entwicklung der Menschheitsgeschichte. Wie verändert sich Kunst im Laufe der Zeit und vor allem: Warum. 

Ernst Gombrichs Buch ist ein bisschen in die Jahre gekommen. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb?) ist Gombrichs tiefer verstehender Blick auf die Entwicklungen der Kunstgeschichte, die Veränderungen der Kunst im Laufe der Zeit und ihrer Hintergründe im Zeitalter schneller Internet-Recherchen wohltuend. Gombrich versteht es eben, auf seine eigene lustvolle, leichte Art die Geschichte der Kunst zu erzählen und Antworten auf die Frage zu geben, warum welche Entwicklung wie wichtig und wie prägend war. 

Für alle, die an einem guten Einstieg in das Thema und die (soziologisch-historischen) Zusammenhängen interessiert sind, ist dieses Buch also ein Eldorado. Und auch jenen, die beim nächsten gesellschaftlichen Event ein bisschen mehr mitreden wollen als sonst, kann ich dieses Buch wärmstens ans Herz legen. Der nächste Museums-Besuch macht nach der Lektüre deutlich mehr Spaß! Wir sehen, was wir wissen!







Wer bislang noch nichts von diesem Bestseller oder seinem Autor gehört hat, ist entweder taub oder blind oder beides. Trotzdem oder gerade deshalb findet es sich hier. Denn es ist völlig zu Recht viel beachtet. Worum geht's? Um die Frage, wie der Mensch (= wir alle, jeder von uns) als Spezies mit seiner (= unsere) Kultur an diesen Punkt gelangt ist, an dem er (also: wir) gerade stehen. Warum stehen wir hier an diesem Punkt? Wie ist unser Weg bislang verlaufen? Wann haben wir welche Entwicklung genommen? Was hat wann stattgefunden und vor allem: Was können wir daraus für heute und morgen lernen? Wo wird also unsere Reise kurz-, mittel- und langfristig hingehen? Wer sich für all das interessiert, lese dieses GEI-LE Buch*!
(...für Leute mit Sitzfleisch)
(...das Buch hat 500+ Seiten)
(...die lohnen sich aber)!
(...fühlen sich wie 150 an)!

* Sehr empfehlenswert ist danach übrigens auch: Harari, Yuval Noaḥ: Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen. München, 2017.


Johner, Philipp: Freundschaft: Was es für ein erfülltes Leben braucht. Frankfurt am Main, 2012.


"Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt". Warum aber ist Freundschaft so essentiell wichtig für uns? Hier erfahren wir es. Und auch, was Freundschaft ausmacht und wie wir sie auf gute Art leben.

Zwischendurch ein kurzes Musikvideo zum Entspannen :)

 

 

Kelly, Kevin: The Inevitable. Understanding the 12 Technological Forces That Will Shape Our Future. New York, 2016.


Die Welt ist ja nun seit ein paar Jahrzenten im digitalen Wandel. Doch obwohl (oder vielleicht gerade weil) wir alle tagtäglich stundenlang auf unsere Mini-Bildschirme glotzen und darauf herumwischen, dämmert es uns allgemein erst jetzt so ganz langsam, dass da etwas wirklich Einschneidendes geschieht und wir uns auf ein wirklich anderes Leben einstellen sollten. Aber auf welches genau? Was erwartet uns zukünftig?

Auch Kevin Kelly, seines Zeichens Mitbegründer der legendären Technik-Zeitschrift "Wired" und also ausgewiesener Experte auf dem Feld der zukunftsweisender Trends und Technologien, kann uns diese Frage nicht konkret beantworten. Aber er zeigt hier auf, welche vor allem technischen, aber auch sozialen und gesellschaftlichen Trends sich ziemlich sicher durchsetzen werden. Wer also in die Zukunft blicken möchte: dieses Buch hilft.


Klein, Stefan: Zeit. Der Stoff, aus dem das Leben ist. Eine Gebrauchsanleitung. Frankfurt am Main, 2014.


Macht hat seit laaaaangem, wer Geld besitzt. Wenn stimmt, dass Zeit Geld ist, dann macht auch Sinn, dass sich freiheitsliebende Menschen mit jenem machtvollen Stoff auseinandersetzen. Denn die Zeit hat es geschafft, uns tatsächlich zu beherrschen. Und zwar auf eine besonders subtile Art. Nämlich so, dass es uns unter normalen Umständen gar nicht mehr auffällt. Alles, was wir tun, machen wir unter dem normalerweise unmerklichen, aber eben doch extrem rigiden Zeitdiktat. Alles, was wir tun, ist getaktet und synchronisiert.

Das war allerdings nicht immer so. Streng genommen ist zumindest diese krasse Form des Zeitregiments eine ziemlich junge Entwicklung, eigentlich erst ein paar Jahrhunderte alt. Das rätselhafte Phänomen Zeit begleitet uns freilich schon viel länger. Wie lange? Und warum ist Zeit für uns immer wichtiger geworden? Was hat Zeit ganz grundsätzlich für einen Effekt auf uns, unser Leben und unser Zusammenleben? Wie war das früher? Wie ist es heute? Warum hat sich das alles so entwickelt wie es sich entwickelt?

Der preisgekrönte Wissenschaftsjournalist Stefan Klein erklärt es uns in seinem wie immer gut und umfassend recherchierten und spannend zu lesendem Buch. Sehr viele Aha-Momente kommen gratis mit. Und sogar auch einige gute, konkrete Tipps, wie man einen eigenen guten Umgang mit der Zeit finden kann, liefert diese Kulturgeschichte der Zeit. Rundum gelungen, würde ich sagen. Hier passt es besonders gut: Jede Minute, die Sie in die Lektüre dieses Buch investieren, lohnt sich!


Largo, Remo H.: Das passende Leben. Was unsere Individualität ausmacht und wie wir sie leben können. Frankfurt am Main, 2017.


Wie findet jeder einzelne Mensch seinen Platz in der Welt? Wie entwickelt er sich und warum? Wie bilden sich Charakterzüge, Kompetenzen, Interessen und Talente heraus? Was davon ist z.B. genetisch vorbestimmt, was abhängig von persönlichen, sozialen oder sonstigen Prägungen? Was ist ein gutes, passendes Leben? Was sind gute Voraussetzungen dafür und wie können wir sie uns schaffen? Welche Rolle spielen individuelle Voraussetzungen, Gesellschaft und soziales Umfeld? Kurz: Wer wissen will, was ein gutes, passendes individuelles und gemeinschaftliches Leben ausmacht, der lese das Buch des Schweizers Arztes und Wissenschaftlers Remo Largo. Seine auf langjährige Studien aufbauenden geben ziemlich konkrete Antworten, die zwar heutzutage nicht mehr wirklich überraschen sollten, es aber sicherlich noch öfter tun, als uns das lieb sein sollte. (Seufz.)


Logan, Dave: Tribal Leadership. New York, 2009


Wie und auf welche Art entwickeln sich Teams, Organisationen und Unternehmen und die einzelnen Menschen darin? Welche Entwicklungsstufen gibt es in welcher Reihenfolge? Wann wird die jeweils nächste Stufe "gezündet"? Welche Ereignisse und Impulse lösen Veränderungen und Entwicklungen aus? Dave Logan gibt in seinem mit Beispielen gespickten Buch kompetent und praxisorientiert Auskunft darüber (in amerikanischer Manier, was dem Inhalt nicht schadet). Dabei stützt sich Logan auf die aktuelle Forschung, seine eigene Arbeit, vor allem aber auf einen beeindruckenden Haufen an empirsichen Daten. Das bedeutet: Die Beweislage für seine Aussagen ist erdrückend.   

Logans großes Verdienst ist also, dass er uns für das ein greifbares, nachvollziehbares und strukturiertes Modell für das an die Hand gibt,* was wir - je nach eigenem Entwicklungsstand - in unseren Institutionen und Organisationen und in der individuellen Entwicklung erlebt und erfahren haben und was wir also meist implizit, unbewusst wissen oder zumindest ahnen. Logan macht es transparent.

Wirklich überragend machen dieses Buch aber drei Dinge: Erstens lernen wir einzuordnen, auf welcher Stufe wir uns und andere sich befinden. Zweitens erhalten wir die Fähigkeit, in die Zukunft zu blicken. Denn wir lernen alle Entwicklungsstufen und ihre Reihenfolge kennen und können so abschätzen, was (sehr wahrscheinlich) der nächste Schritt sein wird. Drittens erhalten wir konkrete, ganz handfeste Hinweise und Tipps, in welcher Situation wir als Change Agents, Berater oder Coaches Menschen helfen können, den Wandel hin zur nächstbesten Entwicklungsstufe auf eine gute Art zu gehen.

Für mich und meine Arbeit ist dies eines der prägendsten und wichtigsten Bücher. Die Erkenntnisse daraus wende ich buchstäblich jeden Tag an. Danke nochmals, Jan, für den Hinweis seinerzeit!

* Übrigens in sehr starker Anlehnung an Spiral Dynamics bzw. an das Graves' Value System


Lütz, Manfred: Irre – Wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen – Eine heitere Seelenkunde. Gütersloh, 2009.


Ist es normal, nur weil alle es tun? Spätestens nach Lektüre von Manfred Lütz' Buch sind Zweifel angebracht. Manfred Lütz, Psychiater, Psychotherapeut und (!) Theologe, erklärt gleichzeitig witzig, ernsthaft und natürlich sehr kenntnisreich über sein Fach: Was ist Psyche? Wie kann man sie von der Seele abgrenzen? Wie wird beides krank? Welche Mittel und Wege haben Menschen entwickelt, um Erkrankte zu heilen?

Natürlich ist das ein in vielerlei Hinsichten spannendes Thema. Denn die Abgrenzung zwischen normal und unnormal, zwischen krank und gesund, zwischen gewünscht und unerwünscht, zwischen individuellem Problem und gesellschaftlich erwünschtem Zustand, zwischen Politik und Wirtschaft ist in diesem Falle, nunja: anspruchsvoll, weil eben oft von starken (manchmal Einzel-, meist auch Lobby-) Interessen geleitet.

Wer einen unterhaltsamen, stellenweisen sehr amüsanten und jederzeit fundiert-detailreichen Ein- und Überblick in diese spannende Welt der Irren und Normalen haben möchte, wird mit diesem Buch seine helle Freude haben.* 

*Ein anderes gutes Buch zu diesem Themenkreis - mit etwas anderem Fokus - ist übrigens: Bentall, Richard P: Madness Explained. Psychosis and Human Nature. London, 2003.


Zwischendurch ein bisschen thematisch passende Musik


Pinker, Steven: Gewalt. Eine neue Geschichte der Menschheit. Frankfurt am Main, 2011.


Nein, die Welt wird eben nicht gewalttätiger. Das Gegenteil ist der Fall. Menschheitsgeschichtlich und global betrachtet ist Gewalt eindeutig rückläufig. Die Wahrheit ist also - aller Hate-Speech zum Trotz -, dass die Welt immer friedlicher wird. Diese erfreuliche Nachricht überbringt uns Steven Pinker in diesem wirklich beeindruckenden, spannend zu lesenden und sehr sehr informativen Wälzer. (Der - Achtung! - nicht zum Schnell-mal-Zwischendurchlesen geeignet ist. Lohnt sich gerade deshalb umso mehr.).


Pressfield, Steven: The War of Art. Break Through the Blocks and Win Your Inner Creative Battles. New York, 2003.


Zu unserem Alltag gehört, dass jeder von uns ständig Ergebnisse zu produzieren hat. Es scheint, dass uns dazu nicht nur die Leistungsgesellschaft antreibt, sondern auch unsere menschliche Natur. Jeder Mensch ist ein kreatives Wesen, das selbstbestimmt sein eigenes Leben, seine Ideen, Talente und Vorstellungen verwirklichen möchte. Das ist - beim einen mehr, beim anderen weniger - mit gewissen inneren und externen Herausforderungen, Anstrengungen und Kämpfen verbunden, über die Steven Pressfield in seinem wirklich tollen, vom Umfang her überschaubaren und also schnell lesbaren Buch schreibt.

Wir lernen, wie sich Menschen ernsthaft (für Pressfield heißt das professionell) ihrem inneren kreativen Schaffenswillen stellen können. Nämlich indem wir zunächst lernen, die freundlichen und weniger freundlichen Widerstände zu erkennen. Also jene eigenen und fremden Muster und Situationen, die uns davon abhalten, das zu tun, was wir wirklich tun wollen. Dann lernen wir, wie wir mit diesen Widerständen auf gute Art und Weise arbeiten. Nämlich entweder, indem wir sie aushebeln oder - noch besser - nutzen, so dass sie uns unterstützen. Zu guter Letzt gibt das Buch einen (ja, das schon: spirituell angehauchten) Ausblick auf das, was uns blüht, wenn wir unseren eigenen kreativen Schaffenskern befreien und ihm den Raum geben, den er braucht: Nichts Geringeres nämlich als ein erfülltes und zufriedenes Leben. Das ist doch schon mal was!

Allen "lustvollen Leistern" und kreativen Lesern (das sind wohl irgendwie alle), die sich nicht (mehr) scheuen, über ihren eigenen Schatten zu springen und sich selbst besser kennenzulernen (das sind nicht alle), verspreche ich eine unerwartete, vielleicht sogar seltsame, stellenweise verstörende Lektüre. Die aber wird erkenntnisreich sein. Für mich war sie zudem noch nachhaltig motivierend, mich jeden Tag aufs Neue für mich und meine wichtigen Themen einzusetzen und dafür immer wieder mit den Widerständen zu kämpfen und zu spielen. Denn ich will ein Profi sein.

Wer die Welt erklärt und verstanden haben will, kommt natürlich an Dagobert Duck und seiner Familie nicht vorbei. Don Rosa erzählt in diesem umfangreichen Werk die ganze Familengeschichte des Duck-Clans und lüftet gleichzeitig alle Rätsel. Naja, fast alle. Ein paar Fragen bleiben offen...

Inklusive vieler interessanter und überflüssiger, aber deshalb natürlich umso wichtigerer Informationen zur Entstehungsgeschichte.


Wieviel reicht aus? Wie viel ist genug für ein gutes Leben? Es wäre vermutlich schon heute gut, wenn jeder für sich und wir alle für uns gemeinsam diese simple, aber natürlich nicht einfache Frage beantworten könnten. Denn es lassen sich hier und da schon deutliche Zeichen erkennen, dass wir mit dem real existierenden Maximierungs- und Ökonomisierungsdiktat und der damit zusammenhängenden Ressourcenausbeutung an gewisse Grenzen stoßen. Mit unangenehmen Folgen.

Wer also von der Frage nicht überrascht werden möchte und sich eher rechtzeitig als zu spät damit befassen will, was "genug" konkret heißt, wird bei den Herren Skidelsky (Vater und Sohn) fündig. Sie tragen in diesem Buch eine große Fülle an Informationen und Daten zusammen, und arbeiten daran sehr klar und nachvollziehbar heraus, ab wann in welchen Bereichen das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Und sie zeigen, was wir sinnvollerweise tun können und vielleicht sogar auch tun sollten, damit wir auch weiterhin zufrieden leben können.

Die gute Nachricht: Ein begrenztes Leben ist möglich. Es schafft sogar große Freiheiten. Das heißt, es ist sogar ein gutes Leben möglich, wenn wir uns sinnvoll beschränken. Wenn wir es denn tun. Ansonsten wird's wohl mittelfristig ein bisschen eng...
 

Springsteen, Bruce: Born to Run. Die Autobiografie. München, 2016.


Bruce Springsteen wird nicht umsonst der "Boss" genannt. Nach Lektüre seiner Autobiographie wissen wir auch, warum er diesen Titel vollkommen zurecht trägt. Wer in wissen und verstehen will, was es ganz grundsätzlich heißt, ein Leben zu leben, welche Schwierigkeiten, Tragödien, Freuden, Höhen und Tiefen damit verbunden sind oder sein können und wie man damit gut (und weniger gut) umgehen kann, der lese diese authentische Geschichte von Bruce Springsteen.

Und auch auch wer einen konkreten, ungeschminkten, authentischen, stellenweise entzaubernden, immer aber einnehmenden Einblick in die Licht- und Schattenseiten des Rockstar-Darsein haben möchte und erkennen möchte, dass Stars eben auch nur Menschen mit entsprechenden Problemen sind, sollte sich diese Story geben. Denn wir lernen: Rockstars aus dem Holz von Bruche Springsteen sind zwar auch nur Menschen. Aber eben welche, mit einer ganz herausragenden Gabe - und einen sehr starken Willen, diese Gabe zu leben. Echte Stars eben.


Twain, Mark: Das Tagebuch von Adam und Eva. München, 2006.


Der so genannte Sündenfall. Hier aber wie es wirklich war.

 

Verhaeghe, Paul: Autorität und Verantwortung. München, 2016. 


Wir leben in aufregenden (und aufgeregten) Zeiten, in welchen sich nicht nur die politische Weltordnung neu ausrichtet. Es werden gerade auch gesellschaftliche Grundordnungen neu verhandelt. So zumindest erklärt es uns Paul Verhaeghe in seinem spannenden Buch. Seine nachvollziehbare These besagt, dass wir uns gerade in einer sich verstärkenden Autoritätskrise befinden. Die hat weitreichende Auswirkungen, die auch schon heute allerorten für uns spürbar sind. Weshalb aber verlieren die bislang vorherrschenden, tendenziell patriachalisch geprägten Autoritäten ihre Kraft? Warum wandeln sich die Gesellschaftsordnungen so stark? Warum lösen sie sich in manchen Bereichen gar auf? Natürlich sind die Antworten und viele Ursachen vielfältig. Paul Verhaeghe erläutert und erklärt sie uns. Gleichzeitig zeigt er auf, was all das für uns aus soziologischer und vor allem psychologischer Sicht bedeutet, was für das Leben eines jeden Einzelnen auf dem Spiel steht bzw. welche Chancen sich ergeben.

Wer sich also fragt, warum sich der Lebensalltag ganz anders anfühlt als noch vor zwanzig Jahren, warum sich ungewohnte Probleme ergeben, warum man heute mehr regeln und organisieren und zu entscheiden hat als das früher der Fall war, warum es zu seltsamen Konflikten und Situationen kommt, die es früher so nicht gegeben hat: Hier bekommt er ein paar interessante Einsichten und Antworten und auch Hinweise, wie damit umzugehen ist.


Viel Erfolg und Spaß beim Lesen! Dran denken: Wer liest, hat mehr vom Buch. :)



Hier finden Sie alle Artikel von Edgar Rodehack.

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