Direkt zum Hauptbereich

Verantwortung übernehmen! Schuld- & Opferdenken

Sind Sie Führungskraft? Abteilungs-, Team- oder Projektleiter? Dann sind Sie sicher öfter mit Anschuldigungen und Vorwürfen von Mitarbeitern, Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden konfrontiert. Entspannen Sie sich: Sie sind nicht schuld. Sie sind verantwortlich. Halten Sie das für eine Spitzfindigkeit? Wo soll da schon der große Unterschied sein? Die Antwort ist: Im Ergebnis.
Zeichnung vom Autor.


„Ist die Führung immer an allem schuld?“ lautete die provokante Frage, die mein Blog-Kollege Wolf Steinbrecher neulich hier im Blog stellte. Darin nahm er die gängigste Reaktion auf persönliche oder wirtschaftliche Fehlentwicklungen und Krisen unter die Lupe, die wir nur allzu gerne an den Tag legen: Läuft etwas schief, fragen wir "Wer ist schuld"? So unterhaltsam für Außenstehende diese Suche nach dem Schuldigen und der folgende „Prozess“ manchmal sein mag: Zielführend sind sie genauso wenig wie sie kurz-, mittel- oder langfristig zu einem guten Ergebnis beitragen.

Die Zutaten für's Gericht


Das Konzept von Schuld ist in der abendländischen Kultur ein verbreitetes Denk-, Handlungs- und Reaktionsmuster. Wir lernen sehr früh: Wer gegen Regeln verstößt und Fehler macht, wird bestraft. Ja, sogar das Leben bestraft uns, wenn wir zu spät dran sind. Und noch nicht einmal Unwissenheit schützt uns vor Strafe! Es sind diese vier Komponenten, die im Schuld-und-Opfer-Denken eine Rolle spielen:
  1. Gesetz und Moral, das für alle verbindliche Regelwerk
  2. Täter mit einer bewussten oder unbewussten Handlung, die gegen das Regelwerk verstößt
  3. Opfer, das durch diese Tat einen Schaden erlitten hat und im „Recht ist“
  4. Richter, die neutrale Instanz, die über die Schwere der Schuld und über das Strafmaß entscheidet

Exzellente Leistungen verhindern - so wird's gemacht


Wenn wir über Schuld verhandeln, geht es deshalb zumindest implizit immer auch um den richtigen oder falschen Weg, von dem jemand mutmaßlich abgekommen ist. Und es geht um Strafe, also um irgendeine Form von Kompensation. Keine Frage: Es gibt sie, diese unlauteren Motive und Handlungen von Schurken, die sich auf Kosten anderer und manchmal sogar auf kriminelle Art einen Vorteil verschaffen. Und so ist es gut, dass es Möglichkeiten gibt, solche Fälle zu ahnden. Im normalen alltäglichen zwischenmenschlichen Umgang aber, und besonders in der Geschäftswelt, in der Teamarbeit, im Kundengespräch oder in der Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern oder Projektleitern und Kunden ist das Schuldprinzip kontraproduktiv und verhindert exzellente Leistungen, weil man dort ein Prinzip anzuwenden versucht, wo das nicht funktioniert.

Denn es gibt zwar vielleicht eine Etikette oder einen Business-Knigge, aber allgemeingültige oder gar verbindliche Regeln und Gesetze? Fehlanzeige. Auch eine neutrale Richterinstanz existiert nicht, die zwischen den Beteiligten vermitteln oder „richten“ könnte. Und bei der Kompensation sieht es ebenfalls schlecht aus: Wie soll ein Ausgleich in den alltäglichen geschäftlichen Fällen aussehen, wo Fehler gemacht wurden? Abgesehen von einer devoten Haltung mit schlechtem Gewissen und ebensolchem Gefühl: Was kann ein Kundenbetreuer seinem Vertriebsleiter als Kompensation für einen geplatzten Deal beim Kunden anbieten? Was der Projektleiter dem Lenkungsausschuss für eine Terminverzögerung?

Devote Haltung und schlechtes Gewissen? Beides trägt zu einer Problemlösung konkret nichts bei. Im Gegenteil: Sie setzen diffus unter Druck, sorgen für schlechte Stimmung und für das (oft leider berechtigte) Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. Eine Retourkutsche – wie auch immer geartet – ist nicht selten nur noch eine Frage der Zeit (/1/).

Das geschieht ihm Recht – mir leider auch!


Wir fragen nach Schuldigen, weil wir uns in der stärkeren Position wähnen und glauben, dies tun zu dürfen (/2/), manch einer denkt vielleicht, es tun zu müssen (/3/). Und es gibt noch einen Grund: Schuldfrage und Opferhaltung lenken immer auf sehr bequeme Weise von der eigenen Verantwortung ab. Wer einen Schuldigen hat, inszeniert sich oder andere als Opfer äußerer Umstände, die jemand anderes zu verantworten hat. Die Fragen nach den tatsächlichen Gründen, dem eigenen Anteil an der Situation oder an der Lösung? Sie stellen sich im Schuld-Opfer-System gar nicht. Soll gefälligst derjenige die Suppe auslöffeln, der sie eingebrockt hat!

Wir machen damit einen großen Fehler, denn wir sind - egal welchen Rang wir haben -, immer in irgendeiner Form vom Problem betroffen und von der Lösung abhängig. In einem System gilt: Hat einer ein Problem, haben es alle. So trägt denn auch jeder einzelne bei allem, was er tut oder unterlässt zum Geschäftserfolg bei. Und deshalb tragen alle - vom Pförtner bis zur Geschäftsführung - auch die gleiche Verantwortung. Sie besteht darin, im Rahmen der eigenen Möglichkeiten den Erfolg und mindestens den Fortbestand der Unternehmung zu sichern. Notfalls auch außerhalb des zugewiesenen Aufgabenbereichs. Schuldzuweisung und Opferdenke ist in diesem Sinne fahrlässige Untätigkeit und unterlassene Hilfeleistung. Wir bringen damit die Unternehmung und uns selbst in Gefahr. 

Win-Win statt Lose-Lose!


Wer Erfolg haben will, akzeptiert die Tatsache, dass zu einem Ergebnis immer viele Menschen beitragen. Menschen tun stets, was sie im jeweiligen Moment für sich oder andere für richtig oder notwendig halten. In diesem Sinne herrscht in unser aller Handeln Gleichberechtigung - unabhängig von Hierarchien und Entscheidungsbefugnissen. Das bedeutet auch, dass Erfolg immer nur eine Annäherung an eine persönliche Idealvorstellung sein kann. Wer den größtmöglichen Erfolg haben möchte, fragt deshalb danach, was der gemeinschaftliche Erfolg für alle ist und was er/sie selbst dazu beitragen kann, um wieder auf Kurs dorthin zu kommen. Es bedeutet, ohne Schuldzuweisungen die wahren Gründe für Fehlentwicklungen zu benennen und für die Zukunft zu lernen (/4/). Und es bedeutet vor allem: Selbst Verantwortung für ein in Zukunft bessers Handeln zu übernehmen. Genau dazu haben wir täglich die Chance.


Alle Teamworkblog-Posts von Edgar Rodehack.

Edgars eigener Blog: www.trellisterium.de
Edgars Podcast: trellisterium.podbean.com 

Edgar Rodehack ist Teamwork-Enthusiast mit einem Faible für agile Formen der Zusammenarbeit. Da trifft es sich natürlich gut, dass er das beruflich macht. Er ist Organisationsberater, Business und Agile Coach, Teamentwickler und Moderator. Außerdem ist er ein Mensch mit Frau und drei Kindern, der viel Spaß am Musikmachen, Schreiben und Lesen hat. Mehr über ihn: www.rodehack.de

Anmerkungen

  • /1/ Manchmal geschehen diese Retourkutschen ohne Rücksicht auf eigene Verluste: Die Lust am gemeinsamen Untergang wird dann oft regelrecht zelebriert.
  • /2/ Als kleinen philosophischen Einwurf: Haben wir wirklich ein Recht dazu? Wann dürfen wir wirklich unlautere Motive unterstellen, wann explizit Schuld zuweisen? Dürfen wir das, wenn jemand anders handelt, als wir es aufgrund unserer eigenen oder allgemein anerkannt vermuteten Werte erwarten? Wer gibt uns dieses Recht? Der Vorgesetzte, der Inhaber, der so genannte gesunde Menschenverstand?
  • /3/ „Motivation“ durch Druck ist noch immer ein sehr gängiges Führungsinstrument, das ja unbestritten gewisse Erfolge hervorrufen kann. Wohlgemerkt mittels Zwang, und nicht mit Motivation, die Freiwilligkeit voraussetzt. Durch Druck wird aber die Chance auf exzellente Team-Leistungen vergeben, weil so innere Widerstände erzeugt werden, die Energieentfaltung und Kreativität verhindern und die Loyalität mindern.
  • /4/ Das kann und wird bedeuten, dass personelle und strukturelle Konsequenzen gezogen werden: Ein Prozess z.B. wird angepasst oder ein unzuverlässiger Mitarbeiter durch ein zuverlässigeren erstetzt.

Literatur

Hier klicken für alle Artikel von Edgar Rodehack


Kommentare

  1. Antworten
    1. Ein sehr verspätetes Danke für das Lob übrigens. Hatte mich seinerzeit sehr darüber gefreut habe und seither immer mal wieder. :)

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Das neue Outlook - One Outlook - erster Eindruck

Microsoft hat ein Problem: Outlook ist nicht gleich Outlook. Da ist das gute alte Outlook in der Desktop-Version. Das ist das, womit fast alle von uns im Alltag arbeiten und worüber ich hier schon oft berichtet habe. Outlook auf dem MAC sieht aber anders aus. Outlook auf Mobilgeräten sowieso. Dann gibt's noch Outlook im Web. Kein Wunder, dass Microsoft das alles entwirren, verschlanken und vereinheitlichen möchte. Gelingt es? Hier die interessantesten Funktionen des neuen Outlooks . 

Und jetzt alle zusammen! Teams - OneNote - Aufgaben - To Do

Ein Meeting jagt das nächste. Sich da nicht zu verzetteln, wird  im Zeitalter virtueller Besprechungen  noch anspruchsvoller. Kein Wunder, dass  im Zusammenhang mit Microsoft 365  zwei Fragen besonders häufig auftauchen: Wie dokumentiert man Besprechungen gut? Was hilft, offene Aufgaben nachzuhalten? Eine gute Lösung: Das in MS Teams integrierte OneNote-Notizbuch als gemeinsame Plattform auch für den Aufgabenüberblick zu nutzen.

Kategorien in Outlook - für das Team nutzen

Kennen Sie die Kategorien in Outlook? Nutzen Sie diese? Wenn ja wofür? Wenn ich diese Fragen im Seminar stelle, sehe ich oft hochgezogene Augenbrauen. Kaum jemand weiß, was man eigentlich mit diesen Kategorien machen kann und wofür sie nützlich sind. Dieser Blogartikel stellt sie Ihnen vor.

E-Mail-Vorlagen gemeinsam nutzen (Outlook)

Mittlerweile wird praktisch alle Routine-Korrespondenz in Outlook erledigt. Was liegt da näher, als ein gutes Set von Vorlagen zu erstellen und diese gemeinsam in Team zu nutzen? Leider hat Microsoft vor diesen – an sich simplen – Wunsch einige Hürden gebaut.

Microsoft Teams: Die neuen Besprechungsnotizen - Loop-Komponenten

  Haben Sie in letzter Zeit in einer Teams-Besprechung die Notizen geöffnet? Dort sind inzwischen die Loop-Komponenten hinterlegt. Die sind zwar etwas nützlicher als das, was zuvor zur Verfügung stand. Trotzdem ist noch Luft nach oben. Und es gibt sogar einige ernstzunehmende Stolperfallen. Hier ein erster, kritischer Blick auf das was Sie damit tun können. Und auch darauf, was Sie besser sein lassen.

Das Ubongo Flow Game

Spiele bieten eine gute Gelegenheit, zeitliche Erfahrungen zu verdichten und gemeinsam zu lernen. Karl Scotland und Sallyann Freudenberg haben im Mai 2014 das Lego Flow Game veröffentlicht. Wir haben die Spielidee übernommen, aber das Spielmaterial gewechselt. Statt Legosteinen benutzen wir Material aus Grzegorz Rejchtmans Ubongo-Spiel. Hier präsentieren wir die Anleitung für das Ubongo Flow Game.

Outlook-Aufgabenliste: bitte nicht die Aufgaben des ganzen Teams!

Am Tag der Arbeit kommt eine Lösung, nach der ich schon so oft gefragt wurde: Wie schaffe ich es, dass meine Outlook-Aufgabenliste nur meine eigenen Aufgaben anzeigt und nicht auch die E-Mails, die meine Kollegen gekennzeichnet haben oder Aufgaben, die einfach in einem gemeinsamen Postfach stehen?

Nie wieder Ärger mit Besprechungsserien in Outlook

Erstellen auch Sie Besprechungsserien in Outlook? Ärgern auch Sie sich manchmal darüber, wenn Sie etwas zu ändern haben? Falls nicht, versenden Sie entweder keine wiederkehrenden Outlook-Besprechungen (Serienterminen). Oder Sie ändern nie etwas daran. Dann ist dieser Artikel nichts für Sie. Lesen Sie aber bitte weiter, falls Sie sich schon immer mal gefragt haben, ob es eine Lösung gibt? 

"Denn sie wissen nicht was sie tun ...! Freigeben und teilen in OneDrive und SharePoint und per E-Mail

Neuerdings können Sie bei Ihren E-Mails entscheiden, ob Sie den Anhang als Datei (Kopie) anhängen wollen oder einen Link senden. Doch was kann dieser Link? Wie sicher ist er? Wer kann was damit tun? Lesen Sie hier was sinnvoll ist und was weniger.